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München I Trauer um OEZ-Opfer: "Die Zeit heilt keine Wunden"


Noch immer kein Erinnerungsort
Trauer um OEZ-Opfer: "Die Zeit heilt keine Wunden"


23.07.2023Lesedauer: 3 Min.
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Oberbürgermeister Dieter Reiter (2.v.r.) neben Angehörigen bei der Gedenkfeier für die Opfer des OEZ-Attentats.Vergrößern des Bildes
Oberbürgermeister Dieter Reiter (2.v.r.) neben Angehörigen bei der Gedenkfeier für die Opfer des OEZ-Attentats. (Quelle: Christoph Söller)

Angehörige organisieren Gedenkfeier für die Ermordeten des Anschlags vom OEZ. Die Stadt München will die Pflege der Gräber übernehmen.

Arberia Segashi weint, als sie sagt: "Nein, die Zeit heilt keine Wunden." Arberia ist die Schwester von Armela. Armela war 14, als sie 2016 im Olympia-Einkaufzentrum in München erschossen wurde. Sieben Jahre später steht ihre Schwester am Rednerpult auf einer Bühne und erzählt, wie sehr sie Armela vermisst – ihre Albernheiten, ihr Selbstbewusstsein, die Gespräche im Vertrauen zwischen zwei Schwestern.

Kurz blickt sie in die Menge, auf die vielen schwarzen Anzüge und weißen T-Shirts, die die Initiatoren organisiert haben. Dann sagt sie: "Ich wünschte, ich könnte auf Wolken gehen, in deine Welt, dich umarmen und dir sagen, wie sehr ich dich lieb habe."

Sieben Jahre ist der Anschlag auf das Einkaufszentrum her

Sieben Jahre ist es her, dass ein rassistischer Mörder neun Menschen im Münchner Olympia- Einkaufszentrum (OEZ) tötete. Dieses Jahr haben erstmals die Angehörigen und Überlebenden die Gedenkveranstaltung organisiert. Sie und weitere Unterstützer haben sich zur Initiative "München erinnern!" zusammengeschlossen. Zur Gedenkfeier ist auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gekommen. Die Tat bleibe "auch sieben Jahre später unbegreiflich", sagt er und stellt fest, dass "Zusammenhänge lange nicht gesehen wurden. Zusammenhänge mit Halle, Hanau, dem Mord an Walter Lübke."

Der Anschlag von München müsse künftig in einer Reihe mit diesen rechtsextremistischen Taten genannt werden. Damit spricht Reiter aus, was vielen Angehörigen wichtig ist: Dass es sich nicht um einen Amoklauf handelte, nicht um die Tat eines Verwirrten. Sondern dass der Anschlag im Zusammenhang steht mit anderen rassistischen und rechtsextremistischen Anschlägen: Exakt fünf Jahre vor der Tat in München, am 22. Juli 2011, tötete ein norwegischer Rechtsextremist auf der Insel Utoya in einem Zeltlager der sozialdemokratischen Partei 69 Menschen.

Exakt der gleiche Waffentyp wie in Norwegen

Der Täter von München verwendete bei seinen Morden exakt den gleichen Waffentyp wie der Täter von Norwegen. Als ein 21-jähriger Rechtsextremer im Dezember 2017 in New Mexico zwei Schüler tötete, tat er es seinen "Vorbildern" gleich. Der Täter von München tötete Menschen, die in seinen Augen nicht deutsch aussahen. Er kannte seine Opfer nicht, sie kannten ihn nicht. Binnen weniger Minuten ermordete er Armela Segashi (14 Jahre alt), Guiliano Kaufmann (19), Sabine S. (14), Can Leyla (14), Roberto Rafael (15), Selçuk Kılıç (15), Hüseyin Dayıcık (17), Dijamant Zabërgja (20), Sevda Dağ (45).

Viele Angehörige sind zur Gedenkfeier gekommen. Sie sprechen von ihrem Schmerz, vom Erinnern, von ihrer Enttäuschung darüber, wie mit ihnen und der Tat umgegangen wurde. Die Ermittlungen der Polizei zogen sich drei Jahre lang hin. Sie und der Bayerische Verfassungsschutz stuften die Tat zunächst als Amoklauf ein, nicht als politisch motivierten Anschlag, obwohl die rechtsextreme Gesinnung des 18-jährigen Täters offensichtlich war.

"Seit sieben Jahren kämpfen wir gegen die Stille dieser Stadt"

Samet Leyla, der Cousin des ermordeten Can Leyla, sagt: "Seit sieben Jahren kämpfen wir gegen die Stille dieser Stadt." Jetzt aber ändert sich etwas in der Gedenkkultur der Stadt München. Um die "Kontinuität des rechten Terrors aufzuzeigen und der Opfer zu gedenken", sagt OB Reiter, würden die Gräber der in München beigesetzten Opfer zu Gedenkgräbern. Damit werden der Erhalt und die Kosten für die Grabpflege von der Stadt übernommen, außerdem sollen Infotafeln über die Tat aufklären und die Opfer in den Mittelpunkt stellen.

Aber: Einen angemessenen Gedenkort gibt es noch immer nicht. Die McDonald's-Filiale im OEZ, in der fünf der neun Menschen erschossen wurden, wird nicht, wie von vielen Angehörigen gefordert, schließen und Platz machen für einen Ort der Erinnerung. Immerhin – seit Anfang des Jahres gibt es in der Dienerstraße nun einen kleinen Raum der Erinnerung, in dem nochmals die wichtigste Botschaft klargemacht wird: Es war "kein Amok, sondern rechter Terror".

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen vor Ort
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