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Neue Single: Das sagen die Sportfreunde Stiller zu ihrer Pause


Sportfreunde Stiller mit neuer Single
"Die Pause war vielleicht die Rettung"


06.05.2022Lesedauer: 7 Min.
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Peter Brugger, Rüdiger Linhof und Florian Weber (von links) sind die Sportfreunde Stiller. Am 6. Mai erscheint ihre neue Single "I'm Alright".Vergrößern des Bildes
Peter Brugger, Rüdiger Linhof und Florian Weber (von links) sind die Sportfreunde Stiller. Am 6. Mai erscheint ihre neue Single "I'm Alright". (Quelle: Frederike van der Stræten)

Ab 2016 wurde es ruhig um die Sportfreunde Stiller. Während der Pandemie überwand die beliebte Münchner Band schließlich ihre Funkstille. Ein Gespräch über Versöhnung, das Erwachsenwerden und die Frage, welchen Stellenwert Krawall in unseren Zeiten hat.

Bei all den schlechten Nachrichten aus diesem Jahr gibt es auch mindestens eine gute: Die Sportfreunde Stiller machen zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder live Musik miteinander. Die Germeringer Band ist ab Mai auf Tour, spielt in diesem Jahr Support für Herbert Grönemeyer und ist für Festivals wie Rock am Ring bestätigt. Und natürlich steht das neue Album "Jeder nur ein X" in den Startlöchern, die erste Single "I’m Alright" erscheint am 6. Mai.

Im Interview mit t-online sprechen die drei Bandmitglieder darüber, warum die Pause auch abseits der Pandemie nicht ganz freiwillig war und warum ihnen gerade eine musikalische Hymne an das Wiedersehen am Herzen liegt.

t-online: Mit "Scheiß auf schlechte Zeiten" erscheint bald ein neues Lied mit Stadion-Hit-Potenzial, das in Anbetracht der andauernden Krisenlage in den Nachrichten genau in unsere Zeit passt. Allerdings soll es nicht nur um stumpfes Verdrängen gehen, oder?

Rüdiger Linhof: Privat gelingt es immer seltener, die Nachrichten komplett auszuklammern. Mit Blick auf die Berichterstattung aus der Ukraine saßen wir in den vergangenen Tagen häufig zusammen und haben uns den Kopf darüber zerbrochen, wie man Friedensforderungen als Künstler zum Thema machen kann. Weil es einfach so unglaublich scheiße ist, was da gerade abgeht.

Florian Weber: In dem Song beschäftigen wir uns mit der Erkenntnis, dass es bei all dem schlechten Sein auch mal einen guten Schein braucht. Wir erinnern im Text trotzdem daran, dass es die miesen Momente gibt und dass sie sehr bedeutsam sind. Dennoch brauchen wir Menschen jede Menge positive Energie, um das Leben in die Hand nehmen zu können – und die Zeiten besser zu gestalten. Witzig ist eigentlich, wie dieser Ausspruch entstanden ist.

Peter Brugger: Flo konfrontierte mich mit einer Niederlage des FC Bayern. (rollt mit den Augen)

Florian Weber: Da gibt es ja dieses Fanlied: "In guten wie in schlechten Zeiten". Das habe ich angesungen. Natürlich mit Betonung auf den schlechten Zeiten, um ihn als FC-Bayern-Fan ein bisschen aufzuziehen. Und da kam von Peter die Antwort: "Ich scheiß auf schlechte Zeiten".

Ein Song, der live bestimmt einige Energien entladen wird.

Peter Brugger: Ja wir sind natürlich total gespannt, wie sich die Zuschauer verhalten werden. Ob das die totale Ekstase oder eher ein verhaltenes Klatschen mit Abstand ist. Große Konzerte zu spielen, ist nun zumindest wieder eine vage Hoffnung. Doch wie die Menschen mit der Nähe umgehen werden, die im besten Fall wieder erlaubt ist, wenn wir im September den ersten Teil unserer Deutschlandtour spielen, müssen wir noch abwarten. Ich wünsche mir natürlich, dass sich alle trauen, wieder zu feiern.

Rüdiger Linhof: Auch schon jetzt im Gespräch mit den ersten Hörern freu ich mich total darüber zu zeigen, woran wir die vergangenen Monate gearbeitet haben. Im Sommer gehen wir mit Herbert Grönemeyer auf Tour. Und wir spielen mehrere Festivals, wie zum Beispiel Rock am Ring und Rock im Park. Endlich wieder eine Resonanz zu erhalten, wird ein irre schönes Gefühl sein. Diese Art von Austausch hat in den vergangenen Jahren einfach nicht stattgefunden.

