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Durch IT-Fehler? Tausende Mieter in Deutschland erhalten überzogene Mieterhöhung


Durch Fehler in IT?
Tausende Mieter in Deutschland erhalten überzogene Mieterhöhung

  • Markus Krause, Regio-Redakteur für Hamburg.
Von Markus Krause

16.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Häuserfassaden in Hamburg (Symbolbild): Der schwedische Wohnungskonzern Heimstaden hat die Wohnung der Akelius GmbH übernommen.Vergrößern des Bildes
Häuserfassaden in Hamburg (Symbolbild): Der schwedische Wohnungskonzern Heimstaden hat die Wohnungen der Akelius GmbH übernommen. (Quelle: IMAGO/Schoening)

Die Mieten steigen, die Mieter leiden – doch nicht immer sind die Forderungen rechtmäßig. Was Heimstaden dazu sagt und wie sich Betroffene wehren können.

Tausende Mieter in Hamburg und Berlin haben in den vergangenen Monaten falsche und überhöhte Mieterhöhungen vom schwedischen Wohnungskonzern Heimstaden erhalten. Laut dem Unternehmen handelt es sich dabei um einen Fehler, der auf ein neues IT-System zurückzuführen ist. Mietervereine und Initiativen in beiden Städten zweifeln diese Erklärung an und werfen Heimstaden vor, seine Mieter systematisch abzuzocken. Sie haben eine Informationskampagne gestartet, um die Betroffenen zu beraten und zu unterstützen.

Wie die Mieterinitiativen aus Hamburg und Berlin in einer gemeinsamen Pressemitteilung berichteten, enthalten die Mietforderungen von Heimstaden zahlreiche Fehler und Verstöße gegen das Mietrecht. So würden drastische Indexmieterhöhungen verlangt, die sich an der Entwicklung des Verbraucherpreisindex orientieren, außerdem werde die Kappungsgrenze von 15 Prozent in drei Jahren ignoriert und die ortsübliche Vergleichsmiete überschritten.

Viele Mieter würden die Erhöhungsgesuche jedoch unwissentlich akzeptieren und fortan mehr zahlen, als sie müssten. Dies führe nicht nur zu teils extremen Mietsteigerungen für die Betroffenen, sondern treibe auch den Mietenspiegel und damit die Bemessungsgrundlage für alle Mieter in die Höhe.

Heimstaden: Falsche Mietforderungen wegen Umstellung der IT

Heimstaden selbst betont, dass ein IT-Fehler für die unrechtmäßigen Mietforderungen verantwortlich sei. "Dabei kam es bei der Übertragung von Daten bedauerlicherweise zu Fehlern, weshalb die betreffenden Mieterhöhungen falsch kalkuliert wurden, auch in Bezug auf die Kappungsgrenze", teilt Unternehmenssprecher Michael Lippitsch t-online mit.

"Wir konnten diese Fehler selbst identifizieren und haben bereits Korrekturschreiben an alle betroffenen Mieterinnen und Mieter versandt", so Lippert weiter. Sollten Mieter bislang kein Korrekturschreiben erhalten haben, bestehe das Mieterhöhungsverlangen fort.

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Mieterinitiative kritisiert: "Dieses Vorgehen gehört verboten"

Die Mietervereine mobilisieren dennoch gegen den Wohnungskonzern, auch weil Heimstaden abseits der fehlerhaften Erhöhungen in vielen Fällen die rechtlich möglichen Maximalforderungen stelle. Das bedeutet, dass das Unternehmen einerseits die Kappungsgrenze in drei Jahren voll ausschöpfe und andererseits die ortsübliche Vergleichsmiete deutlich überschritten werde.

Der Zusammenschluss der Mieterinitiativen aus Hamburg und Berlin will daher dafür sorgen, dass Heimstadens Mieter umfassend über die fehlerhaften Mieterhöhungsgesuche und ihre Rechte informiert sind.

