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Luke Mockridge tritt wieder auf: "Scheiß drauf, jetzt ist mir alles egal"


Luke Mockridge tritt wieder öffentlich auf
"Scheiß drauf, jetzt ist mir alles egal"

Von Tim Hildebrandt

Aktualisiert am 08.05.2022Lesedauer: 4 Min.
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Mockridge bei seinem Auftritt: Nach Vorwürfen hatte er sich vorübergehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.Vergrößern des Bildes
Mockridge bei seinem Auftritt: Nach Vorwürfen hatte er sich vorübergehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. (Quelle: Panama Pictures/imago-images-bilder)

Gegen Luke Mockridge waren schwere Vorwürfe erhoben worden. Der Comedian hatte sich daraufhin aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Jetzt ist er erstmals wieder aufgetreten – und machte die Vorwürfe gegen ihn zum Thema. t-online war in Köln vor Ort.

Als Luke Mockridge im Sommer 2021 von Vorwürfen gegen ihn in sozialen Netzwerken und einer Anzeige seiner Ex-Partnerin berichtete, schien sein Bühnenleben dem Ende nah. Fast ein Jahr später ist er zurück. Mit seiner bereits mehrfach verschobenen Tour "A Way Back to Luckyland" gibt der gebürtige Bonner wieder ein Lebenszeichen von sich und wagt den Neuanfang, dieses Mal mitten in seiner Wahlheimat. Ein Abend, der nur bei den wenigsten in Vergessenheit geraten dürfte.

Was ein Abend für Luke Mockridge. Tosender Applaus zu Beginn der Aufführung, stehende Ovationen am Ende. Das, was vielfach befürchtet worden war, trat zumindest in Köln nicht ein: keine Proteste, keine Schmährufe, keine Plakataktionen.

Dabei war sich Mockridge nach eigener Aussage selbst nicht einmal sicher, ob er überhaupt zurück auf die Bühne wolle. "Die letzten zwei Jahre waren hart", erzählt er. Er habe lange nicht gewusst, ob er überhaupt noch Lust und Energie für ein Bühnenprogramm haben würde.

Ein Programm ohne wirkliches Programm

Es sollte sich herausstellen: Hat er. Und wie. Von der ersten Minute an schwimmen der Comedian und sein Publikum auf einer Wellenlänge, die in zwei Stunden ausgelassener Erheiterung mündeten. Hier ein Witz über das "Kliemannsland" (Hier lesen Sie mehr zu den Vorwürfen gegen Fynn Kliemann.), dort einer über Merkel oder Trump. Zwischenzeitlich überrascht er gar mit der Aussage, er habe sich letzten Monat verlobt. Näher geht er darauf allerdings nicht ein.

Der rote Faden verliert sich bei alledem zwar ein wenig, das kennt man von Programmen seiner Kolleginnen und Kollegen anders, aber er unterhält die angereisten Fans durchweg und strapaziert mit fast jedem Satz die Lachmuskeln der Anwesenden. Mockridge reitet regelrecht auf einer Welle der guten Laune, die von ihm auf das Publikum überschwappt – und umgekehrt. Die ganz klare Mehrheit der 8.955 Anwesenden fühlt sich von Mockridge gehört, kann sich mit den Witzen identifizieren und stimmt ihnen größtenteils zu.

Die letzten Monate und Jahre haben ihre Spuren hinterlassen

Das ist auch keine große Überraschung. Das Programm, sofern man es als solches bezeichnen kann, dreht sich um Corona, um vergessene Passwörter, um alltägliche Dinge, mit denen so gut wie jede Person ihre ganz eigenen Erfahrungen haben dürfte.

Wer kennt sie nicht, die Eigenarten von Familien-WhatsApp-Gruppen oder die Sonderbarkeiten der Internetanfänge? Immer wieder zielt Mockridge auf die eigene Generation ab und zwischenzeitlich wirkt es, als wolle er in der Zeit zurückreisen. "A Way Back to Luckyland"? Wohl eher "A Way Back to the 90s".

Und auch das ist wenig überraschend, denn es scheint offensichtlich, dass die letzten Monate und Jahre dem Comedian zugesetzt und ihre Spuren hinterlassen haben. Mit einer gehörigen Portion Selbstironie versucht der 33-Jährige, den Anschuldigungen gegen ihn ihre Ernsthaftigkeit zu nehmen, sie gar ein wenig ins Lächerliche zu ziehen.

Witze über sexuelle Vorlieben und die Zerstörungswut des menschlichen Wesens, angefeuert durch soziale Medien, besitzen durchaus ihre Daseinsberechtigung, nehmen im Angesicht der letzten Jahre allerdings eine unwirkliche Kontur an.

"Jetzt kann ich jeden Witz machen, den ich immer machen wollte"

Hierbei spielt es auch gar keine Rolle, ob die Vorhaltungen stimmen oder nicht – die Kölner Staatsanwaltschaft hat ein gegen ihn laufendes Verfahren eingestellt –, sondern eben genau ob dieser Zerstörungswut, die auf den Komiker niederprasselte. (Mehr zu den Vorwürfen gegen den Comedian lesen Sie hier.) Mockridge selbst spricht mehr als einmal von "Hass" und von Shitstorms, lenkt den Blick auf die Vergangenheit und thematisiert unverblümt, welche Auswirkungen öffentliche Anprangerungen entfesseln können und wie man aus ihnen herausfindet. Mockridges Mittel der Wahl ist, natürlich, der Humor: Man solle sich selbst einfach "nicht so ernst nehmen".

Als Konsequenz daraus scheinen bei dem Comedian alle Dämme gebrochen, kaum jemand kommt ungeschoren davon. Ein politisch korrektes Programm? "Funktioniert nicht." Die eigenen Kolleginnen und Kollegen aufs Korn nehmen? "Scheiß darauf, jetzt ist mir alles egal. Ich wurde schon gecancelt." Mockridge selbst spricht davon, dass er nun "immun" sei und alle Witze machen könne, die er immer schon habe machen wollen. Die sind manchmal ziemlich derbe, an einigen Stellen fast grenzüberschreitend und hinterfragen die pochende Zeitgeist-Frage, was Comedy denn überhaupt alles dürfe.

Unterstützung erhält der gebürtige Bonner dabei von seinem Publikum. Uneingeschränkt. Mit Zwischenrufen oder auch im Zusammenspiel mit Mockridge selbst sichern sie ihm ihren Beistand zu, manche wollen ein Kind von ihm, andere offenbaren ihre Zuneigung, ohne groß um den heißen Brei herumzureden.

Das gehört zu solch einem Auftritt dazu und beweist zudem eine unglaubliche Loyalität der mockridge'schen Fankultur. Denn der Comedian ist sich durchaus bewusst, dass viele Kartenverkäufe aufgrund der ihn umgebenden Situation ausblieben. Umso dankbarer ist er den angereisten Fans, er klatscht für sie und hat ihnen gar ein Lied gewidmet: "Kommt ihr noch zu meiner Show, obwohl ich der Typ mit dem Sex-Skandal bin? […] Ihr habt versucht, mich aus der Comedy zu canceln […] Jetzt bin ich zurück."

Es ist ein Song, der exemplarisch für diesen Abend steht. Negativität in Kreativität ummünzen, mehrfach erwähnt der Comedian diese Notwendigkeit, um mit sich selbst im Reinen zu bleiben. Und seine Fans? Die feiern ihn dafür.

Verwendete Quellen
  • Beobachtungen vor Ort
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