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Anwältin muss Messer-Stalker weiter verteidigen


Obwohl er sie belästigt
Anwältin muss Messer-Stalker weiter verteidigen

  • Jonas Mueller-Töwe
Von Jonas Mueller-Töwe

Aktualisiert am 29.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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BundesgerichtshofVergrößern des Bildes
Hinweisschild vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe: Ein Beschluss bringt eine Strafverteidigerin in Bedrängnis. (Quelle: Uli Deck/dpa/Symbolbild/dpa-bilder)

Seine Ex-Freundin überlebte die Beziehung mit Alban H. nur knapp. Nun stellt er seiner Verteidigerin nach. Doch die kann dem Mandat einfach nicht entkommen.

K. ist eine erfahrene Strafverteidigerin. Was bedeutet: Sie hat beruflich mit Mördern, Totschlägern und Vergewaltigern zu tun – und hat als Anwältin zu ihnen ein professionelles Vertrauensverhältnis. Sie muss unvoreingenommen sein, muss für ihre Mandanten vor Gericht streiten. Im besten Fall ihre Unschuld beweisen. Es darf angenommen werden, dass K. keine zu großen Berührungsängste mit Gewalttätern hat. Vielfach stand sie für Mandanten vor Gericht, die schwerster Straftaten beschuldigt wurden.

Die heikle Lage

Doch eines ihrer derzeitigen Mandate ist für K. anders. Die Pflichtverteidigerin würde es gerne loswerden, kann aber nicht. Gegenüber t-online hat sie sich nicht geäußert, vermutlich weil sie an ihre Schweigepflicht als Anwältin gebunden ist. Doch aus t-online vorliegenden Gerichtsunterlagen ergibt sich eine für K. heikle Lage. Dabei geht es um den Fall von Alban H., um Stalking, versuchten Mord – und die Frage, ob nicht auch eine Pflichtverteidigerin vor einem Gewalttäter geschützt werden muss.

Der Fall von H. ist furchteinflößend: Immer wieder rammte er seiner Ex-Freundin vor ihrer Münchener Wohnung nahe dem Moosacher Bahnhof ein Messer in Kopf und Hals, in Brust und Bauch. Selbst ein Passant konnte H. kaum von der Mutter einer jungen Tochter abbringen. Nur eine Notoperation rettete ihr Leben. Rasende Eifersucht und Rachegelüste sollen H. angetrieben haben. Denn sie hatte wegen seiner Gewalt die Beziehung beendet, ein Kontaktverbot erwirkt – und ihn sogar mit einer Aussage in mehrmonatige Untersuchungshaft gebracht. Wenige Tage, nachdem er draußen war, lauerte er ihr auf.

Das Alarmsignal

Das Landgericht München I hat ihn deswegen im Februar 2022 zu vierzehn Jahren Haft verurteilt, doch Pflichtverteidigerin K. geht in seinem Namen dagegen vor. Der Bundesgerichtshof muss noch über die Revision entscheiden. Deswegen ist ihr Mandat auch nach seiner ersten, nicht rechtskräftigen Verurteilung nicht passé. Und deswegen hat K. ein Problem.

Laut einem Beschluss des Bundesgerichtshofs hat K. dort vorgetragen, ihr Mandant überschreite seit geraumer Zeit die gebotene Distanz zu ihr, was eine professionelle Verteidigung unmöglich mache – tatsächlich fantasiere er über eine Beziehung mit ihr. In Anbetracht von H.'s Gewaltgeschichte sollte das ein deutliches Alarmsignal sein. Doch der Bundesgerichtshof besteht darauf, dass K. ihr Mandat weiterführt und hat ihren Antrag abgelehnt.

Das Schreiben an die Anwältin

"Mangels hinreichendem Tatsachenvortrags" steht im Beschluss, sprich: Der 1. Strafsenat sieht K.'s Schilderungen nicht ausreichend belegt. Dabei hatte K. sogar auszugsweise ein Schreiben vorgelegt, das ihr Mandant an sie geschickt hatte. Darin steht, H.'s Mutter "wäre fast deine Schwiegermutter geworden aber was nicht ist kann werden". Das sei zwar zweifellos eine Grenzüberschreitung, gefährde aber nicht den Zweck der Pflichtverteidigung.

Zudem könnten Verteidiger regelmäßig nicht aufgrund des Verhaltens ihrer Mandanten entpflichtet werden, heißt es im Beschluss weiter. Den Verteidiger "aufs Übelste zu beschimpfen" oder ihn mit "unhaltbaren Vorwürfen" zu überziehen, reiche nicht aus. "Könnte [der Angeklagte] damit die Auswechslung eines Verteidigers erzwingen, könnte er ein Verfahren ohne sachlichen Grund nahezu beliebig verzögern und blockieren." K.'s Fall sei in dieser Hinsicht also nicht besonders.

Tatsächlich versucht H. – während er K. weiter sein Vertrauen ausspricht – derzeit seinen zweiten Pflichtverteidiger loszuwerden. Ihm wirft er vor, einen manipulierten Beweisantrag vor Gericht eingebracht zu haben. Auch diesen Antrag hat der BGH abgelehnt. Es gebe keine Hinweise auf ein Fehlverhalten des Anwalts.

Verwendete Quellen
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