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Missbrauchsfall Bergisch Gladbach: Chatgruppen-Administrator verurteilt


Urteil zum Missbrauchsfall Bergisch Gladbach
Wie ein Chat-Administrator zum Mittäter wurde

Von Johanna Tüntsch

Aktualisiert am 21.12.2020Lesedauer: 3 Min.
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Der Bandenchef eines weitreichenden Kinderporno-Chats (rechts) mit seinem Strafverteidiger: Der Mann wurde vom Landgericht Köln verurteilt.Vergrößern des Bildes
Der Bandenchef eines weitreichenden Kinderporno-Chats (rechts) mit seinem Strafverteidiger: Der Mann wurde vom Landgericht Köln verurteilt. (Quelle: Johanna Tüntsch)

Ein 38-Jähriger ist am Landgericht Köln für die Verbreitung von Kinderpornografie verurteilt worden. Durch sein Geständnis konnten weitere Täter gefasst und Kinder aus Missbrauchssituationen befreit werden.

Der Administrator (38) einer Chatgruppe, die im Zusammenhang mit dem Bergisch Gladbacher Missbrauchskomplex stand, wurde vor dem Landgericht in Köln zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Angesichts dieser Höhe kann die Haft nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.

Der 38-jährige Angestellte hatte 2018 eine Kinderpornografie-Chatgruppe im Nachrichtendienst Threema ins Leben gerufen und sie anschließend über einen Zeitraum von anderthalb Jahren selbst verwaltet. Er hat sich damit der Drittbesitzverschaffung und der Verbreitung von Kinderpornografie, beides in bandenmäßigem Umfang, schuldig gemacht.

Christoph Kaufmann, der Vorsitzende der zweiten großen Strafkammer, würdigte in seiner Urteilsbegründung, dass der Angeklagte sich umfassend zu seinen Taten geäußert hatte: "Das war ein Geständnis ohne jedes Taktieren, in einer Art, die ungewöhnlich ist bei Tätern. Wir haben nicht den Hauch eines Versuches der Bagatellisierung festgestellt." So erklärt sich das eher milde Strafmaß: Bandenmäßige Verbreitung von Kinderpornografie kann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden.

Mitglieder mussten sich verifizieren

Um in die Gruppe aufgenommen zu werden, mussten Interessenten einschlägige Dateien hochladen. Mit dieser Art der "Verifizierung" sollten mögliche Störer und ermittelnde Einsatzkräfte ausgeschlossen werden. Ergänzend zum Austausch von Bildern gab es Textnachrichten, in denen die Mitglieder, teils in verächtlicher, zynischer Weise, eigene Missbrauchstaten schilderten. Insgesamt handelte es sich um 5.600 Nachrichten und 2.390 Bilder. Im Verfahren wurden exemplarisch zehn Fälle unterschiedlichen Schweregrades ausgewertet, auf die sich das Urteil bezieht.

"Was Sie möglicherweise nicht wussten: Mitglieder haben sich hier auch zum gemeinsamen Missbrauch verabredet", so Kaufmann. In einigen Fällen sei dem Verurteilten die Schwere der Taten aber wohl doch bewusst gewesen: "Als Sie hier über einen von ihnen hörten, dass er zu 13 Jahren Haft verurteilt worden sei, haben Sie kurz gezögert und dann gesagt, dass das gerechtfertigt sei."

Durchdringen ins Verhalten ist Glückssache

Der Richter ging auch auf die persönliche Situation des Angeklagten ein. Im Zuge der Ermittlungen sei dieser intensiv beobachtet worden: sein Wohnhaus, auch dessen Innenräume. Das Auto wurde per GPS verfolgt, das Handy ausgewertet. "Die gute und ebenso irritierende Erkenntnis war, dass es nichts zu beobachten gab." Die Überwachungen zeichneten vielmehr das Bild eines "völlig vereinsamten Mannes, der nach der Arbeit in diese bizarre Welt abtauchte, wo sich das Spektrum der Abnormität immer weiter ausgedehnt hat und moralische Skrupel immer weiter ausgeräumt wurden." Die Anklage umfasste auch die Verabredung des 38-Jährigen mit einem anderen zum Missbrauch eines Säuglings. Die Kammer kam zu dem Schluss, dass diese nicht ernst gemeint gewesen sei. Selbst habe der Mann sich offenbar nie an Kindern vergangen, doch, so Kaufmann: "Das Durchdringen auf die Verhaltensebene" sei bei dieser Entwicklung eine Glückssache gewesen.

Internationaler Ermittlungserfolg

Durch internationale und bundesweite Kooperation gelang die Aufdeckung des Netzwerkes, wie Kaufmann rekapitulierte: Kanadischen Ermittlungsbehörden sei eine einzige Bilddatei aufgefallen. Sie schlugen Alarm, die Spur führte nach Deutschland und dort in verschiedene Bundesländer. Durch "unbedachte Äußerungen" bezüglich seines Wohnortes sei es gelungen, den Angeklagten als Hintermann zu identifizieren. "Man könnte sagen, dass Sie als Administrator der Bandenchef gewesen sind", so der Vorsitzende.

Er hob hervor, dass der 38-Jährige sich vom ersten Polizeikontakt an kooperativ verhielt: "Dadurch kam es zu unfassbaren Ermittlungserfolgen. Aktive Missbraucher wurden identifiziert. Kinder, die im laufenden Missbrauch leben mussten, konnten befreit werden." Der Angeklagte habe "vermutlich keinen einzigen Klarnamen gekannt", aber den Ermittlern alle Zugangsdaten gegeben. Dadurch konnten diese den Chat überwachen und IP-Adressen ermitteln.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen vor Ort
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