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Hannover: Mordfall Frederike – Ismet H. bleibt für die Polizei verdächtig


Jugendliche vergewaltigt und getötet
Ihr mutmaßlicher Mörder bleibt ein freier Mann

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
Von Patrick Schiller

Aktualisiert am 31.10.2023Lesedauer: 3 Min.
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Hans von Möhlmann mit einem Bild seiner Tochter Frederike: Der Vater fordert Gerechtigkeit – der Täter ist weiter frei.Vergrößern des Bildes
Frederike von Möhlmann (Archivbild): Ihr Vater suchte über Jahrzehnte Gerechtigkeit für den Mord an seiner Tochter. (Quelle: dpa-bilder)

Der brutale Mord an Frederike von Möhlmann bleibt ungesühnt: Ein spektakuläres Urteil verhindert ein neues Verfahren gegen ihren mutmaßlichen Mörder. Was macht ihn so verdächtig?

In den späten Stunden des 4. November 1981 verschwand die 17-jährige Schülerin Frederike von Möhlmann nach einer Chorprobe in Hambühren bei Celle. Vier Tage später wird sie gefunden – vergewaltigt, erstochen und entsetzlich zugerichtet.

Ihr mutmaßlicher Mörder, Ismet H. aus Celle, wurde ein Jahr später vom Landgericht Lüneburg zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch ein Jahr darauf sprach das Oberlandesgericht den Verdächtigen auf Grundlage eines Gutachtens frei. Offenbar ein Justizirrtum.

Im Jahr 2012 nahm der Fall eine erneute Wendung: Dank technologischer Fortschritte geriet der heute 64-jährige Ismet H. abermals in den Fokus der Ermittler. Doch am Dienstag urteilte das Bundesverfassungsgericht: Nur auf Basis neuer Beweise können freigesprochene Verdächtige nicht noch einmal für dieselbe Tat angeklagt werden. Ismet H. bleibt trotz allem ein freier Mann.

Aber was macht ihn in dem Mordfall so verdächtig?

Der Mord an der 17-jährigen Frederike

Frederike hatte an dem Mittwoch um 19.30 Uhr gemeinsam mit einer Freundin den Musikunterricht in der Hambührener Stadtkantorei verlassen. Gemeinsam liefen sie bis zu einer Telefonzelle. Dort soll die Jugendliche noch versucht haben, zu telefonieren. Offenbar ohne Erfolg: Frederike soll einem Bericht der "Celleschen Zeitung" zufolge lediglich 20 Pfennig dabei gehabt haben. Die wurden später bei ihrem Leichnam gefunden.

Danach soll Frederike die Telefonzelle verlassen haben und schräg gegenüber als Tramperin an der Bushaltestelle in ein Auto gestiegen sein – offenbar in das Fahrzeug ihres späteren Mörders.

Täter fährt auf schmalen Waldweg

Der Mann sei zunächst noch in Richtung Oldau, dem Heimatort Frederikes gefahren. An der Ampelkreuzung in Hambühren bog er laut dem Bericht dann jedoch auf eine Landstraße in Richtung Hannover ab. Nach etwa drei Kilometern fuhr er demnach von der Straße in einen schmalen Waldweg ab. Auf einer kleinen Lichtung soll er Frederike angegriffen und vergewaltigt haben. Danach schnitt er dem Mädchen mit einem "langen, scharfen und sehr spitzen Messer" offenbar die Kehle auf und stach ihr mitten ins Herz.

"Der Mörder machte sich nicht mal die Mühe, sein bestialisch zugerichtetes Opfer mit Laub oder Zweigen zu bedecken", berichtete die Zeitung damals weiter.

Wenige Tage später stieß eine Familie während eines Spaziergangs auf Frederikes Leichnam.

Reifenspuren führen zu Verdächtigem aus Celle

Erste Ermittlungen führten die Polizei zu Ismet H. aus Celle. Durch Reifenspuren wurde er mit dem Tatort in Verbindung gebracht. 1982 verurteilte das Landgericht Lüneburg ihn wegen Mordes zu lebenslanger Haft, bis das Gutachten, das die Reifenspuren infrage stellte, Fragen aufwarf. Die Täterschaft von Ismet H. wird angezweifelt, das Urteil zurückgezogen.

Fast 30 Jahre später, im Jahr 2012, erlebte der Fall dann die Wendung: Eine zum Tatzeitpunkt noch nicht mögliche DNA-Untersuchung von Haaren in der Unterhose des Mädchens bestätigte die eindeutige Täterschaft des Mannes. Frederikes Vater, Hans von Möhlmann, verklagte Ismet H. daraufhin auf die Zahlung von Schmerzensgeld.

Das Celler Oberlandesgericht wies seine Klage ab, weil der Anspruch zivilrechtlich verjährt war. Es stellte in der Urteilsbegründung allerdings eindeutig fest: "Der Beklagte vergewaltigte und tötete die Tochter des Klägers in dem Tatzeitraum vom 4. November 1981, 18 Uhr, und 5. November 1981, 6 Uhr." Doch H. wehrte sich gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens – und bekam am Dienstag recht: Das Verfahren muss nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts beendet werden.

"Der Mord muss gesühnt werden", forderte der Vater wenig später in einer von ihm initiierten Onlinepetition. "Welcher Rechtsfriede kann herrschen, wenn ein überführter Täter unbehelligt bleibt?" Frederike habe ihr Leben nicht weiterführen dürfen, "wohl aber der Täter". Über hunderttausend Menschen unterschrieben seinen Appell. Kurz vor Prozessbeginn war Hans von Möhlmann gestorben.

Verwendete Quellen
  • Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
  • faz.net: "Neue Indizien, doch keine Anklage"
  • Cellesche Zeitung vom 10. November 1981
  • lto.de: "Schwarzer Moment für den Rechtsstaat"
  • Eigene Artikel bei t-online
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