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Hannover: Buletten-Jörg brät für AfD – Böhmermann und Schulz reagieren


Kult-Imbiss aus dem Norden
Buletten-Jörg brät für die AfD – Böhmermann und Schulz reagieren

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
Von Patrick Schiller

Aktualisiert am 17.10.2023Lesedauer: 5 Min.
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Jörg Seifert in den Nebenräumen einer AfD-Veranstaltung: t-online bestätigte er das Engagement.Vergrößern des Bildes
Jörg Seifert in den Nebenräumen einer AfD-Veranstaltung: t-online bestätigte er sein Engagement. (Quelle: Moritz Siman)

Kult-Imbissbesitzer Jörg Seifert gerät wegen eines Engagements für die AfD in die Kritik. Auch Jan Böhmermann und Olli Schulz reagierten überrascht – und geben Tipps.

Seine Frikadellen in der Region Hannover waren ein Geheimtipp, dann brachte eine NDR-Dokumentation (1,9 Millionen Zuschauer alleine bei YouTube) ihm plötzlich deutschlandweite Bekanntheit. Jörg Seifert steht seit Beginn der Berichterstattung über seine Bulettenschmiede unter enormem Druck: Die Kunden rennen ihm buchstäblich die (Imbiss-)Bude ein.

Doch nicht nur die: Auch größere Kunden buchen die fleischlastige Küche von "Buletten-Jörg" exklusiv für sich. Darunter auch eine Partei. Das hat Anfang Oktober enorme Kritik ausgelöst, als der freie Journalist Moritz Siman auf der Plattform X (vormals Twitter) ein Foto von Seifert veröffentlichte. Das zeigt, wie der sich mit einer Kollegin um das Catering auf einer AfD-Veranstaltung im hannoverschen Vorort Ronnenberg gekümmert haben soll.

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Für manche Fans der Kult-Bulettenbude ein Schock: "Herz gebrochen", schreibt ein X-Nutzer. Für andere kommt die Verbindung zur AfD wenig überraschend: "Passendes soziales Milieu (…). Es gibt für solche Leute keine andere politische Protestmöglichkeit innerhalb der ihnen bekannten/ erreichbaren Wege", schreibt ein anderer. "Er hat sich (warum auch immer) von dieser Partei instrumentalisieren lassen. Fleisch satt, wird bei denen zu einer politischen Aussage", kommentiert eine weitere Nutzerin. "Ob ihm das so klar war, ich weiß es nicht", fügt die Person hinzu.

Jan Böhmermann und Olli Schulz: "Jörgs Buletten nicht für Nazis!"

Geschockt zeigten sich auch Jan Böhmermann und Podcast-Kollege Olli Schulz in der aktuellsten Ausgabe von "Fest und Flauschig". Beide bleiben aber auch versöhnlich – und sie haben Ratschläge für Seifert parat: "Ich finde nicht, dass die AfD Jörgs Buletten verdient hat", sagt Schulz. Und sie wenden sich direkt an den Imbiss-Besitzer: "Weit in die Mitte der Gesellschaft hinein sind deine Buletten anerkannt. Lass den Nazi weg von deinen Buletten (…) Jörgs Buletten nicht für Nazis!", fordert Böhmermann. Schulz ergänzt: "Wir wollen alle deine Frikadelle essen, aber wir wollen sie nicht mit Nazis teilen."

Mit seinem Auftritt in der NDR-"Nordreportage" löste Seifert einen Hype aus – nicht zuletzt wegen seines charmanten und unbekümmerten Wesens, das in der NDR-Dokumentation von vielen Stammkunden lobend hervorgehoben wird. Doch auch mit seiner aus der Zeit gefallenen Küche spricht das Original aus dem Ronnenberger Stadtteil Empelde offenbar viele Zuschauer an: Da füllt der gelernte Hufschmied im Hawaiihemd seinen Schweinebraten mal mit zwei Krakauer-Würsten, dort bereitet er seine Rouladen mit jeder Menge Senf und Gürkchen in Handarbeit vor. Dann kocht er Eintöpfe und Hackbraten.

Ansturm nach NDR-Reportage: 500 Gäste pro Tag

Vor allem Stammkunden würden seinen Imbiss nahe des Ronnenberger Rathauses im industriell geprägten Teil des Stadtviertels ansteuern. Damals waren es laut Seifert noch etwa 50 Gäste pro Tag. Die NDR-Reportage "Bulettenbude mit Herz und Schnauze" hat sehr viel verändert: "Jetzt stehen hier täglich 500 Menschen Schlange", sagte ein sichtlich gestresster Seifert einem t-online-Reporter im August. Sogar ein Management habe Seifert engagiert.

Seifert übertreibt mit der Schilderung des Hypes um seinen Imbiss nicht: Gegen Mittag stehen die Kundinnen und Kunden bis weit außerhalb des Imbisses an, um etwa seine "Buletten im Brötchen" oder Leber mit Kartoffelstampf und Zwiebeln zu verköstigen. Seiferts Helfer sind aufmerksam, Kinder, die mit ihren Eltern in der Schlange lange warten müssen, bekommen ein Eis spendiert.

