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Letzte Generation trifft Wissing: War das Treffen ein Fehler?


Wissing trifft Klimaaktivisten
"Im besten Fall kann es sinnlose Gewalt verhindern"


02.05.2023Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

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Aktivisten treffen ein: In Berlin werden sie zum Gespräch mit Verkehrsminister Wissing empfangen. (Quelle: reuters)

Immer öfter machen Aktivisten der "Letzten Generation" mit illegalen Aktionen auf sich aufmerksam. Nun hat Bundesverkehrsminister Wissing sie zu einem Austausch getroffen.

Ist es richtig, dass sich Volker Wissing am Dienstag mit den Klimaaktivisten getroffen hat?

Pro
Miriam HollsteinChefreporterin Politik

Ja, in Demokratien müssen wir immer miteinander reden

Sollte sich der Staat zu Gesprächen und politischen Entscheidungen nötigen lassen? Es ist eine alte Frage, die trotzdem immer wieder neu beantwortet werden muss. In den Siebzigerjahren stellte sie die Terrorgruppierung "Rote Armee Fraktion" (RAF), indem sie durch Anschläge, Morde und Entführungen der Regierung ihre Vorstellungen von Politik aufzwingen wollte. Der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) gab dem nicht nach und nahm dafür den Tod von Menschen in Kauf – unter anderem den des von der RAF entführten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer.

Nun ist die "Letzte Generation" nicht mit der RAF vergleichbar. Aber auch ihre Mitglieder sind überzeugt, dass sie nur mit illegalen Aktivitäten wie Straßenblockaden oder Sachbeschädigung ihre Ziele erreichen. So nachvollziehbar die Haltung von Helmut Schmidt einst war, die Regierung dürfe sich nicht erpressbar machen und dadurch weitere Straftaten initiieren, so richtig ist die Entscheidung von Verkehrsminister Wissing, mit der "Letzten Generation" zu reden. Denn zum einen vertritt diese ein Anliegen, den Kampf gegen den Klimawandel, dessen Notwendigkeit nur von Realitätsverweigerern noch geleugnet wird.

Zum anderen – und das ist der entscheidende Punkt – hat sie mit ihren Aktionen eine bestimmte Grenze noch nicht überschritten. Die RAF war bereit, für ihre Ziele Menschen zu ermorden. Die "Letzte Generation" gefährdet andere (noch?) nicht absichtlich, sondern vor allem sich selbst, wenn sie sich auf stark befahrenen Straßen festklebt. Und sie ist noch zum Gespräch mit der Politik bereit, während es der RAF quasi nur um eine Unterwerfung des Staates und die Erfüllung ihrer Maximalforderungen ging.

Ein Gespräch zu führen heißt, dass man miteinander statt übereinander spricht. Dass man versucht, die andere Seite zu verstehen, Kompromisse auszuloten. Es ist keine Erfolgsgarantie. Es kann scheitern. Aber im besten Fall kann es verhindern, dass das Gefühl, nicht gehört und verstanden zu werden, zu sinnloser Gewalt verführt. Das ist jeden Versuch wert.

Kontra
Autorenprofil Pascal BiedenwegPascal BiedenwegRessortleiter Regionalredaktion Berlin

Nein, wenn das Schule macht, können wir einpacken

Ja, in einer Demokratie muss miteinander gesprochen und auch eine andere Meinung akzeptiert werden. Und das Anliegen, das die "Letzte Generation" vertritt, ist mehr als löblich. Der Klimaschutz ist für uns alle existenziell.

Es sollte in einer Diskussion aber immer darum gehen, einen gemeinsamen Konsens zu finden – und den will weder die "Letzte Generation" noch Volker Wissing. Zwischen beiden fehlte bei ihrem Treffen am Dienstag jegliche Diskussionsgrundlage.

Wissing hatte bereits im Vorfeld unmissverständlich klargemacht, er werde keinerlei Zugeständnisse machen. Das Gesprächsangebot wirkte damit eher wie eine Einladung zu einem Tadel-Treffen: Oberlehrer Wissing erklärt den Aktivisten, dass ihr Verhalten inakzeptabel sei. Stattdessen forderte er "konstruktive Vorschläge", die auch er für umsetzbar hält. Das Zeichen, das er damit gesendet hat: Ich höre euch an. Aber nicht, weil ich von euren Vorschlägen überzeugt bin, sondern weil ihr mich nervt.

Die Aktivisten hingegen halten an ihren Klebeaktionen und Maximalforderungen fest und verhalten sich damit wie beleidigte Kleinkinder: Sie schalten auf stur und wollen die eigenen Wünsche ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzen. Die Gefahr, dass die "Letzte Generation" in den Monaten nach dieser Scheindiskussion noch verbitterter wird, ist groß. Vor allem dann, wenn aus dem Gespräch nichts Konstruktives erwächst.

Gleichzeitig erweckt Wissing mit dem Gespräch über etwas, über das er gar nicht verhandeln will, den Eindruck, dass er erpressbar ist. Denn es sollte nicht vergessen werden, dass die "Letzte Generation" illegal Straßen blockiert. Sie beschmiert illegal Gebäude und Kunstwerke. Und als Belohnung für diesen Vandalismus durfte sie nun persönlich mit dem Bundesverkehrsminister sprechen. Wenn das Schule macht, können wir als Gesellschaft einpacken.

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