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Flughafen Frankfurt-Hahn: Russischer Oligarch bringt Habeck in Bedrängnis


Kauft er deutschen Airport?
Putins Nummer 66 bringt Habeck in Bedrängnis


Aktualisiert am 07.02.2023Lesedauer: 3 Min.
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Viktor Charitonin: "Wer in diesen Zeiten als Russe erfolgreich im Pharmageschäft in Russland tätig ist, kann dies nur mit dem Segen Putins tun."Vergrößern des Bildes
Viktor Charitonin: "Wer in diesen Zeiten als Russe erfolgreich im Pharmageschäft in Russland tätig ist, kann dies nur mit dem Segen Putins tun." (Quelle: Screenshot/Twitter@igorsushko)

Er gehört zu den reichsten Männern Russlands und soll Verbindungen zu Kremlchef Putin haben: Jetzt will Viktor Charitonin den Flughafen Frankfurt-Hahn kaufen.

Der Name Viktor Charitonin hätte schon 2014 Alarm auslösen können. Ein halbes Jahr nach dem russischen Einmarsch in der Ostukraine und der illegalen Annexion der Halbinsel Krim übernahm der Moskauer Milliardär zwei Drittel des Nürburgrings in Rheinland-Pfalz.

Nach der weltberühmten Rennstrecke will der Unternehmer jetzt auch den nahegelegenen Flughafen Frankfurt-Hahn für 20 Millionen Euro kaufen – doch dieses Mal könnte seine Nähe zum Kreml Charitonin einen Strich durch die Rechnung machen.

Wie groß Charitonins Vermögen genau ist, lässt sich schwer beziffern. Im April vorigen Jahres schätzte das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" dieses auf umgerechnet etwa 1,3 Milliarden Euro – damals Platz 66 in der Rangliste der reichsten Russen. Ob Charitonin vom Ukraine-Krieg wirtschaftlich profitiert oder Geld verloren hat, ist unklar. Fest steht, dass er im inneren Zirkel um Kremlchef Wladimir Putin kein Unbekannter ist.

Weggefährte von Roman Abramowitsch

Die Grundlage für seinen Reichtum legte Charitonin in Zusammenarbeit mit Roman Abramowitsch, einem der bekanntesten russischen Oligarchen, Putin-Vertrauten und Ex-Besitzer des FC Chelsea. Gemeinsam mit Abramowitsch gründete Charitonin 2003 das Pharmaunternehmen Pharmstandard, dessen Aktien zwischen 2008 und 2016 auch an der Londoner Börse gehandelt wurden. Pharmstandard produziert auch den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V. 2022 wollte Charitonin das russische Verpackungs- und Papierunternehmen Mondi kaufen, das hat der Kreml aber noch nicht abgesegnet.

Über seine Firma Pharmstandard knüpfte Wiktor Charitonin Kontakte in die russische Führungsriege, unter anderem zu Putins Gesundheitsministerin Tatjana Golikowa. Aktiv ist Charitonin auch in der 2021 von Putin gegründeten Stiftung "Circle of Kindness Foundation", die teure Medikamente für kranke Kinder kauft – zum Beispiel von Pharmstandard.

Das US-Finanzministerium setzte Charitonin 2016 auf seine "Putin-Liste" von Russen, die möglicherweise in die Manipulation der US-Präsidentschaftswahl 2016 verstrickt waren. Welche Absichten der 50-Jährige mit Frankfurt-Hahn verfolgt, ist unklar. Doch der angestrebte Kauf löst Kritik aus.

Habeck hat noch nicht entschieden

"Wir leben in seltsamen Zeiten", schreibt etwa der frühere schwedische Regierungschef und Sicherheitsexperte Carl Bildt auf Twitter. "Ein Flughafen in Deutschland, der einst zur Lagerung US-amerikanischer Cruise Missiles diente, soll jetzt an einen russischen Milliardär verkauft werden. Wacht da jemand auf?"

Kritik kommt inzwischen auch von der Opposition im Bundestag. "Wer in diesen Zeiten als Russe erfolgreich im Pharmageschäft in Russland tätig ist, kann dies nur mit dem Segen Putins tun", sagte die rheinland-pfälzische CDU-Abgeordnete Julia Klöckner der "Rheinischen Post". Der CSU-Abgeordnete Sebastian Brehm forderte: "Der Bundeswirtschaftsminister muss mit einem Verkaufsverbot außen- und wirtschaftspolitischen Schaden von Deutschland abwenden."

Rein rechtlich steht dem Verkauf des Flughafens an Charitonin nichts im Wege, da dieser nicht auf Sanktionslisten der EU steht – nur in der Ukraine darf er sich nicht betätigen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält sich bislang bedeckt zum geplanten Verkauf von Frankfurt-Hahn: "Wir screenen das gerade", sagte er am Montag der Nachrichtenagentur Reuters in Washington. Dies werde immer getan, wenn es Sorge gebe, kritische Infrastruktur könnte potenziell berührt werden. Dann gebe es eine Investitionsprüfung. "So auch in diesem Fall. Aber das dauert jetzt ein paar Wochen." Im Detail könne er noch nicht darüber reden, so Habeck. "Es gibt keine Tendenz."

Das hessische Finanzministerium - das Land ist zu 17,5 Prozent am Airport beteiligt - hat sich schon gegen den Verkauf an Charitonin ausgesprochen. "Wir bitten die Bundesregierung, die gemäß des Außenwirtschaftsgesetzes mit der Prüfung des Vorgangs betraut ist, all ihre Möglichkeiten auszuloten, diesen Verkauf zu verhindern", teilte das Ministerium in Wiesbaden am Montag mit. Womöglich wird die Entscheidung aber gar nicht in Berlin getroffen.

"Das wird sicherlich ausgeschlachtet"

Inzwischen hat nämlich ein zweiter Interessent ein verbindliches Kaufangebot für Hahn abgegeben: der Mainzer Immobilieninvestor namens Firmengruppe Richter. Diese hat nach eigenen Angaben über eine Tochterfirma bereits einen notariellen Kaufvertrag unterschrieben und eine Kaufsumme auf ein Anderkonto überwiesen; also ein Konto, über das nicht der Vermögensbesitzer, sondern etwa dessen Notar oder Anwalt als Treuhänder verfügt. Hahns Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner hat damit eine weitere Option, falls das Wirtschaftsministerium der Nürburgring-Besitzgesellschaft von Viktor Charitonin kein grünes Licht gibt.

Der eher abgelegene Flughafen Hahn ist ein ehemaliger US-Militär-Airport mit wechselvoller Geschichte. So hatte hier etwa auch ein chinesischer Großkonzern lange das Sagen. Der einzige größere Flughafen in Rheinland-Pfalz besitzt keinen Bahnanschluss, aber eine seltene und begehrte Nachtfluggenehmigung.

Julia Richter von der gleichnamigen Firmengruppe sagte: "Erst Chinesen und dann ein Russe, der einen ehemaligen US-Militärflughafen mitten in Deutschland und Europa bei einem Krieg in der Ukraine kaufen will – das wird jetzt sicherlich in der Mainzer Fastnacht ausgeschlachtet."

Verwendete Quellen
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