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Hamburg: Wie Wohnungskonzerne bei den Mieten schummeln


Wohnungsgipfel in Hamburg
Wie die Wohnungslobby bei der Miete trickst


Aktualisiert am 27.06.2023Lesedauer: 3 Min.
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Bauarbeiten in der Hafencity in Hamburg (Symbolbild): Ein Bild mit Seltenheitswert – in Hamburg wird kaum noch gebaut. (Quelle: IMAGO/Markus Matzel)

In Hamburg lässt sich deutlich günstiger wohnen als gedacht, meldet die Wohnungslobby. Die Nachricht entpuppt sich als Luftnummer.

Alles sah aus wie ein gelungener PR-Coup. Hamburger Mieter zahlen für ihre Wohnung nur 8,71 pro Quadratmeter, teilte die Hamburger Wohnungswirtschaft das überraschende Ergebnis einer Studie mit, die sie selber in Auftrag gegeben hat. Die Mieten in Hamburg seien also deutlich niedriger als gedacht, so die Botschaft der Bau- und Wohnungswirtschaftslobby. Der Markt in Takt, staatliche Eingriffe also nicht nötig.

Die Nachricht erreichte am Wochenende die Medien, hatte über das Wochenende Zeit zu wirken und am heutigen Montag ihre Adressatin zu erreichen: Klara Geywitz. (SPD). Die Bundesbauministerin ist am Montag in Hamburg zu Gast, beim sogenannten Wohnungsgipfel. Dort treffen sich Politik, Wirtschaft und Verbände, um Strategien gegen die Wohnungsnot zu diskutieren.

Die Wohnungslobby sieht solche Treffen meist skeptisch, fürchtet staatliche Maßnahmen wie eine verschärfte Mietpreisbremse oder ein Verbot, Mieten zu erhöhen.

Der PR-Coup hat nicht geklappt

Sie glaubt an den Markt, setzt auf Neubauten, möglichst viel Spielraum bei den Mieten und wenig Vorgaben im Mietrecht. Dabei sind sie sich mit Bundesbauministerin Geywitz und ihrer Hamburger Amtskollegin Karin Pein (SPD) weitgehend einig. Pein hat die Studie der Lobbyverbände auch begrüßt, sieht sich in ihrer marktliberalen Wohnungsbaupolitik bestätigt.

Geklappt hat der PR-Coup trotzdem nicht. Denn auch die Opposition kann PR. In Hamburg werde praktisch nicht mehr gebaut, teilt die CDU-Fraktion in der Bürgerschaft mit. Die Konservativen berufen sich dabei auf Zahlen, die ihnen ausgerechnet das Haus von Senatorin Prien auf Nachfrage geliefert hat.

Danach ist die Baubranche in den letzten zwölf Monaten um 27 Prozent eingebrochen, es brenne an allen Ecken und Enden beim Bau, so die CDU. Die Wohnungspolitik von Rot-Grün sei damit gescheitert.

Auch die Studie zündet nicht so wie erhofft. Dafür hat sie zu viele Schwächen. Die 8,71 Euro pro Quadratmeter glaubt in Hamburg kaum jemand. So viel kostet aktuell das Wohnen in Großostheim bei Aschaffenburg oder in Emmendingen bei Freiburg, zeigen t-online Recherchen im Netz. Der offizielle Mietenspiegel und die Immobilienportale melden für Hamburg ganz andere Zahlen.

Hat die Wohnungswirtschaft in der Studie getrickst?

Danach zahlen Hamburger knapp 9,30 Euro pro Quadratmeter für Bestandswohnungen. Wer eine Neubauwohnung sucht, muss sogar mit fast 15 Euro pro Quadratmeter rechnen. Entsprechend harsch fällt die Reaktion des Hamburger Mietervereins und der Linkspartei auf die Studie der Bauwirtschaft aus.

Ihrer Ansicht nach trickst die Vermieterlobby. Dort seien die Mieten von Sozialwohnungen mit eingerechnet, was die Durchschnittsmiete insgesamt drückt.

Im offiziellen Mietenspiegel hingegen seien die Sozialmieten nicht mit drin, weshalb der von höheren Mieten spricht. Ein niedriger Mietenspiegel sei aber schlecht für die Wohnungslobby. Sie könnten sonst die Mieten nicht erhöhen. Deshalb würde sie sich "mit Händen und Füßen gegen Sozialwohnungen im Mietenspiegel wehren", so Heike Sudmann, Wohnungsbauexpertin der Linkspartei per Pressemitteilung.

Daraus macht Oliver Schirg, Pressesprecher beim Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) auch gar keinen Hehl. Sein Verband vertritt unter anderem die Genossenschaften und die Saga. Tatsächlich seien in der Verbands-Studie, die Sozialwohnungen mit eingerechnet. Das erkläre den durchschnittlichen Mietpreis auf jene erstaunlichen 8,71 Euro pro Quadratmeter.

Die geförderten Wohnungen dann auch in den offiziellen Mietenspiegel aufzunehmen, was den durchschnittlichen Mietpreis senkt und die Mieter so vor weiteren Preissteigerungen schützt, wird sein Verband nicht fordern.

Schirg am Montag auf Nachfrage von t-online: "Ein niedriger Mietenspiegel führt dazu, dass Vermieter ihre Kosten nicht mehr auf die Mieter umlegen könnten", dann, so der PR-Mann, "baut niemand mehr".

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Pressesprecher Oliver Schirg, VNW
  • Wohnungsbaustudie der Bauwirtschaft
  • Pressemitteilungen Linkspartei und Hamburger Mieterverein
  • Mietenspiegel für Emmendingen und Großostheim
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