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Bayreuth: Doppelmord in Mistelbach – Grausame Details bekannt


Harte Strafen für Tochter und Freund
Doppelmord an Ärztepaar: Urteilsverkündung offenbart grausame Details

Von t-online, krei

Aktualisiert am 23.01.2023Lesedauer: 4 Min.
Der Gerichtsprozess in Bayreuth hat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Nun ist das Urteil um den Doppelmord von Mistelbach gefallen.Vergrößern des BildesDie Angeklagten vor Gericht in Bayreuth (Archivbild): Der Gerichtsprozess hat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Nun ist das Urteil um den Doppelmord von Mistelbach gefallen. (Quelle: Karmann/dpa)
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Sie hasste ihre Eltern. Deshalb stiftete sie ihren Freund an, sie zu erstechen – beim Urteil zum Doppelmord von Mistelbach kommen grausame Details ans Licht.

Unbändiger Hass auf die eigenen Eltern ist das Motiv für den Doppelmord von Mistelbach gewesen: Das Landgericht Bayreuth verurteilte die zur Tatzeit 16 Jahre alte Tochter deshalb am Montag zu einer Jugendstrafe von neuneinhalb Jahren. Sie hatte demnach vor einem Jahr ihren zwei Jahre älteren Freund zur Ermordung der Eltern gedrängt. Dieser bekam 13 Jahre und sechs Monate Jugendhaft, das Gericht stellte bei ihm zudem eine besondere Schwere der Schuld fest. Zur Urteilsverkündung waren zahlreiche Medienvertreter aus ganz Deutschland gekommen.

Nach Überzeugung des Gerichts hatte der Freund die schlafenden Eltern der sechsköpfigen Familie in der Nacht vom 8. auf den 9. Januar vergangenen Jahres mit einer Vielzahl von Stichen ermordet. Beide Eltern wurden durch die Attacken demnach zwar noch wach, erlagen aber ihren Verletzungen an Kopf und Oberkörper. Zwei der jüngeren Geschwisterkinder wurden durch die Hilfeschreie der Eltern geweckt.

Es habe sich in der fränkischen Gemeinde eine Tragödie ereignet, sagte die Vorsitzende Richterin Andrea Deyerling zur Tatnacht. "Eine Tragödie, eine Katastrophe, die in eine scheinbar heile Welt hineinbricht." Treiberin der Bluttat war dem Urteil zufolge das älteste der vier Kinder des Ärzteehepaars. "Sie handelte aus Hass gegen ihre Eltern", sagte die Richterin. Auch nach der Beweisaufnahme sei die Tat aber unfassbar geblieben.

Mutter wollte aus Angst vor der Tochter in Selbstverteidigungskurs

So war das zerrüttete Verhältnis der Tochter zu ihren Eltern zwar seit Langem bekannt. Die 47-jährige Mutter habe sogar solche Angst vor der Tochter gehabt, dass sie einen Selbstverteidigungskurs machen wollte. Die mit der pubertierenden Tochter überforderten Eltern hätten versucht, sich Hilfe beim Jugendamt zu holen.

Die Tochter habe immer wieder geäußert, die Eltern töten zu wollen, ohne dass es konkrete Anlässe für den Hass gegeben habe. So sei der Vorwurf der Tochter, der 51 Jahre alte Vater – ein Kinderarzt, der eine Zeit lang auch in Nürnberg praktizierte – soll sie mit der bloßen Faust immer wieder geschlagen haben, in der Hauptverhandlung widerlegt worden.

Von außen betrachtet bot die Familie ein idyllisches Bild: vier Kinder, die Eltern arbeiteten als Mediziner. Die Familie lebte in einem schicken Einfamilienhaus vor den Toren Bayreuths in Mistelbach. Das 51 Jahre alte Opfer war als Kinderarzt in der Region bekannt.

Gericht stellte Schwere der Schuld fest

Wegen des Alters der beiden Angeklagten wurde der Prozess bis zum Urteil unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Dabei stellte das Gericht wie gefordert die Schwere der Schuld für den inzwischen 19 Jahre alten Freund fest.

Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld ist im Jugendstrafrecht nur unter strengen Auflagen möglich und auch nur bei Heranwachsenden. Bei der Tochter war diese Feststellung nicht möglich, weil sie minderjährig ist.

Die Tochter hatte die Tatvorwürfe bestritten und allein ihrem Freund die Schuld gegeben. Die Richterin sagte, sie habe nach dem Mord mit ihrem Freund und den Geschwistern allein in dem Haus leben wollen.

Am Tag vor der Tat habe sie im Internet recherchiert, ob sie als 16-Jährige allein mit ihnen dort bleiben könne. Die Tochter sei "manipulativ", habe "keine Empathie, auch nicht für die trauernden Geschwister".

Tochter hielt ihre Geschwister davon ab, Notruf abzusetzen

So hielt sie den durch die Schreie der Mutter wach gewordenen jüngeren Bruder in der Tatnacht davon ab, einen Notruf abzusetzen, ebenso ihre jüngere Schwester. Dem panischen Bruder sagte sie demnach: "Das ist doch nicht so schlimm, wir können doch alle im Haus wohnen bleiben."

Der Verteidiger des Freunds der Tochter, Hilmar Lampert, sagte über seinen Mandanten: "Er bereut seine Tat zutiefst und schämt sich unendlich hierüber." Er selbst habe kein eigenes Motiv für die Tat gehabt, habe sich bei den Eltern der Freundin wohlgefühlt. Die Tat habe er aus Liebe zur Freundin begangen. "Wenn er die Angeklagte nicht kennengelernt hätte, wäre es nicht dazu gekommen."

Keine Öffentlichkeit beim Prozess zugelassen

Die Öffentlichkeit war zur Urteilsverkündung wieder zugelassen – abgesehen vom Prozessauftakt im Oktober war hinter verschlossenen Türen verhandelt worden. Gründe waren die psychische Verfassung und das Alter der Angeklagten.

33 Zeuginnen und Zeugen wurden nach Worten eines Justizsprechers in dem Verfahren vernommen, vier Sachverständige gaben Auskünfte, darunter zwei Rechtsmediziner.

Die Staatsanwaltschaft hatte gefordert, die Angeklagten wegen Mordes in zwei Fällen schuldig zu sprechen. Der 19-Jährige solle wegen der besonderen Schwere der Schuld zu einer Jugendstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten verurteilt werden. Für die 17 Jahre alte Angeklagte hatte die Staatsanwaltschaft neun Jahre und sechs Monate gefordert.

Der Verteidiger des Mädchens verlangte dagegen einen Freispruch, da die Mittäterschaft der Jugendlichen nicht erwiesen sei. Der Verteidiger des 19-Jährigen sprach sich für eine Haftstrafe von 9 Jahren und 6 Monaten aus, eine besondere Schwere der Schuld konnte er bei seinem Mandanten nicht erkennen.

Der Artikel wurde am 23.1.22 gegen 14.15 Uhr um Details aktualisiert.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen afp/dpa
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