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IQ-Zuwachs: Wird der Mensch immer schlauer?


Werden wir immer schlauer?

Von t-online
Aktualisiert am 03.06.2015Lesedauer: 3 Min.
Ständig bessere Ergebnisse im IQ-Test - werden wir tatsächlich immer intelligenter?Vergrößern des BildesStändig bessere Ergebnisse im IQ-Test - werden wir tatsächlich immer intelligenter? (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Glaubt man den Resultaten der Intelligenztests, so hat der IQ des Menschen in den letzten hundert Jahren immer weiter zugenommen. Viele Hirnforscher und Psychologen jedoch bezweifeln diesen sogenannten "Flynn-Effekt". Die Frage lautet also: Werden wir immer schlauer - oder können wir bloß mit den Tests besser umgehen? Eine Metastudie der Uni Wien liefert interessante Erkenntnisse.

Dazu werteten die Wissenschaftler Daten von nahezu vier Millionen Personen aus 31 Ländern aus. Das Ergebnis: Pro Jahrzehnt nahm der IQ um rund drei Punkte zu. Das gilt weltweit für einen Zeitraum von mehr als hundert Jahren (1909-2013). Die Menschen steigerten ihre Fähigkeiten in schlussfolgerndem Denken.

Verbesserung des Lebensstandards

Als Ursache ermittelten die Psychologen Jakob Pietschnig und Martin Voracek die Verbesserungen in Ernährung, Hygiene und medizinischer Versorgung während der letzten hundert Jahre. Diese Faktoren seien vor allem der frühkindlichen Entwicklung förderlich, schreiben die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Perspectives on Psychological Science". Auch die verbesserte schulische Ausbildung dürfte ein Grund für die IQ-Steigerungen sein.

Der Zusammenhang von gehobenem Lebensstandard und Abschneiden beim Intelligenztest zeigt sich auch in Krisenzeiten mit höherer individueller Belastung und sinkender frühkindlicher Förderung: So wurde beispielsweise in Europa zur Zeit des Zweiten Weltkriegs kaum noch ein Zuwachs beim IQ-Test gemessen.

Die erste Antwort von Pietschnig und Voarcek lautet also: Ja, wir sind durch bessere Förderung ein wenig schlauer geworden. Doch die Studie bleibt an diesem Punkt nicht stehen, sondern fragt weiter: Welchen Einfluss hat das Testverfahren auf die Ergebnisse?

Intelligenztests sind normiert

Bei ihrer Analyse werteten Pietschnig und Voracek 271 Untersuchungen zu Intelligenztests aus, letztlich lagen ihnen dadurch die Datensätze von rund vier Millionen Personen vor. Vergleichbar sind diese Daten durch die Standardisierung der Testverfahren. Die Tests werden auf einen Durchschnitt von 100 IQ-Punkten mit einer Standardabweichung von 15 normiert.

Die Testergebnisse folgen einer Glockenkurve. Das heißt, dass im Durchschnitt zwei von drei Personen zwischen 85 und 115 Punkte und 96 von 100 Personen zwischen 70 und 130 IQ-Punkte erzielen. "Intelligenztests werden regelmäßig nachnormiert, um die Ergebnisse auf die durchschnittliche Soll-Leistung von 100 zu kalibrieren", erklären die Forscher.

Menschen lernen, erfolgreich mit Tests umzugehen

So konnten sie feststellen, dass die IQ-Werte um drei Punkte pro Dekade zunahmen - das ist Tatsache. In den vergangenen hundert Jahren gab es also einen Anstieg um 30 Punkte. Doch bedeutet ein durchschnittliches Testergebnis von 100 IQ-Punkten heute das gleiche wie ein IQ von 130 Punkten vor hundert Jahren?

Hier widersprechen die Forscher: Obwohl ein Zuwachs von 30 IQ-Punkten über ein Jahrhundert diese Vermutung nahelegt, ist diese Interpretation nicht gerechtfertigt: Nicht ein Zuwachs von allgemeinen kognitiven Fähigkeiten, sondern ganz spezifische Fähigkeiten erklären den Zuwachs bei IQ-Testleistungen.

"Eine Person mit einer durchschnittlichen IQ-Testleistung von 100 Punkten im frühen 20. Jahrhundert hatte mit großer Wahrscheinlichkeit andere kognitive Fähigkeiten als eine Person mit einer scheinbar 'äquivalenten' Leistung von 70 Punkten heutzutage", sagen Pietschnig und Voracek. Die beobachteten IQ-Zuwächse dürften der Ausdruck von besseren Testbearbeitungsstrategien der Teilnehmer gewesen sein.

Es gibt demnach also noch einen zweiten Grund für das immer bessere Abschneiden beim IQ-Test: Die Teilnehmer waren bereits in ähnlichen Prüfungssituationen und können daher mit dem Test besser Umgehen als vor hundert Jahren.

Dreht sich der Flynn-Effekt um?

Momentan steigen die durchschnittlich erreichten Ergebnisse bei den IQ-Tests übrigens kaum noch an. Das könnte daran liegen, dass mögliche Steigerungseffekte weitgehend ausgereizt sind: Demnach dürften frühkindliche Förderung und schulische Ausbildung einen Höhepunkt erreicht haben, zumindest was die Auswirkung auf IQ-Tests anbelangt.

"Zukünftige Forschung wird zeigen, ob wir ein Ende und vielleicht sogar eine Umkehr des Flynn-Effekts beobachten werden", so Pietschnig und Voracek abschließend.

Die Publikation "One century of global IQ gains: A formal meta-analysis of the Flynn effect" von Pietschnig und Voracek erschien im Fachmagazin "Perspectives on Psychological Science".

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