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Altenessen: Hochradweg für 77-Millionen-Euro erntet Spott auf Social Media


Idee löst Diskussionen aus
Stadt plant 77-Millionen-Euro-Radweg in Altenessen


15.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Der Bahnhof Essen-Altenessen (Archivbild): Hier könnte bald der neue Hochradweg entstehen. (Quelle: Kerstin Kokoska/imago-images-bilder)

Die Stadt Essen plant, einen Hochradweg durch den Stadtteil Altenessen zu führen. Auf große Gegenliebe stößt der Vorschlag allerdings nicht.

Die Stadt Essen plant einen neuen Fahrradweg am Bahnhof Altenessen. Der neu gebaute Weg soll eine Radweglücke schließen, heißt es. Keine schlechte Idee – immerhin enden am viel genutzten Stadtteilbahnhof gleich mehrere Radwege, was das Radfahren an vielen Stellen schwierig und sogar gefährlich werden lässt.

Allerdings soll in Altenessen nicht irgendein Radweg entstehen – die Stadt plant einen spektakulären Hochradweg als Verbindung zwischen den bestehenden Radwegen Helenendamm, im Kaiser-Wilhelm-Park und im Helenenpark. In bis zu neun Metern Höhe soll dann auf Stelzen ein rund fünf Meter breiter und 600 Meter langer Weg entstehen. Dies sei nötig, um ausreichend Distanz zu den Oberleitungsmasten der Straßenbahn zu wahren, die darunter verläuft, so die Stadt.

Doch die eigentlich gute Idee hat einen Haken – und zwar einen nicht unerheblichen. Denn bei der Vorstellung der Planung hat die Stadt auch die voraussichtlichen Kosten für den Bau des spektakulären Radwegs benannt. Und die haben es in sich: Stolze 77 Millionen Euro soll der Bau nach jetzigem Stand kosten. Zum einen, weil der Bau auf Stelzen nicht billig ist. Zum anderen aber auch, weil die Stadt für die Umsetzung ihres Projekts mehrere Grundstücke kaufen müsste, über die die neue Radstrecke verlaufen soll – unter anderem muss dabei mit der Bahn verhandelt werden.

Kosten sind nicht die einzige Schwierigkeit

Neben den enormen Kosten gibt es aber noch viele weitere Schwierigkeiten: Da der Radweg über den Bahnschienen verlaufen soll, müsste für den Bau bei der Bahn eine Sperrpause beantragt werden. Das muss allerdings drei Jahre im Voraus geschehen. Auch Naturschützer dürften nicht begeistert sein, würden durch den Bau des Radhochwegs doch Grünflächen versiegelt. Und: Vonseiten der Stadt besteht derzeit noch kein Planungsrecht für das angestrebte Projekt. Sie müsste dafür zunächst ein entsprechendes Verfahren in die Wege leiten, wofür sie neben zahlreichen Gutachten vor allem viel Zeit benötigte.

Kein Wunder also, dass viele lokale Politiker keineswegs mit den Plänen einverstanden sind. Einige Parteien im Rat wie das Essener Bürger Bündnis – Freie Wähler finden den Radweg schlichtweg zu teuer. An erster Stelle müsse die finanzielle Vernunft stehen, heißt es von Fraktionschef Kai Hemsteeg. "Die selbsternannten Gestalter von CDU-Grünen sollten sich lieber um die Buckelpisten, die man zum Teil als Straßen allen Verkehrsteilnehmen in Essen anbietet, kümmern", wird er beim WDR zum Thema zitiert.

Auch verschiedene Initiativen wie der "RadEntscheid Essen" haben die Pläne bereits scharf kritisiert. Mit dem Geld könne man eine Vielzahl von bereits bestehenden Radwegen in ganz Essen sinnvoll ausbauen. "Was nutzen den Radfahrer*innen ein paar hundert Meter Hochradweg, wenn die vielen Kilometer des eigentlichen Radwegenetzes lückenhaft, marode und unsicher sind", schrieb die Initiative Anfang des Jahres in einer Stellungnahme.

Essener zeigen sich bislang wenig begeistert

Und auch in den sozialen Netzwerken finden die Pläne der Stadt nur wenig Anklang. "Die Idee, ein Viadukt für Radfahrer zu bauen, ist einfach absurd", heißt es beispielsweise in einem Kommentar zum Thema auf Reddit. Ein weiterer User schreibt dort: "100 m Hochradweg sind auch ziemlich sinnbefreit, wenn man danach wieder in absolutem Chaos versinkt." Und auch der Autor des Beitrags ist sich sicher: "Die massiven Kosten dafür könnte man durchaus auch in sinnvollere und breitere Verkehrsplanung stecken."

Und wie geht es nun weiter? Wie die Stadt in einer Mitteilung erklärt, gibt es auch noch eine andere Variante zum Ausbau des Radwegnetzes. Sie beinhaltet keinen Radhochweg und sieht stattdessen die Leitung des Radverkehrs zum Bahnhofsvorplatz um das neue Einkaufzentrum vor. Aufgrund erheblicher Sicherheitsbedenken aus verkehrstechnischer Sicht solle diese Variante allerdings nicht weiterverfolgt werden, heißt es weiter. Stattdessen wird an der Variante des Hochwegs festgehalten – trotz der enormen Kosten.

Sollte das Projekt tatsächlich realisiert werden, dürfte es in jedem Fall noch einige Jahre dauern, bis der Bau vollzogen wird. Wie die Stadt schreibt, ist "aufgrund der geschilderten technischen Komplexität von einem erhöhten Planungs- und Abstimmungsaufwand mit entsprechenden weiträumigen Planungs- und Umsetzungszeiten auszugehen". Die weitere Aufnahme der Planungen erfolgt aufgrund der gebundenen Personalkapazitäten daher voraussichtlich erst im vierten Quartal 2024, heißt es weiter. Bei den Planungen werde die Verwaltung zudem durchgehend prüfen, welche Fördermöglichkeiten für diese Maßnahme bestehen.

Verwendete Quellen
  • essen.de: "Radhochweg an der Kreuzung Altenessener Bahnhof / Helenendamm: aktueller Stand der Planungen" vom 9. November 2023
  • wdr.de: "Diskussionen um Radweg auf Stelzen in Essen" vom 12. November 2023
  • waz.de: "Schwarz-grüne Ratsmehrheit will Luxus-Radweg nicht beerdigen" vom 9. November 2023 (kostenpflichtig)
  • radioessen.de: "Essen stellt Plan für Radhochweg vor" vom 9. November 2023
  • reddit.com: "Essen: Geplanter Hochradweg wird (wahrscheinlich) nicht gebaut"
  • radentscheid-essen.de
  • Eigene Recherche
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