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Comeback nach Corona | Klimafreundliche Kreuzfahrten – ist das überhaupt möglich?


Comeback nach Corona
Klimafreundliche Kreuzfahrten – ist das überhaupt möglich?


Aktualisiert am 27.07.2022Lesedauer: 5 Min.
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Das Kreuzfahrtschiff AIDAaura in Hamburg: Die Branche setzt auf klimafreundlichere Schiffe. (Quelle: IMAGO/BODE)

Während der Pandemie totgesagt – aber nun läuft es für die Kreuzfahrtbranche wieder rund. Wie ist das mit dem Kampf gegen die Klimakrise vereinbar?

"Kreuzfahrten vor dem Aus", "Winter entscheidet über das Schicksal der Kreuzfahrten", "Das Ende der Kreuzfahrten, wie wir sie kennen": Manche Schlagzeilen aus der Hochzeit der Corona-Pandemie sagten ein Ende der Kreuzfahrten voraus. Während der Pandemie standen die Schiffe weltweit von einem Tag auf den anderen still. Einerseits wegen des erhöhten Risikos, sich an Bord zu infizieren. Doch auch Forderungen nach mehr Klimaschutz wurden laut.

Dieser rückte während der Pandemie verstärkt in den Fokus. "Was für die Menschheit eine nie da gewesene Herausforderung bedeutet, ist ein Segen für unser Klima und für unsere Umwelt", hieß es beispielsweise von der Welthungerhilfe. In Venedig freute man sich über klare Kanäle und Fische, die in die Stadt zurückkehrten. Und auch der CO2-Ausstoß ging weltweit zurück.

Ist es mit der Wiederaufnahme der Kreuzfahrten nach der Corona-Pause mit den ökologischen Fortschritten nun wieder vorbei? Nicht unbedingt. Technische Umrüstungen und Klimaschutzkonzepte sollen Kreuzfahrten künftig weniger klimaschädlich machen, und das bei steigenden Buchungszahlen. Was steckt dahinter?

Hunderte Anfahrten im Hamburger Hafen

Die Kreuzfahrtsaison ist vor wenigen Monaten gestartet. In Hamburg haben Reeder für das laufende Jahr deutlich mehr Anfahrten als vor Corona angekündigt: 270 Mal sollten Kreuzfahrtschiffe in der Hansestadt Halt machen.

Waren es 2019 noch 209 Anläufe, sank ihre Zahl im Jahr 2020 auf 81, um dann im vergangenen Jahr wieder auf 108 zu steigen. Das geht aus einer kleinen Anfrage der SPD-Fraktion an den rot-grünen Senat in Hamburg hervor. In den kommenden Jahren werden stetig steigende Zahlen erwartet. Dabei war die Branche eigentlich bereits totgesagt worden. "Schlechte Nachrichten für Umwelt und Klimaschutz", sagt Sönke Diesener vom Hamburger Naturschutzbund (Nabu).

Dabei ist ein Konsens zwischen Reedereien und Klimaschützern nicht unmöglich. Während der Pandemie hat der Nabu einen Plan entwickelt, wie die Emissionen von Kreuzfahrtschiffen gesenkt werden können. Bis auf Null. Darin wird aufgezählt, was passieren muss und kann, "um spätestens 2030 die ersten klimaneutralen Kreuzfahrten anbieten zu können. Im Prinzip bis 2040 spätestens komplett als Branche klimaneutral zu sein."

Tui will das schneller schaffen. 2030 sollen bereits die ersten Schiffe der Tui-Flotte vollständig klimaneutral unterwegs sein, sagte die Tui-Cruises-Chefin Wybcke Meier dem "Tagesspiegel". Ein ambitionierter Plan.

Hamburger Hafen: Corona mit negativen Folgen für das Klima

Während Hunderte von Fahrten ausgefallen sind, fehlen der Branche nicht nur viele Millionen Euro, um zu überleben, sondern es fehlt vor allem das Geld zur Umrüstung auf nachhaltige Technologien. Die Landstromanlage am Kreuzfahrtterminal in Hamburg-Altona wurde bereits vor sechs Jahren eingeweiht. "Es gibt ein einziges Aida-Kreuzfahrtschiff, das sie regelmäßig nutzt", so Sönke Diesener vom Nabu Hamburg. Ein Umsatteln ist teuer, und auch das Nutzen von Landstrom kostet die Schiffsbetreiber mehr als andere Treibstoffe.

Dabei sind Hafen und Unternehmen überzeugt vom Durchbruch der Technologie. "Das ist ein wichtiger Schritt auf unserem Weg, den Kreuzfahrttourismus in Hamburg nachhaltig zu entwickeln", erklärt Simone Maraschi vom Kreuzfahrtterminal Cruise Gate Hamburg. "Dank der Nutzung von Landstrom werden die lokalen Emissionen unserer Kreuzfahrtschiffe auf nahezu Null gesenkt", heißt es auch vom Unternehmen Aida.

"Ein Schiff liegt 40 Prozent der Zeit im Hafen. Unser Ziel ist, zukünftig mit allen Schiffen der Aida-Flotte während der Liegezeit im Hafen grünen Landstrom nutzen zu können", erklärt eine Sprecherin des Unternehmens. Da dies derzeit weltweit in nur 14 Häfen möglich ist, sei man bemüht, den Ausbau auch an anderen Anlaufstellen der Kreuzfahrer voranzutreiben. Ein weiter Weg. Einen Termin für das Ziel nennt Aida nicht.

