t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalKöln

Köln: Familienvater soll Nachbarsmädchen missbraucht haben – Haftstrafe


Grundschülerin sagte aus
Mädchen missbraucht – Haftstrafe für Familienvater


12.03.2021Lesedauer: 4 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Verteidiger Jens George begrüßt den Angeklagten vor Prozessbeginn: In Köln steht ein Mann in einem mutmaßlichen Missbrauchsfall vor Gericht.Vergrößern des Bildes
Verteidiger Jens George begrüßt den Angeklagten vor Prozessbeginn: In Köln steht ein Mann in einem mutmaßlichen Missbrauchsfall vor Gericht. (Quelle: Johanna Tüntsch)

Vor dem Kölner Landgericht wurde das Urteil in einem Missbrauchsfall gesprochen. Eine Grundschülerin wurde vom Vater ihres Freundes sexuell missbraucht. Dafür erhielt der Familienvater eine zweijährige Haftstrafe.

mmer solche Zeugen hätten." Unmissverständlich ordnete Richter Christoph Kaufmann die Aussage einer Grundschülerin ein, die nach Einschätzung der zweiten Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts im Februar 2019 vom Vater ihres Freundes missbraucht wurde: "Sie war absolut zeugentauglich und glaubhaft." Bemerkenswert klar habe sie zwischen Erinnerungen und Unsicherheiten differenziert und gerade durch ihre kindliche Unwissenheit die Kammer umso mehr überzeugt: "Das Kind hatte überhaupt keine Idee davon, dass ihre Schilderungen eine sexuelle Konnotation hätten haben können."

Strafmaß übersteigt Antrag der Staatsanwaltschaft

Die Kammer sieht es auch als erwiesen an, dass der Angeklagte, ein Gas-Wasser-Installateur aus Leverkusen, in einer anderen Situation eine intime Berührung provozierte, indem sich das Mädchen auf den Schoß setzte. Als sie jedoch, weil sie das unangenehm fand, aufstand, ließ er sie gehen. Die Richter berücksichtigten diese Tat daher in ihrem Urteil als versuchten sexuellen Übergriff, ließen einen anderen Tatvorwurf fallen und kamen insgesamt zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Damit liegt das Strafmaß deutlich über dem, was der Vertreter der Staatsanwaltschaft gefordert hatte: Ihm erschien eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren angemessen. Der Verteidiger des Angeklagten, welcher die Vorwürfe bis zuletzt bestritten hatte, hatte auf Freispruch plädiert.

Während der Urteilsbegründung war deutlich zu beobachten, wie der Angeklagte in aller Wortlosigkeit mehr und mehr in sich zusammensackte: Die ersten Sätze quittierte er mit einem ungläubigen Kopfschütteln und einer hilflosen Handbewegung. Dann klopfte er ungeduldig mit verschränkten Händen auf den Tisch. Als der Richter die mutmaßlichen Einzelheiten der Tat skizzierte, schloss er die Augen, schüttelte stumm den Kopf und atmete ein, zweimal heftig ein. Später blickte er nur noch resigniert auf den Tisch, anschließend in die Weite. Glaubt man seinen Ausführungen, so kann man sich vorstellen, wie ungerecht sich der Mann behandelt fühlt, dessen Sohn ein Kind war, als er im vergangenen Sommer in Untersuchungshaft genommen wurde, und der fast schon ein Jugendlicher sein wird, wenn der Vater nach einer über zweijährigen Haftstrafe entlassen wird.

"Orchideenhafte Schilderungen"

Richter Kaufmann machte jedoch keinen Hehl daraus, dass er die Aussagen des Angeklagten für ein Konstrukt hielt, mit welchem er die Deutung objektiv belastender Indizien zu seinen Gunsten umkehren wollte. Er habe eine "orchideenhafte Schilderung" der Ereignisse geliefert, "als hätten Sie einen Film gedreht und parallel noch alles mitstenographiert." Das Übermaß an vermeintlich erinnerten Details sei vor allem deshalb unglaubwürdig, weil die Geschehnisse des fraglichen Tages für den Angeklagten vollkommen belanglos gewesen sein müssten, falls seine Aussage wahr sei.

Zur Anzeige kam es erst mehr als ein Jahr nach den fraglichen Geschehnissen. Damals beobachtete eine Sozialassistentin, die mit der Mutter des mutmaßlichen Opfers befreundet ist, dass das Mädchen mit seinem Schul- und Nachbarschaftsfreund auf dem Weg zu diesem nach Hause war. Bei der Sozialassistentin ging in dem Moment, so Kaufmann, "die rote Lampe an": Sie wusste von ihrer Freundin, dass deren Tochter nach einer Übernachtung bei ihrem Freund von einem "komischen" nächtlichen Vorfall berichtet hatte. In kindlichen Worten habe das Mädchen beschrieben, wie es sich schlafend gestellt hatte, als jemand ins Zimmer getreten sei. Plötzlich sei sein Gesicht "nass" geworden.

Gerichtsmedizin fand deutliche Hinweise

Die Frauen deuteten die Worte der Kleinen so, dass der Vater des Jungen sich in unmittelbarer Nähe des Kindes befriedigt haben müsse. Die Mutter der Schülerin unterband daraufhin zwar weitgehend den Kontakt zur anderen Familie, erstattete jedoch keine Anzeige. Zum erneuten Kontakt mit der früheren Nachbarfamilie kam es offenbar mit Erlaubnis des getrennt lebenden Vaters des Mädchens, der über das Ausmaß der im Raum stehenden Vermutungen nicht im Bilde war. Als die Mutter des mutmaßlichen Opfers von der Freundin hörte, dass ihre Tochter wieder in der fraglichen Familie verkehrte, stimmte sie einer Anzeige zu.

Ein entscheidender Hinweis für die Ermittler kam, trotzdem die Tat so lange zurücklag, durch die Gerichtsmedizin. Als das Mädchen nach der Übernachtung ihrer Mutter von ihrem irritierenden Erleben erzählt hatte, war diese zwar ratlos, wie sie weiter vorgehen sollte, verwahrte jedoch zur Sicherheit den Schlafanzug des Kindes, ohne ihn zu waschen. An diesem Kleidungsstück wurden Spermaspuren gefunden, die eindeutig dem Angeklagten zuzuordnen sind.

"Lügengebäude mit windschiefem Anbau"

Um sie zu erklären, hatten der Angeklagte und seine Ehefrau zwei leicht voneinander verschiedene Deutungsvarianten geboten. Beide liefen darauf hinaus, dass nach einem nächtlichen Sabbern oder Erbrechen das Mädchen mit einem Waschlappen abgewischt worden sei, welcher vorher schon im Intimbereich von einem der beiden Ehepartner genutzt worden sei. Diese Ausführungen riefen bei der Kammer allerdings eher Unmut als Verständnis hervor. "Wenn Sie am Tag davor schon ein Lügengebäude errichtet haben, so war das wirklich ein windschiefer Anbau an das Lügengebäude", hielt Kaufmann dem Angeklagten vor: "Diese Geschichten sind alle schon für sich genommen unglaubhaft."

Verwendete Quellen
  • Beobachtung des Gerichtsprozesses
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website