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Rostock: Punkband Feine Sahne Fischfilet feiert riesigen Tour-Abschluss


Feine Sahne Fischfilet
Fulminanter Tourabschluss am bengalischen Feuermeer

MeinungVon Alice Hornef

23.12.2023Lesedauer: 4 Min.
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Rostock brennt: Feine Sahne Fischfilet bei ihrem letzten Tourstopp in ihrer Wahlheimat.Vergrößern des Bildes
Rostock brennt: Feine Sahne Fischfilet spielen 2023 in ihrer Wahlheimat ihr letztes Konzert. (Quelle: Alice Hornef)

Feine Sahne Fischfilet haben am Donnerstag ihren Tourabschluss in Rostock gefeiert. Neben zahlreichen Hits und Bengalos wurden bei ihrem letzten Stopp aber auch sanfte Töne und wichtige Statements gezündet.

Eine Konzertkritik von Alice Hornef

Es ist 18 Uhr. Der Einlass in der Stadthalle Rostock beginnt. Gut drei Stunden müssen sich die rund 6.000 Fans noch gedulden, bis die Punkband aus Mecklenburg-Vorpommern ein letztes Mal für dieses Jahr auf die Bühne treten wird. Doch Frontmann Jan "Monchi" Gorkow und seine vier Kollegen haben sich für den Tourabschluss etwas ganz Besonderes für ihre Anhänger einfallen lassen. Ein Heimspiel wie dieses findet schließlich nicht jeden Tag statt.

Für insgesamt zehn Stopps sind die fünf Musiker auf ihrer "Weil’s jeden Tag brennt"-Tour zweieinhalb Wochen quer durch Deutschland gefahren. Es war schon die zweite in diesem Jahr, bei der Feine Sahne Fischfilet ihr im Mai erschienenes Album "Alles Glänzt" zum Besten gegeben haben. Ich war auf insgesamt fünf Konzerten dabei. Fünf Jahre haben sich die Rocker mit der aktuellen Platte Zeit gelassen. Kein Wunder also, dass sie dieses Jahr nicht genug vom Livespielen zu bekommen scheinen.

Ein Shanty-Chor zum Aufwärmen

Punkt 19 Uhr wird es hektisch im Foyer. 13 ältere Herren in Seemannshemden und Regenhüten betreten eine kleine Bühne am Rand des Saals. Es sind Möwe und die Ölmützen – ein Freizeit-Shanty-Chor, der klassische Seemannslieder zum Besten gibt. Die Herren besingen bei ihrem Auftritt nicht nur die wundersame Wirkung von Alkohol, auch dem Seetang wird ein Liebeslied gewidmet. Die Fans von Feine Sahne Fischfilet feiern das herrliche Seemannsspektakel, bei dem sogar Monchis Vater einen kleinen Gastauftritt hat. Mehr Rostock wirds heute nicht mehr.

Der zweite Voract des Abends sind die Punk-Ladys Maids of Ace aus Großbritannien. Ich habe die vierköpfige Band bereits auf einem der vorherigen Tour-Stopps in Leipzig gesehen. So ganz können sie das Publikum nicht überzeugen. Es wird eher verhalten gewippt statt wild geheadbangt – aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.

"Wir sind zurück in unserer Stadt"

Um 21 Uhr fällt endlich der Vorhang und Monchi, Hauke & Co. geben Stoff. Mit "Zurück in unserer Stadt" eröffnen die Jungs direkt mit einem Klassiker. Es dauert keine drei Minuten bis die erste Leuchtfackel gezündet wird – ein gern gesehenes Konzert-Accessoire unter den Fans von Feine Sahne Fischfilet. Die Band ist schon nach den ersten paar Songs sichtlich emotional. Da gehe es ihnen bestimmt ähnlich wie vielen Besuchern, betont Monchi. Seit Wochen fiebern sie dem Tourfinale entgegen. Denn gerade Konzerte wie diese können bei der aktuell doch sehr bedrückenden Nachrichtenlage für ein klein wenig Ablenkung sorgen, so der Sänger.

