Frankfurt am Main: Verurteilter Doppelmörder zieht vor Landgericht

Der verurteilte Doppelmörder Jens Söring verklagt den US-Autoren Andrew Hammel wegen Verleumdung. Seit Jahren beschäftigt sich Hammel mit dem Fall Söring und ist von dessen Schuld überzeugt. Viele halten Söring dagegen für ein Justizopfer.

Was genau Andrew Hammel am Freitagmittag vor dem Landgericht in Frankfurt am Main erwarten wird, weiß der US-Amerikaner nicht. "Es kann sein, dass der Prozess mehrere Stunden geht oder er ist schnell vorbei. Der Richter will sich ein Bild machen und beide Seiten anhören", sagt er im Gespräch mit t-online. Hammel steht heute vor Gericht, weil ihn der verurteilte Doppelmörder Jens Söring wegen Verleumdung anklagt.

Söring und seine Anwälte versuchen seit Jahren, die Unschuld des verurteilten Doppelmörders zu beweisen. Laut Hammel haben Sörings Anwälte Unterlassungsklagen an Personen und Organisationen geschickt, die Sörings Unschuldsbehauptung kritisieren. Nach eigener Aussage sei Hammel der einzige, der sich dagegen wehre. Doch Söring widerspricht: "Das Plural stimmt nicht. Ich habe nur eine einzige Unterlassungsklage geschickt. Eine einzige", sagt er auf Anfrage von t-online. Laut Hammel hat Söring einen energischen Freundeskreis in den USA, darunter den Schauspieler Martin Sheen und der Bestsellerautor John Grisham. Auch Sörings Freundeskreis in Deutschland sei einflussreich. Sein Fall hätte den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel beschäftigt.

Jens Söring, geboren am 1. August 1966 als Sohn eines deutschen Diplomaten in Thailand, saß 33 Jahre im Gefängnis, die meiste Zeit in den USA, bis er Ende 2019 auf Bewährung nach Deutschland abgeschoben wurde. 1985 waren die Eltern seiner damaligen Freundin Elizabeth Haysom ermordet worden. Ein Jahr später wurden Söring und seine Freundin auf der Flucht in England festgenommen. Er gestand die brutale Tat mehrfach, revidierte sein Geständnis aber im Prozess in den USA 1990 und beschuldigte Elizabeth Haysom.

Für Hammel ist Söring zweifelsfrei schuldig

Söring wurde dennoch zu zweimal lebenslänglich verurteilt. Seitdem geht Sörings Version durch die deutsche Medienlandschaft und die mehrfach geprüfte Verurteilung von Söring als Doppelmörder wird seitdem als falsch bewertet. In einem 2016 erschienenen Dokumentarfilm "Das Versprechen – Erste Liebe Lebenslänglich" von Karin Steinberger und Marcus Vetter erklärt Söring, warum er angeblich falsch gestanden habe: nämlich, um Elizabeth zu schützen. Er habe geglaubt, als Diplomatensohn eine gewisse Immunität zu genießen.

Für Hammel ist Söring zweifelsfrei schuldig, schreibt er in einem Gastbeitrag für die "FAZ". Doch um diesen Beitrag geht es am Freitag vor dem Landgericht nicht. Es geht speziell um einen Blog-Beitrag von Hammel, der den Titel trägt: "Ist Jens Söring gefährlich? Ein Pro und Contra". Hammel war von 1996 bis 2005 als Verteidiger für Strafgefangene im Todestrakt texanischer Gefängnisse tätig.

Am 22. April dieses Jahres erhält er von Sörings Anwälten BGB Law eine Unterlassungserklärung. In seinem Beitrag schätzt Hammel das Risiko als sehr gering ein, dass Söring eine weitere Gewalttat begehen würde. Für seine Anwälte ging das wohl nicht weit genug. Also schickten sie ihm eine Unterlassungserklärung, forderten 40.000 Euro von ihm sowie die Zahlung der Anwaltskosten von 1.700 Euro. Dies lehnte Hammel ab. Daraufhin hat Sörings Anwalt am 5. Mai einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt. Hammel freut sich bereits auf das Gerichtsverfahren. "Ich freue mich, meine Arbeit vor Gericht verteidigen zu können", schreibt er in einem Blog-Beitrag.

*in einer ersten Version des Artikels hieß es, dass Sörings Anwälte jegliche Kritiker mit Verleumdungsklagen überhäuften. Das stimmt nicht und wurde korrigiert. Wir bitten dies zu entschuldigen