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Kiel: Kosmos Store bringt nachhaltige Start-ups voran


Kosmos Store
Wie ein Geschäft nachhaltige Start-ups voranbringt

Von Sven Raschke

Aktualisiert am 12.07.2021Lesedauer: 4 Min.
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Ein Blick in den Kosmos-Store in Kiel: Hier erhalten Produkte verschiedener Start-ups eine Plattform.Vergrößern des Bildes
Ein Blick in den Kosmos-Store in Kiel: Hier erhalten Produkte verschiedener Start-ups eine Plattform. (Quelle: Sven Raschke/leer)

Seit anderthalb Jahren gibt es den Concept Store in der Kieler Innenstadt. Das zunächst nur als Übergangslösung geplante Projekt zur Förderung von nachhaltigen Start-ups hat sich inzwischen fest etabliert – selbst Corona und Lockdown konnten daran bisher nichts ändern.

Thomas Boßmann experimentierte schon eine ganze Weile an seinem Fruchtlikör. Im vergangenen Jahr hatte er es dann gewagt: sein eigenes kleines Unternehmen, der "Klimatropfen". Handgemachter Likör aus echten Früchten, keine Zusatzstoffe, nachhaltig produziert, drei Euro pro Flasche gehen an Klimaprojekte. Im Dezember sollte es so richtig losgehen – aber das Timing hätte schlechter kaum sein können, denn kurz nach Verkaufsstart kam der Lockdown. Doch Boßmann hatte Glück im Unglück.

Denn er vertreibt seinen Wein über den Kieler Kosmos-Store. "Kosmos hatte alles ganz schnell auf den Onlineverkauf umgestellt. Ich musste da gar nicht viel machen – nur einen kurzen Text und ein paar Bilder." Trotzdem habe sich die allgemeine Krise natürlich bemerkbar gemacht. Aber erst vor ein paar Tagen habe er wieder eine neue Lieferung in das Geschäft gebracht. Boßmann ist zufrieden.

In der Krise die Rettung für viele Kleinunternehmer

So wie der "Klimatropfen"-Gründer sind in Kiel gerade viele Start-ups, Kleinunternehmer und Künstler dankbar, dass es Kosmos gibt. Der Concept-Store bietet mittlerweile mehr als 100 von ihnen die Möglichkeit, ihre Produkte auszustellen, zu verkaufen und so in der Geschäftswelt Fuß zu fassen. In bester Lage mitten in der Kieler Innenstadt – oder zurzeit Corona-bedingt verstärkt online. Voraussetzung ist, dass die Anbieter fair, nachhaltig und im besten Fall gemeinnützig produzieren.

"Insgesamt geht es uns darum, die Innenstadt zu beleben und Menschen einzuladen, nicht nur hier zu kaufen, sondern sich auch zu informieren und sich auszutauschen über Nachhaltigkeit und soziales Unternehmertum ", beschreibt Projektleiterin Leah-Maria Rott das Konzept.

Aus einer Notlösung wird ein Zentrum für Start-ups

Angefangen hatte das Ganze vor anderthalb Jahren als mehr oder weniger improvisiertes Projekt von opencampus.sh, um den Leerstand in dem Gebäude in der Holstenstraße kurzfristig zu füllen. Der gemeinnützige Verein opencampus.sh setzt sich für lebenslanges Lernen abseits von Schule und Uni sowie für nachhaltige Zukunftsgestaltung ein. Deshalb umfasst das Angebot von Kosmos auch zahlreiche Kurse und Workshops für Schulklassen und Interessierte.

Alles habe damals ganz schnell gehen müssen, erinnert sich Rott. Sie habe alle ihre Kontakte mobilisiert, die sie bereits aus ihrer Arbeit bei opencampus gesammelt hatte: "Start-ups, wollt ihr eure Produkte bei Kosmos anbieten?" 25 Interessierte kamen zusammen.

Nach sechs Wochen hatte eigentlich alles wieder vorbei sein sollen. "Aber die Start-ups waren so begeistert, dass sie gefragt haben: Könnt ihr das nicht weiter machen?" Seitdem wurde die Frist immer wieder verlängert. "Wir leben von Monat zu Monat", sagt Rott. "Ob Kosmos dauerhaft bestehen bleibt, ist immer noch nicht final geklärt."

