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Hamburg: Hohe Spritpreise treiben Kleinunternehmen in den Ruin


"Wir haben keine Mittel"
Hohe Spritpreise treiben Kleinunternehmen in den Ruin


Aktualisiert am 16.03.2022Lesedauer: 4 Min.
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Eine elektronische Preistafel vor einer Tankstelle (Symbolbild): In Hamburg sind die Preise dramatisch in die Höhe geschnellt.Vergrößern des Bildes
Eine elektronische Preistafel vor einer Tankstelle (Symbolbild): In Hamburg sind die Preise dramatisch in die Höhe geschnellt. (Quelle: Hanno Bode/imago-images-bilder)

Steigende Dieselpreise setzen den Bürgern in Hamburg zu. Viele wechseln zum Öffentlichen Personennahverkehr. Doch was ist mit denen, die beruflich mit dem Auto fahren müssen? t-online hat mit einigen Betroffenen gesprochen.

"Und kost Benzin auch drei Mark zehn, scheißegal, es wird schon geh'n": Das denken sich in Hamburg dieser Tage nur wenige Menschen. Aktuell liegt der Preis für einen Liter Diesel in der Hansestadt bei 2,28 Euro. In den vergangenen Tagen ist er zwischenzeitlich schon auf 2,47 Euro pro Liter angestiegen. Vor allem für Kleinunternehmen ein großes Problem.

Regelrecht dramatisch ist die Situation für die Hamburger Tafel. Die Hilfsorganisation unterstützt 65 unterschiedliche soziale Einrichtungen und 29 große Lebensmittelausgabestellen in der ganzen Stadt. Aktuell sind es rund 40.000 Menschen pro Woche, die so in ihrem Alltag Hilfe finden, Tendenz steigend. Das breit angelegte Netz ist allerdings auf Mobilität angewiesen.

Tafel: "Keine Mittel, um die Kostensteigerungen abzufangen"

"Wir legen insgesamt 20.000 Kilometer im Monat zurück", sagt Jan Henrik Hellwege, zuständig für den Fahrdienst der Tafel. Eine Flotte von 16 Kühltransportern verteilt die Lebensmittelspenden an fünf Tagen in der Woche. Jeden Tag legen die Mitarbeiter und Helfer rund 1.000 Kilometer zurück. Dabei beobachten alle Beteiligten die steigenden Kosten mit Sorge.

"Wenn das so weitergeht, liegen unsere Kosten Ende März bei fast 6.000 Euro. Ein trauriger Rekord in der Geschichte unserer Organisation", so Hellwege. Auffangen kann die Hilfsorganisation die Unkosten nicht: "Leider haben wir keine Mittel dazu", erklärt Hellwege. Die Spritkosten seien zudem nur ein Teil der gegenwärtigen Probleme: Die Lebensmittelspenden gingen zurück, da viele große Unternehmen Lebensmittelspenden direkt in die Krisengebiete schicken.

Gleiches gelte für Geldspenden. "Dabei könnten wir gerade damit zum Beispiel unsere steigenden Spritkosten bezahlen", erklärt er. "Und zu all dem kommt die Tatsache, dass wir neben unseren eigenen Kunden natürlich auch die ukrainischen Flüchtlinge versorgen müssen", führt er weiter aus – klar ist, dass es so immer schwieriger wird, den Menschen zu helfen, die mittellos sind.

Neben der Corona-Krise nun auch die Spritpreisexplosion

Mohammad Rasool Safar Nejad, genannt "Camdiz", und Bülent Aktas sind im Taxigewerbe zu Hause. Sie haben insgesamt drei Firmen und 150 Mitarbeiter. "Wir haben gerade die Corona-Krise überstanden, wir wollten jetzt loslegen", seufzt Camdiz mit Blick auf die Spritpreise. Die Gewinnspanne im Taxigewerbe sei ohnehin sehr klein. Neben der Corona-Krise sei das Unternehmen auch von der Erhöhung des Mindestlohnes betroffen. Als drittes Problem müssen sie nun mit den Spritkosten umgehen.