Natürlich findet sich auch der Titel "Niemand wie ihr" auf der Setlist. Ein Song, in dem der Frontmann die Vergangenheit mit seinen Eltern und seine Dankbarkeit ihnen gegenüber besingt. Bevor Monchi das Lied anstimmt, wird er ganz melancholisch. Denn auch seine Eltern werden immer älter und die Sorge, sie irgendwann nicht mehr um sich zu haben, größer. Doch selbst wenn sie mal nicht mehr da sein sollten, werden Feine Sahne Fischfilet den Titel weiter live spielen. Zumindest so lange, wie es die Band gibt, erklärt Monchi. Während "Niemand wie ihr" holt er dann seine Eltern sogar auf die große Rostocker Bühne und sie legen ein kleines Tänzchen hin.

"Alles, was ich will, ist nichts mit euch zu tun zu haben"

Auf einem Feine-Sahne-Fischfilet-Konzert darf eine Sache nicht fehlen: politische Statements. Die Band ist dafür bekannt, nicht nur in ihrer Musik mit ihrer politischen Meinung nicht hinterm Berg zu halten. Das Genre der Jungs wird oft auch als Politpunk betitelt. Als Mecklenburg-Vorpommerner erleben sie den Rechtsruck in der Gesellschaft direkt vor ihrer Haustür. Die stetig wachsende Wählerschaft der AfD macht auch ihnen Sorge.

Schon viele Jahre setzen sie sich gegen Rechts ein, spielen aktiv Konzerte in Regionen, wo junge Leute nach rechts abzudriften drohen. Doch seit dem 7. Oktober – dem Angriff der Hamas auf Israel – ist noch eine weitere Sorgenfalte dazugekommen: Die zunehmend antisemitische Stimmung in Deutschland. Für Monchi ist dabei bei ihrer Show in Rostock eines klar. Egal ob "politische oder religiöse W*chser": "Alles, was ich will, ist nichts mit euch zu tun zu haben!"

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Auch das Thema Seenotrettung ist der Band ein wichtiges Anliegen. Für ihren Freund Dariush Beigui – ein Binnenschiffer aus Hamburg, der seit Jahren im Mittelmeer als Seenotretter mit der Iuventa-Crew aktiv ist – haben sie den Song "Wenn wir uns sehen" geschrieben. Sie selbst haben Dariush 2018 nach Lesbos begleitet und Eindrücke vor dem Lager Moria gesammelt. Bevor die Fünf den melancholischen Titel anstimmen, erklärt Monchi: "Da muss man nicht groß links sein: Menschen lässt man nicht ersaufen."

Bengalos, Tränen und ein Bananenboot

Ja, auf den Konzerten von Feine Sahne Fischfilet wird viel gefeiert, gegrölt und gezündelt. Fünf bengalische Leuchtfackeln gleichzeitig sind an dem Abend in Rostock wohl der feurige Rekord. Fast schon Tradition ist auch die Banenenboot-Fahrt von Trompeter Max Bobzin zum Song "Mit Dir" durch die Menschenmenge. Dabei führt er sich stets ein Bier zu Gemüte. Heute fällt er immerhin nur zweimal von der Banane. Das habe ich auf früheren Konzerten schon deutlich häufiger schiefgehen sehen.

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Tränen gehören zu den Auftritten der Band aber auch dazu: So punkig und temporeich viele Songs sind, so melancholisch und langsam sind andere. Gerade bei dem Titel "Warten auf das Meer" liegen sich selbst die härtesten Kerle und Kerlinnen weinend in den Armen. Auch vor mir umarmen sich ergriffen zwei Freunde und wischen sich gegenseitig die Tränen aus dem Gesicht.

Den Song hat der ehemalige Gitarrist der Band Christoph Sell geschrieben und bis zu seinem Ausstieg stets live gesungen. Darin geht es um die Angst, einen nahestehenden Menschen an eine schwere Krankheit zu verlieren. Heute performt ihn Christophs Nachfolger Hauke Segert – die Fans fühlen seine Version aber mindestens genauso.

Nach zwei Stunden geht um 23 Uhr ein wilder, aber auch hochemotionaler Abend zu Ende. Jetzt ist erst mal Pause angesagt. Doch 2024 geht es natürlich weiter. Ob auf ihrem eigenen kleinen Festival, das "Wasted in Jarmen" in Monchis Heimatort, oder Auftritte auf den ganz großen Festivals. Ich bin auf alle Fälle auch wieder dabei.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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