Vorwürfe von Reporter Wollte RBB-Senderchefkontrolleur Berichterstattung beeinflussen?
Neuer Vorwurf im RBB-Skandal: Ex-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf soll versucht haben, die Berichterstattung zu beeinflussen – zugunsten einer Firma.
Der Öffentlich-rechtliche Rundfunk wird von immer weiteren Offenlegungen erschüttert: Nun gibt es eine neue. "Welt"-Recherchen zufolge erhebt ein RBB-Reporter Vorwürfe gegen den inzwischen zurückgetretenen Senderchefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf: Er habe ihn bei der Berichterstattung unter Druck gesetzt – weil er im Aufsichtsrat der betroffenen Firma saß.
Wie aus dem Bericht hervorgeht, hatte es 2013 Probleme beim Bau der "City Cube" gegeben: Sie sollte das ICC ersetzen. Wolf-Dieter Wolf saß währenddessen bei der Messegesellschaft im Aufsichtsrat. Ein Reporter der "Abendschau" habe damals von den in die Höhe schießenden Baukosten erfahren und zweimal darüber berichtet – offenbar zum Missfallen von Wolf.
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Wolf soll "erkennbar Druck ausgeübt" haben
Er habe kurze Zeit später gemeinsam mit dem damaligen RBB-Chefredakteur Christoph Singelnstein das Gespräch mit dem Reporter gesucht. Nach Informationen der Zeitung habe er dafür seinen Kontakt zu einem Mitglied der damaligen Geschäftsleitung genutzt. Der Reporter wirft Wolf vor, "erkennbar Druck ausgeübt" zu haben, obwohl seine Recherche "wasserdicht" gewesen sei, zitiert ihn "Welt".
Wolf habe die Berichte als "viel zu zugespitzt bezeichnet" – und verlangt, dass der Reporter seine Quellen offenlegt. Der RBB-Mitarbeiter habe das "als unglaubliche Grenzüberschreitung empfunden". "Ich habe es deswegen so empfunden, dass Herr Wolf seine Machtposition als Mitglied des RBB-Verwaltungsrates bewusst ausgenutzt hat", so der Reporter. Er spricht von einem nie dagewesenen "dreisten Versuch".
Reporter: Beschwerdeform unüblich für den RBB
Von Chefredakteur Singelnstein habe sich der Reporter hingegen unterstützt gefühlt: "Er hat Herrn Wolf sehr klar signalisiert, dass er komplett hinter der Recherche steht und dass die Quellen keinesfalls preisgegeben werden", zitiert ihn "Welt". Das habe seine Unabhängigkeit als Reporter gestärkt.
Beschwerden werden demnach üblicherweise über die Pressestelle des Unternehmens an den Autor des Beitrags oder an die Redaktion weitergeleitet – nicht von einem Aufsichtsratsmitglied persönlich an die Führungsebene des gesamten Senders.
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Wolf habe über seine Anwältin ausrichten lassen, dass er sich derzeit nicht gegenüber Medien äußere. Der damalige Chefredakteur Christoph Singelnstein habe sich auf Anfrage von "Welt" an das Gespräch nicht erinnern können, halte jedoch auch Kritik von Mitgliedern des Verwaltungs- oder Rundfunkrates für rechtmäßig. "Die Unabhängigkeit der Berichterstattung muss gewahrt bleiben", zitiert die Zeitung Singelnstein.
Wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsannahme ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft seit einiger Zeit gegen Wolf, die fristlos entlassene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger und ihren Ehemann und Ex-"Spiegel"-Journalisten Gerhard Spörl.
Es geht unter anderem um die Frage, ob Schlesinger und der inzwischen zurückgetretene Senderchefkontrolleur Wolf miteinander einen zu laxen Umgang bei der möglichen Kollision von Interessen gepflegt haben könnten. Beide wiesen die Vorwürfe zurück. Bis zur Aufklärung der Vorwürfe gilt die Unschuldsvermutung. Erst am vergangenen Wochenende waren in diesem Zusammenhang die Räume der RBB-Intendanz durchsucht worden.
Transparenzhinweis
Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl schreibt als Kolumnist auch für t-online.
- "Welt": "Chefkontrolleur des RBB wollte Berichterstattung beeinflussen" (kostenpflichtig)