Recycelte Sportmatten und Gender-Kartenspiele

Ginge es nach den Start-ups, bestünde daran kein Zweifel. Mareike Springer ist Teil des Land&Sea-Projekts, das aus alten Neoprenanzügen recyclebare Sportmatten herstellt. Das Anfang des Jahres gegründete Unternehmen sammelt mittlerweile deutschlandweit Neos – los ging es aber im Kosmos-Store, wo die Kieler ihre ausgedienten Anzüge abgeben können. Mittlerweile würden sie Neoprenanzüge aus vielen Quellen bekommen, so Springer. "Aber vor allem am Anfang hat Kosmos uns sehr geholfen. Durch den Store hatten wir immer wieder Anfragen von Kielern erhalten."

Zu jedem Anbieter gibt es im Geschäft Infos über den Hersteller. Die Stiftung Drachensee bietet Kunsthandwerk, Möbel, Deko, Taschen und Portemonnaies aus ihrer Behindertenwerkstatt an. "Gerade jetzt in Corona-Zeiten sind für uns viele Möglichkeiten weggefallen, unsere Produkte zu verkaufen", sagt die Produkt- und Projektkoordinatorin Martina Müller. "Im Kosmos-Store unterstützen sie uns wahnsinnig. Das ist ein Rundum-sorglos-Paket. Wir sind ganz glücklich und dankbar."

Miete zum Freundschaftspreis

Zwischen fünf und 30 Prozent des Umsatzes geben die Aussteller an den Kosmos-Store ab. "Weil wir gemeinnützig sind, müssen wir nicht gewinnorientiert sein", sagt Rott. Das Projekt würde sich zwar auch so tragen. "Aber auch nur, weil die Hauseigentümer uns die Möglichkeit geben, zu einem absolut vergünstigten Mietpreis hier zu sein."

Das Start-up Spieleköpfe bietet Kartenspiele mit Gender- und Nachhaltigkeitsthematiken an. Jana Fischer, eine der drei Gründerinnen, ist froh darüber, dass es das Geschäft gibt. "Es ist eine sehr coole Möglichkeit, in der Kieler Innenstadt viele Leute zu erreichen. Und die Hürden, hier auszustellen sind ziemlich niedrig – was gerade für kleine Unternehmen wie uns super hilfreich ist." Die Verkäufe laufen laut Fischer gut. Außerdem freut sie sich über den Austausch mit den anderen Ausstellern. "Durch Corona ist der jetzt natürlich etwas ausgebremst."

Franchise-Anfragen abgelehnt

Der Austausch und die Vernetzung unter den frischgebackenen Unternehmern ist ein weiterer wichtiger Teil von Kosmos. "Wir sind mittlerweile ein Zentrum für Kieler Kreative", sagt Rott. Und inzwischen sind es nicht mehr nur Kieler. Auch aus anderen Städten hätten sie jetzt ein paar Anbieter ins Sortiment genommen.

Aus einer dieser Städte habe die Stadtverwaltung angefragt, ob Kosmos nicht auch einen Store bei ihnen aufmachen würde. "Aber das haben wir erst mal abgelehnt", sagt Rott. "Was den Kosmos-Store so erfolgreich gemacht hat, ist, glaube ich, dass er aus der Stadt selbst heraus gewachsen ist. Dass sowohl die Gäste als auch die Start-ups das Konzept mit formen. Und es ist wichtig, dass man die bestehenden Netzwerke kennt."

Ein Kosmos-Store in einer anderen Stadt müsste also aus dieser selbst heraus entstehen, so Rott. "Außerdem wollen wir erst einmal selbst fest Fuß fassen. Vorher macht eine Franchise-Geschichte keinen Sinn."

Was das Fußfassen angeht, ist Leah-Maria Rott optimistisch. "Wir sind total überrascht, wie gut es trotz Corona gelaufen ist. Und als wir nach dem Lockdown wieder öffnen konnten, sind die Leute sofort wieder gekommen. Wir sind gut besucht, und wir kriegen viele tolle und wertschätzende Rückmeldungen – von Start-ups wie von Kunden."

Verwendete Quellen
  • Besuch im Geschäft
  • Gespräche mit
  • Thomas Boßmann
  • Leah-Maria Rott
  • Mareike Springer
  • Jana Fischer
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