"Spätestens mit der aktuellen Mieterhöhungswelle wird deutlich, dass Heimstaden keinen Deut besser ist als die berüchtigte Voreigentümergesellschaft Akelius AG", sagt Marc Meyer, Rechtsberater im Verein Mieter helfen Mietern Hamburg, laut Pressemitteilung. "Deren unverschämte Hochpreispolitik wird insbesondere durch Indexmieterhöhungen fortgesetzt und bewirkt immer mehr Nettokaltmieten über 20 Euro je Quadratmeter. Dieses Vorgehen gehört verboten."

Jede zweite Mieterhöhung bei Heimstaden unrechtmäßig

Rolf Bosse, Vorstand beim Mieterverein zu Hamburg, äußert ebenfalls Zweifel an der Erklärung von Heimstaden. "Der Immobilienkonzern steht unter starkem Druck wegen gestiegener Zinsen und braucht Geld. Es ist naheliegend anzunehmen, dass die ausgebrachten Mieterhöhungen kein Zufall sind", sagt Bosse auf Anfrage von t-online.

Die Mietervereine gehen davon aus, dass mindestens jede zweite Mieterhöhung des schwedischen Wohnungskonzerns unrechtmäßig ist. Heimstaden selbst räumt ein, dass es in mehreren Hundert Fällen fehlerhafte Berechnungen gab. Nach Annahme von Bosse dürfte es sich vielmehr um eine niedrige Zahl im Tausenderbereich handeln. Allein in Hamburg besitzt Heimstaden mehr als 4.000 Wohnungen, in Berlin sind es sogar rund 14.000 Wohnungen.

Was Mieter bei Mieterhöhungen beachten sollten

Die Mietervereine plädieren deshalb dafür, Erhöhungsgesuche eines Vermieters in jedem Fall genau zu prüfen oder prüfen zu lassen. Wenn Mieter ein solches Schreiben erreicht, sollten sie insbesondere prüfen, ob die Kappungsgrenze von maximal 15 Prozent Mieterhöhung binnen drei Jahren überschritten wurde, ob die Wohnung korrekt in den Mietenspiegel eingeordnet wurde und ob die letzte Mieterhöhung mindestens ein Jahr zurückliegt.

Ein zweifelhaftes Mieterhöhungsverlangen sollten Mieter niemals ohne Mietrechtsberatung unterschreiben. Als Mitglied in einem Mieterverein können Betroffene auf Vernetzung und oft sogar eine Rechtsschutzversicherung zählen. Nicht-Mitglieder können eine erste Orientierung durch Nutzung eines kostenlosen Online-Checks erhalten, zum Beispiel beim Mieterverein zu Hamburg.

"Bestätigt sich, dass eine Mieterhöhung nicht rechtmäßig ist, kann widersprochen werden. Je nachdem brauchen Mieter dann entweder gar nicht zuzustimmen oder nur auf einen Teil des verlangten Betrags", erklärt Bosse weiter.

Fehler auch in korrigierten Schreiben an Mieter?

Der Spuk ist mit der Korrektur durch Heimstaden übrigens noch nicht vorbei: Selbst in den korrigierten Schreiben, die der Wohnungskonzern nach einem Einwand versandt hat, würde der Konzern in vielen Fällen noch überhöhte und fehlerhafte Mieten aufrufen, erklären die Mieterinitativen. Sie werfen Heimstaden vor, es gehe ihnen nicht um eine soziale oder gedämpfte Mietpreisentwicklung, sondern um Profitstreben und Gewinnmaximierung.

Davon will der Unternehmenssprecher nichts wissen. "Von Korrekturschreiben, die noch immer Fehler enthalten, ist uns bislang nichts bekannt. Mieterinnen und Mieter können sich aber gegebenenfalls gern bei uns melden, dann prüfen wir selbstverständlich auch diese Fälle", sagt Lippert. Man wolle den Prozess "transparent und mieterfreundlich" gestalten.

Verwendete Quellen
  • mieterverein-hamburg.de: "Fehlerhafte Mieterhöhungen bei Heimstaden – Mieter:innen müssen sich wehren"
  • Schriftliche Anfrage und Telefonat mit Dr. Rolf Bosse, Vorstand des Mietervereins zu Hamburg
  • Anfrage bei Heimstaden Deutschland
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