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Europapolitisches Herbstfest der AfD

Bei der Veranstaltung in Ronnenberg, die Seifert die Kritik einbrachte, handelte es sich allerdings nicht um irgendeine: Es war das "Europapolitische Herbstfest" der AfD. Knapp einhundert Personen trafen sich und hörten unter anderem eine Rede von AfD-Bundesvorstand Maximilian Krah, Spitzenkandidat seiner Partei zur Europawahl. 220 Menschen demonstrierten laut "Hannoversche Allgemeine Zeitung" (HAZ) gegen die Zusammenkunft der vom Verfassungsschutz als extremistischen "Verdachtsfall" eingestuften Partei.

Zuletzt hatte Krah durch Enthüllungen über dubiose Verbindungen des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl im politischen Berlin und im Europäischen Parlament heftige Reaktionen ausgelöst. Wie t-online berichtete, hatte Krah Kontakte zum chinesischen Geheimdienst, einer seiner Mitarbeiter gründete einen chinesischen Lobbyverein (lesen Sie hier die komplette Recherche).

AfD-Vorwürfe: Seifert äußert sich zurückhaltend

"Ich habe mir da vorher und hinterher keine Gedanken zu gemacht", sagte Seifert t-online am Montag am Telefon. Ein Stammgast habe ihn für den Auftrag angefragt. Den habe Seifert wie jede Anfrage behandelt und dann seinen Job gemacht. Weiter wollte sich Seifert zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern – auch nicht zur Frage seiner Nähe zu der Partei selbst.

Bereits in der NDR-Doku zeigte sich, dass sich Besucher seines Lokals nicht nur Essbares abholen – sie lassen auch einen Teil ihrer Sorgen und Nöte bei Seifert. Der sehe eine ungewöhnlich große Unzufriedenheit unter den Menschen, sagte er dazu vor Ausstrahlung der Dokumentation im Juli der "HAZ".

Damals sei es Seifert tatsächlich noch möglich gewesen, sich Zeit für jeden einzelnen Kunden zu nehmen. Da habe es ihm gutgetan, auch im Fernsehen mal sagen zu können, was ihm selbst zusetzt. Das seien vor allem die gestiegenen Preise für Lebensmittel und Energiekosten. "Die kann ich nicht eins zu eins an die Kunden weitergeben", sagte er. Sein Ziel: Ein Mittagessen anzubieten, das seine Gäste nicht mehr als zehn Euro kosten darf – inklusive Getränk.

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Buletten-Jörg: Ein Sozial-Jongleur?

Mit seiner Art hat Seifert die Herzen von Böhmermann und Schulz erreicht: "Das ist ein absoluter Sozial-Jongleur", sagte Böhmermann in einer "Fest und Flauschig"-Ausgabe im August. "Der kann mit jedem, der in seinen Laden hereinkommt, innerhalb von Sekunden ein Gespräch anfangen."

Auch zu Seiferts Kochkünsten fiel dem Satiriker damals nur Gutes ein: "Es ist wirklich alles sehr fleischlastig, sehr fettig, sehr alte Bundesrepublik. Ich kann mir aber vorstellen, dass das alles sehr gut schmeckt." Er lud die beiden Entertainer per Videobotschaft daraufhin sogar in seine Bulettenschmiede ein. "Wenn ihr mal in der Nähe seid, lade ich euch gerne ein." Dann wolle er ihnen zeigen, wie die Sechzigerjahre schmecken.

Unklarheit über weitere Zusammenarbeit

Ob das Duo nun noch auf Seiferts Angebot eingeht, ist unklar. Jedenfalls rieten sie ihm, nicht mehr per Videoclip auf ihren Podcast zu reagieren. "Das kannst du nicht so gut", sagte Schulz. Bezüglich des AfD-Termins teilte der NDR mit, dass Seiferts politische Haltung in dem Film keine Rolle gespielt habe. Er habe sich gegenüber dem Autoren des Films weder in den Recherchegesprächen noch während der Dreharbeiten politisch in einer extremen Richtung geäußert, heißt es weiter.

Später sagte er dem Sender, "er habe die Veranstaltung mit einem Catering beliefert und würde das auch bei anderen legalen politischen Parteien tun, sollte er angefragt werden. "Dass er sich entschieden hat, den Auftrag anzunehmen, heißt nicht, dass wir diese Einstellung teilen", so in dem Statement, das in dieser Form auch im Kommentar-Bereich der Dokumentation auf YouTube gepostet worden ist. Wie Seifert t-online im August sagte, sei der NDR nach dem Erfolg der Doku nochmals mit konkreten Vorschlägen auf ihn zugegangen. Laut NDR ist derzeit jedoch keine weitere Zusammenarbeit mit Seifert geplant, wie t-online auf Nachfrage erfahren hat.

Verwendete Quellen
  • Telefonat und Gespräche mit Jörg Seifert
  • ndr.de: "Bulettenbude mit Herz und Schnauze" vom 24. Juli 2023
  • Spotify: Fest und Flauschig vom 29. August und 14. Oktober 2023
  • haz.de: ""Rassismus, das geht gar nicht": AfD erhält viel Gegenwind bei Herbstfest in Ronnenberg" (kostenpflichtig)
  • Anfrage an die Pressestelle des NDR per Mail
  • haz.de: "Imbiss-Original aus Empelde: So kommt "Jörg’s Bulettenschmiede" ins Fernsehen" (kostenpflichtig)
  • YouTube-Kanal von "JörgMitHerzUndSchnauze"
  • X-Account von Moritz Siman @M000X
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