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Fall Attendorn: Gab bereits vor Jahren "ominöse" Hinweise auf Mädchen


Mit ausgeschnittenen Buchstaben
Rätselhafte Briefe wiesen früh auf gefangenes Mädchen hin

Von dpa
Aktualisiert am 17.11.2022Lesedauer: 3 Min.
Fall AttendornVergrößern des BildesDas Haus in Attendorn, in dem das Mädchen festgehalten worden sein soll (Archivbild): Schon 2020 soll das Jugendamt einen Brief mit Hinweisen erhalten haben. (Quelle: Markus Klümper/dpa)
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Fast ihr ganzes Leben lang ist ein Mädchen zu Hause festgehalten worden. Briefe sollen bereits vor zwei Jahren darauf hingewiesen haben – doch es geschah nichts.

Im Fall des jahrelang in Attendorn im Sauerland gefangengehaltenen Mädchens hat das Jugendamt nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa im Herbst 2020 erstmals einen mysteriösen Brief erhalten, der auf das heute achtjährige Kind hinwies: Der Text war aus ausgeschnittenen Buchstaben zusammengesetzt und aus Sicht des Mädchens geschrieben. Es folgten weitere anonyme Schreiben, aber erst zwei Jahre später wurde das Kind befreit.

Der zuständige Kreis Olpe hatte vor wenigen Tagen bereits Defizite im Zusammenhang mit dem Fall eingeräumt. Interne Unterlagen der Ermittler verdeutlichen nach dpa-Informationen, was damit gemeint war: So hatte die Krankenkasse dem Jugendamt nach dem ersten Brief auf Anfrage mitgeteilt, dass die Mutter – die mit ihrer Tochter angeblich 2015 nach Italien gezogen war – noch Beiträge in Deutschland zahle. Weitere Recherchen des Jugendamts unter anderem bei Kinderärzten ergaben nichts, weshalb der Brief offenbar ad acta gelegt wurde.

Polizei wurde erstmals vor einem Jahr informiert

Sechs Wochen später folgte laut den bisherigen Ermittlungen ein zweiter anonymer Brief, diesmal angeblich von Freunden, Bekannten und Nachbarn verfasst. Im Herbst 2021 gab es eine weitere Meldung beim Jugendamt mit konkreten Hinweisen. Erstmals wurde nach dpa-Informationen nun die Polizei vom Amt informiert. Die Mitarbeiterin berichtete demnach der Polizei von einem "ominösen" Hinweis auf ein gefangenes Mädchen – und fragte, ob man das Haus durchsuchen könne.

Die Polizei fragte im Gegenzug, ob das Jugendamt denn schon vor Ort gewesen sei. Antwort: Nein. Die Polizei bat das Jugendamt, erst mal selbst zu recherchieren. Danach habe sich das Amt – so die Polizei – nicht mehr gemeldet.

Tatsächlich schauten nach Aktenlage am 15. Oktober 2021 zwei Mitarbeiter unangekündigt bei der besagten Adresse vorbei. Die Großmutter und der Großvater des Mädchens, die offiziell dort wohnten, öffneten die Tür, ließen das Jugendamt aber nicht herein. Tochter und Enkelin seien auch nicht da. Die Mitarbeiter zogen wieder ab.

Großeltern standen vor verrauchtem Haus – ohne Mutter und Kind

Kurz nach Weihnachten 2021 gab es durch einen technischen Defekt einen kleinen Brand in dem Haus, heißt es in den Unterlagen der Ermittler. Als die Retter eintrafen, standen die Großeltern vor der Tür. Von dem Mädchen und seiner Mutter war nichts zu sehen. Ob sie sich in dem verrauchten Haus versteckten, ist unklar.

Erst im Juni 2022, fast zwei Jahre nach dem ersten Brief, kam Bewegung in den Fall: Ein Ehepaar meldete sich beim Jugendamt, das über Umwege von dem Mädchen erfahren hatte und konkrete Hinweise gab. Das Jugendamt fragte nun in Italien nach, ob das Mädchen mit der Mutter wirklich dort lebt.

Acht Wochen später die Antwort: Nein. Erst jetzt kontaktierte das Jugendamt laut den Ermittlungen wieder die Polizei. Die rief mehrere Zeugen an, fuhr an der Adresse vorbei, durfte nicht rein – und stürmte das Haus wenige Tage später mit richterlichem Beschluss. Das war am 23. September.

Achtjährige durfte wohl sieben Jahre lang das Haus nicht verlassen

Die Achtjährige schlief da mit ihrer Mutter in einem gemeinsamen Zimmer. Sie wirkte laut den Ermittlern normal, ordentlich angezogen und konnte sich gut ausdrücken. Nur das Treppensteigen fiel ihr schwer. Ärzte checkten das Mädchen durch – alles gut. Die Ermittler gehen nach früheren Angaben davon aus, dass die Achtjährige rund sieben Jahre das Haus nicht verlassen durfte.

Ermittelt wird inzwischen gegen die Mutter und die Großeltern. Aber auch das Jugendamt ist im Visier der Staatsanwaltschaft – wegen des Anfangsverdachts der Freiheitsberaubung –und Körperverletzung im Amt durch Unterlassen. Was bisher nicht bekannt war: Bereits eine Woche nach der Befreiung des Mädchens rückte die Staatsanwaltschaft beim Jugendamt ein - und beschlagnahmte einige Akten. An diesem Donnerstag beschäftigt sich der Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags mit dem Fall.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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