"Die steigenden Dieselkosten minimieren den Gewinn, den die Firma macht", erklärt der Unternehmer. Einen kleinen Lichtblick gebe es, "wir stellen unsere Fahrzeuge auf E-Mobilität um", so Camdiz. "Etwa 25 Prozent der Fahrzeuge sind schon umgerüstet. Wenn die Strompreise stabil bleiben, ist das für uns ein Ausweg", berichtet er weiter.

Gemeinsam mit seinem Partner versucht er zudem, die Umsätze zu verbessern. So haben die beiden ihre eigene Rufnummer ins Leben gerufen. "Die meisten Taxiunternehmen arbeiten mit einer Funkzentrale, dafür fallen aber wieder Kosten an. Wir versuchen so wenigstens diese Kosten einzusparen", sagt er.

Langfristige Verträge verhindern Preisanpassung der Unternehmen

Auch Kerstin Wendt-Heinrich, Geschäftsführerin der Top Mehrwert-Logistik GmbH & Co. KG, Hamburg, sieht Probleme: "Viele Unternehmer, auch die etwas kleineren, haben langfristige Verträge mit ihren Kunden abgeschlossen. Diese Verträge können nicht mal eben so angepasst werden", schildert sie. Kurzfristig könne man die hohen Kosten sicher überbrücken.

"Aber es weiß ja niemand, wie lange die jetzige Situation anhält", so die Geschäftsfrau, die unter anderem in den Vorständen des Verbandes Straßengüterverkehr Hamburg (VSH), des Kundendienst-Verbandes Deutschland (KVD), und der Logistik-Initiative Hamburg aktiv ist. Gerade kleinere Transportunternehmen müssten unterstützt werden, "andernfalls muss die gesamte Lieferkette am Ende für die Kosten aufkommen, was wiederum in der Durchsetzung für diese Unternehmen schwierig ist", befürchtet sie.

Werkstattfahrzeuge können nicht stillstehen

Schon bald kommen die Osterferien. Für viele Bus- und Reiseunternehmen beginnt die Saison gerade. Nach zwei Jahren Pandemie haben alle eine lange Durststrecke hinter sich – ein Ende des Krisenmodus ist jedoch nicht in Sicht, denn die Fahrt zur Tankstelle verursacht die nächsten Bauchschmerzen. Ob mobile Pflege, Taxi oder Handwerker, alle sind multipel betroffen. Das wissen auch die entsprechenden Verbände.

"In der Handwerkskammer Hamburg beobachtet man die steigenden Spritkosten mit großer Sorge", gibt Sprecherin Christiane Engelhardt an. "Für die vielen kleinen und mittelgroßen Handwerksbetriebe sind diese ein Riesenthema. Gerade für Gewerke, die täglich mit ihren Montage- und Werkstattfahrzeugen zu ihren Kunden fahren müssen, wie etwa Installateure, Maler, Glaser und Dachdecker, sind die hohen Preise eine enorme Belastung", sagt sie.

Bundesregierung muss handeln

Die Handelskammer Hamburg nimmt ebenfalls Stellung: "Die Preissteigerungen stellen eine enorme Belastung für weite Teile der Logistikbranche dar, da Diesel im Wirtschaftsverkehr noch immer die mit großem Abstand führende Kraftstoffart darstellt. Die Steuern und Abgaben machen einen hohen Anteil des Spritpreises aus. Für einzelne Betriebe sind die aktuell hohen Preise sogar existenzbedrohend."

"Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie diese Herausforderungen der Unternehmen ernst nimmt und betroffene Unternehmen zum Beispiel durch die zeitlich begrenzte Absenkung der Steuern auf Energie oder andere Entlastungen unterstützt", so Referentin Kerstin Kramer.

Verwendete Quellen
  • Gespräche mit Kerstin Kramer, Referentin der Hamburger Handelskammer,
  • Jan Henrik Hellwege, Hamburger Tafel,
  • Mohammad Rasool Safar Nejad, genannt "Camdiz" und Bülent Aktas, Betreiber eines Taxiunternehmens,
  • Kerstin Wendt-Heinrich, Geschäftsführerin der Top Mehrwert-Logistik GmbH & Co. KG, Hamburg,
  • Christiane Engelhardt, Handwerkskammer Hamburg.
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