Diese Lücke liegt zum einen am Lockdown, zum anderen an eurer längeren Pause, die auch auf ein kompliziertes Bandverhältnis zurückzuführen war: In einem "Playboy"-Interview aus dem Jahr 2016 beschreibt Peter Brugger die Beziehung zu den Bandkollegen als kompliziert. Wie würdet ihr euer Verhältnis heute beschreiben?

Peter Brugger: Jetzt, wo wir darüber sprechen, erinnere ich mich an ein "Playboy"-Fotoshooting mit ganz vielen Männern und einer Dame, die in einem riesigen Martiniglas badete. Neben mir stand einer von der Kelly Family und flüsterte mit zu: "Ich bekomme so Ärger zu Hause!" Ich weiß noch, dass wir damals in eine ziemliche Band-Krise geschlittert sind.

Man darf nicht vergessen: Wir hatten zu dem Zeitpunkt schon 20 Jahre gemeinsame Geschichte auf dem Buckel. Wir wurden von Teenagern zu Erwachsenen, haben ein Projekt gestemmt, das uns viel bedeutet, und gleichzeitig ein Business zusammen aufgezogen. Zwischen feiern und raufen sind zwei Dekaden verflogen, bis die Energie auf einmal weg war. Dann herrschte tatsächlich erstmal Funkstille zwischen den Sportfreunden.

Wann war diese Funkstille beendet?

Peter Brugger: Aus großem Schweigen und großer Ungewissheit entstand schließlich der Wunsch, darüber zu sprechen, wie es mit uns weitergehen könnte. Außerdem hat uns die Musik zusammengebracht. Und wir haben eine gewisse Aufarbeitung vorgenommen.

Rüdiger Linhof: (lachend) Haben wir was aufgearbeitet?

Peter Brugger: Wir haben uns mit viel Vorsicht in die Offensive und dann wieder zurück bewegt. Wir sind da manchmal halt typisch Männer. Die zwar Sachen ansprechen, es dann aber auch wieder gut sein lassen, weil einer "Jetzt spielen wir aber Mal" sagt und allen ein Bier aufmacht. Mittlerweile wissen wir auf jeden Fall, was wir aneinander haben.

Rüdiger Linhof: Ich sagte das gerade bewusst angespitzt, denn ich finde, dass es eine Gabe ist, es auch mal gut sein zu lassen.

Florian Weber: Ich kann Pausen nicht aushalten und fand das alles ganz schrecklich. Im Nachhinein sehe ich aber ein, dass die Pause vielleicht die Rettung war. Man darf zudem nicht vergessen, dass wir uns in den vergangenen 26 Jahren auch als individuelle Persönlichkeiten weiterentwickelt haben. Und vor allem auch Familien gegründet haben, denen wir Verantwortung entgegenbringen.

Für mich hat sich herausgestellt: Kindererziehung ist das Schwerste – aber auch das Schönste. Und ob sich diese verschiedenen Verantwortungsbereiche vereinen lassen, mussten wir erst für uns herausfinden. Jetzt bin ich einfach nur froh, wieder mit den Jungs auf Tour zu gehen.

Ist das Lied "Junge" auf dem neuen Album also eine Hymne auf das Wiedersehen?

Rüdiger Linhof: Auf jeden Fall. Es gibt diese Momente, in denen man nach vielen Jahren einem alten Wegbegleiter erneut begegnet und sich eingesteht: "Eigentlich habe ich ganz schön oft an dich gedacht und mich nicht getraut, dich anzurufen."

Florian Weber: Insofern haben wir uns auch als Band die Frage aus unserem neuen Song gestellt: "Bist du immer noch mein Junge?" Und ich kann sagen: Ja!

Wohnt ihr immer noch im Süden?

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Peter Brugger: Wir sind Oberbayern treu geblieben.

Was habt während der Bandpause, aber auch in der anschließende Zwangspause durch Corona in München und Umgebung erlebt?

Florian Weber: Ich habe das Zweimannprojekt "Taskete!" gestartet und solo unter dem Namen "MS Flinte" Musik veröffentlicht. Dann habe ich meinen dritten Roman "Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken" geschrieben, der Mitte März bei Heyne erschienen ist.

Rüdiger Linhof: Wir haben davor in einer ziemlichen Blase gelebt, und ich wollte unbedingt aus der Band herauswachsen und spüren, wie so ein normales Leben aussieht. Wie gestaltet sich zum Beispiel ein gewöhnlicher Arbeitsalltag? Ich habe eine Ausbildung angefangen und mich in verschiedenen Bereichen ausprobiert. Es war für mich total wichtig, mal in eine andere Lebensrealität reinzuschauen. Da habe ich gelernt, dass so ein Bürojob mit "Jour fixe"-Geplänkel von Zwängen und Unterordnung geprägt ist. Diese Stundenstruktur fühlte sich für mich wie Peitschenhiebe an. Ich war zu dem, was da verlangt wird, vollkommen inkompatibel. Mir ist mittlerweile bewusst, was für ein Riesenprivileg es ist, Musik machen zu dürfen.