Den will die Politik nun einschlagen und eine Landstrompflicht einführen. "Mit Freiwilligkeit komme man bei den Reedern nicht weiter", wird Hafenexperte Norbert Hackbusch von der Linken aus Hamburg vom NDR zitiert. Ähnlich sei es auch in Amsterdam beschlossen worden. Die Bürgerschaftsfraktion der Linken fordert, dass der Senat dies am Kreuzfahrterminal Altona bis zum 1. Januar 2028 einführt. Andere Anlagen, wie auch die Containerterminals, sollen folgen.

Teurere Treibstoffe für weniger Emissionen

Doch die Bemühungen der Kreuzfahrtreedereien gehen weiter. Hochmoderne Riesenhotels sollen das Reisen auf den Ozeanen optimieren. Dabei kommen Diskussionen über Treibstoffe auf. Bereits zwei Schiffe der Aida-Flotte werden mit Flüssigerdgas LNG betrieben. Laut Unternehmen "der wichtigste Treibstoff für die Schifffahrt, um Emissionen im Seebetrieb nachhaltig zu senken".

Bei der Nutzung von LNG als Antrieb für die Kreuzfahrtschiffe werden 20 Prozent weniger CO2 ausgestoßen. Das geht aus einer Mitteilung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages hervor. Außerdem fallen 85 Prozent weniger Stickoxide und sogar 95 Prozent weniger Feinstaub an. Der Ausstoß von Schwefeloxiden wird zu 100 Prozent vermieden.

Laut Diesener könnten alle Schiffe sofort auf noch deutlich sauberere Kraftstoffe als LNG umsteigen: "Wer heute noch aus Profitgründen das Dreckigste benutzt, was es überhaupt auf dem Weltmarkt als Treibstoff zu kaufen gibt, der tut seiner Glaubwürdigkeit im Sinne von Ankündigungen Richtung Klimaschutz natürlich dann auch da nicht unbedingt einen Gefallen." Es gebe allerdings eine große Unbekannte, entgegnet Meier von Tui-Cruises: die eingeschränkte Verfügbarkeit von Biotreibstoffen.

Dennoch sieht Diesener nicht nur negative Entwicklungen: "Während der Pandemie sind mehr als 40 sehr alte Kreuzfahrtschiffe aus dem Markt gegangen. Und es gehört auch zur Wahrheit, dass die Corona-Zeit von Aida, Tui und Hapag Lloyd genutzt worden ist, um die Schiffe nachzurüsten."

Wie können Schiffe außerdem Kraftstoffausstoß vermindern?

Neben Landstrom und anderen Kraftstoffen können auch weitere Neuerungen dabei helfen, die Schiffe weniger klimaschädlich fahren zu lassen. Routenänderungen und ökonomische Fahrweise mittels ausgefeilter Software und widerstandsmindernder Außenhautanstriche des Schiffskörpers verringern den Kraftstoffverbrauch. Auch im Hotelbetrieb, der bis zu 50 Prozent der Energie des Schiffes verschlingt, wird an vielen Stellschrauben gedreht.

"Manche Ozeanriesen haben eine bessere Müllentsorgung und Abwasseraufbereitung als eine kleine Kommune", so Diesener. Details wie biologisch abbaubare Reinigungs- und Pflegeprodukte, Optimieren von Klimaanlagen oder Energierückgewinnung aus der Bremsenergie von Aufzügen und grüne, faire Landausflüge sind weitere Schritte in Richtung mehr Umweltschutz und Nachhaltigkeit.

Derzeit gilt Norwegen als Vorreiter auf dem Weg in die klimafreundliche Schifffahrt. Die Hurtigruten-Schiffe fahren mit Marinediesel, dem bis zu 20 Prozent Biodiesel aus Lebensmittelabfällen beigemischt wird. Bis 2030 will die Reederei emissionsfreie Kreuzfahrten anbieten können. Mitbewerber Havila Kystruten setzt auf ein computergesteuertes Energiemanagement von LNG plus Batterie. Die Schiffe können bis zu vier Stunden elektrisch fahren.

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Umweltschützer sieht Bürger nicht in der Handlungspflicht

Neben den Kreuzfahrtunternehmen und Reedereien sehen viele auch die Kunden in der Pflicht, an den Klimaschutz zu denken. "Generell macht es nur begrenzt Sinn, an das Konsumverhalten des Individuums im Bereich Klimaschutz zu appellieren", so Diesener. Die Unternehmen seien zuoberst in der Pflicht.

"Es ist generell eine Frage: 'Wie verbringe ich meinen Urlaub?'", so der Naturschützer. Eine Kreuzfahrt sei nicht immer die klimaschädlichste Form von Urlaub. "Es ist schon so, dass es große Schiffe gibt, die tatsächlich jetzt schon relativ effizient laufen, was die Klimabilanz angeht", erklärt er. Er wollte damit nicht relativieren, eine Kreuzfahrt zu machen. Dennoch seien Flugreisen nicht weniger umweltschädlich.

Nach Ansicht von Diesener ist das derzeitige Konsumverhalten von Verbrauchern in westlichen Ländern nicht konform mit dem Klimaschutz: "Die Kreuzfahrt hat dabei einen großen Stellenwert, aber steht bei Weitem nicht alleine da."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Nachrichtenagentur dpa
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