t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalKiel

Kiel: So gefährlich sind Spaziergänge für die Natur


Mit dem Hund durch die Natur
So gefährden Spaziergänger Kiels Wildleben

Von Sven Raschke

25.01.2021Lesedauer: 3 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Wildtiere sind im Winter im Energiesparmodus: Durch Spaziergänger und Hunde werden sie aufgescheucht.Vergrößern des Bildes
Wildtiere sind im Winter im Energiesparmodus: Durch Spaziergänger und Hunde werden sie aufgescheucht. (Quelle: R. Hartwig/leer)

Im Lockdown gehen mehr Menschen in die Natur. Doch das wird laut Kreisjägerschaft zum "massiven Problem" für die Wildtiere. Besonders problematisch dabei: unangeleinte Hunde.

Die Freizeitmöglichkeiten sind zurzeit begrenzt. Was bleibt, sind Spaziergänge in der Natur. Doch was für den Menschen erholsam ist, kann für die wilden Tiere das genaue Gegenteil bedeuten. Gerade jetzt in der kalten Jahreszeiten, wo Reh, Wildschwein und -vogel auf ihre Winterruhe angewiesen sind, stellt die starke Zunahme an Spaziergängern in Wald und Feld laut der Kieler Kreisjägerschaft ein "massives Problem" dar. Besonders kritisch sehen die Jäger hierbei unangeleinte Hunde.

"Da wird alles durchquert, egal ob da ein Weg ist oder nicht. Das ist die Erfahrung, die wir gerade jetzt im zweiten Lockdown machen", sagt René Hartwig, Sprecher der Kreisjägerschaft Kiel. Nun könnte man meinen, dass nahe des Großstadttreibens ohnehin nicht viele wilde Tiere anzutreffen sind. Doch Hartwig verweist auf die vielen oft kleineren Waldstücke, auf das Vieburger Gehölz im Süden oder das Projensdorfer Gehölz im Norden der Stadt. "Dort habe ich auch schon Dam- und Rehwild gesehen", so Hartwig.

Hunde schrecken die Wildtiere auf

"Jetzt in der Winterzeit versuchen sich die Tiere so wenig wie möglich zu bewegen, um Energie zu sparen", erklärt der Jäger. "Wenn zum Beispiel ein Spaziergänger seinen Hund nicht angeleint hat und der dann über die Felder oder durch den Wald tollt, sieht das erst mal nicht so schlimm aus", so Hartwig. Aber das täusche. Wilde Tiere wie Fasane, Hasen, Rehwild oder bodenbrütende Vögel werden so beunruhigt. Beim Wild setzt der Fluchtreflex setzt ein, beim Hund, je nach Rasse mehr oder weniger stark, der Jagdtrieb. Dem könne selbst ein gut erzogener Hund kaum widerstehen, so Hartwig. "Es kann dann vorkommen, dass ein ohnehin geschwächtes Rehwild entweder so stark vom Hund gehetzt wird, dass es zusammenbricht – oder sogar vom Hund gebissen wird."

In Kiel wie in ganz Schleswig-Holstein gilt im Wald die Leinenpflicht. Doch daran hält sich laut der Kreisjägerschaft längst nicht jeder. Bei der Kieler Polizei wurden für 2020 bisher insgesamt 40 Verstöße gegen das Hundegesetz gemeldet, nur ein einziger davon betrifft ausdrücklich den Verstoß gegen die Leinenpflicht. Allerdings, so Matthias Felsch, Sprecher der Polizei, durchstreife die Polizei üblicherweise auch nicht die Wälder, um dergleichen festzustellen.

Da es sich bei Verstößen gegen die Leinenpflicht um eine Ordnungswidrigkeit handelt, ist zudem in der Regel das Ordnungsamt der Stadt zuständig. Nach dessen Angabe wurden 2020 23 Verfahren wegen Verstößen gegen die Leinenpflicht geführt. Das Bußgeld beträgt zwischen 50 und 100 Euro.

Appell an Hundehalter

Auf Feldwegen darf der Hund zwar abgeleint werden. Jägersprecher René Hartwig appelliert aber, auch dort zum Wohl des Wildlebens nicht auf die Leine zu verzichten.

Über Social Media oder im direkten Gespräch versuchen die Jäger, die Spaziergänger aufzuklären. "Es gibt da gute Gespräche etwa mit Hundehaltern, die sehr einsichtig reagieren, wenn man ihnen das alles erklärt", so Hartwig. Oft höre er dabei den Satz: "Ach hier, leben Wildtiere? Das wusste ich ja gar nicht!" Aber das sei längst nicht immer der Fall. "Oft erntet man auch Unverständnis, Kopfschütteln, manche reagieren auch beleidigt."

Die Natur kann zur Gefahr für Mensch und Hund werden

Die Natur kann mitunter sogar zur Gefahr für Mensch oder Haustier werden. Hartwig: "Wenn ein Dackel einen Dachsbau sieht, dann ist er darauf gezüchtet, da zu buddeln. Wenn der Hund dann im Bau ist, gräbt der Dachs ihn einfach ein."

Für den Menschen gefährlich werden können Wildschweine. Die halten sich zwar wie alle Wildtiere nach Möglichkeit vom Menschen fern. "Aber gerade in Kiel ist es so, dass wir eine massive Ausbreitung von Schwarzwild erleben", so Hartwig. Von zu weit in die Wildnis vordringenden Spaziergängern könnten sich die Tiere bedroht fühlen und aggressiv reagieren. "Man tut sich da selber einen Gefallen, Konflikten aus dem Weg zu gehen", so Hartwig.

Die Rücksichtnahme ist laut Jägerschaft auch nach dem Winter weiterhin angebracht. Denn dann folgt die Brut- und Setzzeit, in der sich Wild und Wildvögel paaren. "Der Kiebitz etwa hat sein sein Nest auf dem Boden, und das Rehkitz versteckt sich oft am Wegesrand", so Hartwig. "Deshalb ist es auch dann noch absolut wichtig, die Hunde anzuleinen – selbst da in der Natur, wo es nicht vorgeschrieben ist."

Verwendete Quellen
  • Gespräche mit Polizei Kiel und der Kreisjägerschaft Kiel
  • Mail-Verkehr mit Stadt Kiel
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website