Peter Brugger: Ich habe zu Hause einen Rollentausch erlebt und war Hausmann und Daddy. Ich bin liebevoller und manchmal auch verzweifelter Vater einer Tochter. Die Zeit war super schön, aber ich freue mich, jetzt auch mal wieder unterwegs zu sein. Ansonsten habe ich noch ein kleines bayerisches Musikprojekt, Allmšik, für das wir endlich mal wieder Musik produziert haben. Ansonsten lese ich immer noch gerne – und bin weiterhin Fußballfan.

Fußball und die Sportfreunde – das war lange ein tolles Match für Feierlaune. Nun ist auch der Fußball längst keine isolierte Welt mehr, in die man sich verkriechen kann: Die Menschenrechtsverletzungen in Katar, das problematische Bayern-Sponsoring von Qatar Airways und der Aufstand der Fans, der Rückzug von Gazprom aus dem Sponsoring. Ist es aufgrund der vielfältigen Themen nicht eine wahnsinnig relevante Zeit, um eine Fußballband zu sein?

Peter Brugger: Fußball an sich ist ein unschuldiges Spiel, deshalb begeistern sich auch Milliarden Menschen dafür. Was aber sportpolitisch stattfindet, ist ein Abbild dessen, was sonst politisch passiert. Meines Erachtens nach handelt die Fifa als Weltverband unsäglich. So sind vielerlei Abhängigkeiten geschaffen worden. Dass wir die Weltmeisterschaft an Katar vergeben haben, bringt mein Herz zum Bluten. Denn ich liebe Weltmeisterschaften. Und ich weiß noch nicht, ob ich diese feiern kann.

Zum Schluss noch eine kleine Spitze: Sind die wilden und wunderbaren Jahre der Sportfreunde Stiller vorbei – und hattet ihr mal Angst davor, so unkrawallig zu werden?

Florian Weber: Die Jahre können ja trotzdem wunderbar sein, auch wenn man keine Schwabinger Krawalle ins Leben ruft. Was die Musik betrifft, denke ich zum Beispiel an unser neues Lied "Du bist eine Bank". Dann verspüre ich einen jugendlichen Esprit, den ich davor das letzte Mal auf dem "Burli"-Album gehört habe.

Rüdiger Linhof: Also in dem Kontext, in dem ich lebe, bin ich ein Hardcore-Punk. (lacht) Vielleicht geht es hier generell um die Frage, was man mit seinem Leben macht. Und wie schafft man es, halbwegs unpeinlich über die Runden zu kommen. Meine Tochter schickt mir manchmal TikToks und sagt: So könntest du es machen, dass es nicht unfassbar peinlich wird. Und ich denke mir: Echt? Das ist eine ganz schöne Aufgabe! In dem Kontext habe ich gemerkt: Krawallig zu sein, ist nicht mehr unbedingt mein Maßstab. Manchmal bin ich total gerne uncool. Weil es manche Ansagen und Veränderungen über die Jahre einfach braucht. Peinlich wäre es, für immer an einem Jugendideal festzuhalten.

Peter Brugger: Ich muss sagen, mir ist auch gerade so gar nicht nach Krawallen. Dieses Wort tut auch unserer Gesellschaft aktuell nicht gut. Momentan suchen wir doch eher nach Möglichkeiten, uns gegenseitig abzuholen und wieder nahe zu kommen. Mir ist eher nach Versöhnung. Klar empfinde ich mich mit zunehmendem Alter manchmal als bieder und habe Angst, Erwartungen zu enttäuschen. Aber im Hinblick auf die kommende Tour fühlen wir uns auch sehr gelöst und befreit.

Auf was dürfen wir uns denn im Hinblick auf die "Jeder nur ein X"-Tour freuen?

Rüdiger Linhof: Auf drei uralte weiße Männer, die gerade noch mit den Krücken auf die Bühne kommen. Mehr als 50db Lautstärke gibt es nicht mehr. Aber immerhin haben wir die Wörter Pimmel und Eier im Gepäck, damit schießen wir uns in die Wildheit zurück.

Zu den Personen: Frontsänger Peter Brugger (49), Bassist Rüdiger Linhof (49) und Drummer Florian Weber (47) aus der Münchner Vorstadt Germering bilden die Band "Sportfreunde Stiller". 2000 veröffentlichten sie ihr erstes Album "So wie einst Real Madrid", mit ihrer Single "Ein Kompliment" erreichten sie Platin-Status.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Peter Brugger, Rüdiger Linhof und Florian Weber
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