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Versprechen an Hoeneß: Auch Thomas Tuchel muss jetzt beim FC Bayern liefern


Tuchel und der Vereinspatron
Die Bayern-Krise ist jetzt Chefsache

Von Julian Buhl

Aktualisiert am 26.04.2023Lesedauer: 5 Min.
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Bayern-Trainer Thomas Tuchel: Er steht in München bereits massiv unter Druck. (Quelle: IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON)

Uli Hoeneß stattet Thomas Tuchel einen öffentlichkeitswirksamen Besuch auf dem Trainingsplatz des FC Bayern ab. Der Chefcoach ist Teil der Krise und hat bereits Fehler gemacht.

Vom FC Bayern berichtet Julian Buhl

Thomas Tuchel war gerade dabei, ein Kleintor, dessen Querlatte er auf seine rechte Schulter gehievt hatte, über den Trainingsplatz an die richtige Position zu schleppen. Der Trainer des FC Bayern sah bereits von Weitem, was da auf ihn zukam – genauer gesagt: wer.

Während er am Mittwochvormittag damit beschäftigt war, die Übungseinheit vorzubereiten, stand mitten auf dem Trainingsplatz an der Säbener Straße nämlich plötzlich kein Geringerer als Uli Hoeneß vor ihm. Der Ex-Profi trug sogar Sportschuhe, allerdings auch dunkelblaue Jeans und ein Hemd mit einem dunklen Pullover sowie einem grauen Schal darüber. Er begrüßte Tuchel schließlich mit einem schelmischen Grinsen und innigem Handschlag. Sein Outfit ließ bereits erahnen: Zum Trainieren war der 71-Jährige nicht gekommen.

Nein, sein Auftritt hatte vielmehr großen Symbolcharakter. In diesen turbulenten Zeiten, die der FC Bayern momentan durchlebt, war Hoeneß erschienen, um höchstpersönlich nach dem Rechten zu sehen. Sein Besuch hatte etwas von einem öffentlich geplanten Staatsakt. Denn sämtliche Fotografen und Reporter konnten und sollten ihm dabei zuschauen. Die Botschaft, die er damit aussandte, war eindeutig: Jetzt macht Hoeneß die Bayern-Krise endgültig zur Chefsache!

Hoeneß bestimmt weiterhin mit beim FC Bayern

Eigentlich hat sich Hoeneß ja bereits 2019 vom Präsidentenamt zurückgezogen. Als Mitglied des mächtigen Aufsichtsrats verfolgt und bestimmt er die Geschicke seines Herzensklubs aber weiterhin mit.

Erst recht, wenn dieser derart turbulente Zeiten wie in diesen Tagen erlebt, die ihn in seinen Grundfesten erschüttern. Dem Viertelfinalaus in DFB-Pokal und Champions League folgte am Samstag mit dem desolaten 1:3 in Mainz fünf Spieltage vor Saisonende auch noch der Sturz von der Tabellenspitze. Nun droht den Bayern, die zuletzt ein komplettes Jahrzehnt als deutscher Meister geprägt haben, das – zumindest in ihrer Welt – eigentlich Undenkbare: eine titellose Saison.

Und deshalb steht beim FC Bayern momentan wirklich alles und jeder infrage – insbesondere die von Hoeneß als seine Erben beziehungsweise Vorstandsboss, Sportvorstand sowie Präsident eingesetzten Oliver Kahn, Hasan Salihamidzic und Herbert Hainer.

Auch Tuchel ist Teil der Bayern-Krise

Tuchel wurde erst vor einem Monat anstelle des damals entlassenen Julian Nagelsmann als Chefcoach verpflichtet. Er bekommt die Auswirkungen dieser mittlerweile schon historischen Bayern-Krise voll zu spüren. Mit nur zwei Siegen, zwei Unentschieden und drei Niederlagen hat er schließlich den schlechtesten Start aller Bayern-Trainer seit Sören Lerby vor über 30 Jahren hingelegt. Dabei verspielte er bereits zwei der drei möglichen Titel.

Zum Vergleich: Nagelsmann kassierte in dieser Saison ebenfalls drei Niederlagen, aber in 37 Pflichtspielen. Von dessen bevorzugter Dreierkette war Tuchel zunächst abgerückt – und stellte erst in Mainz wieder auf die vorherige Grundordnung in der Defensive zurück. Das bisherige Ergebnis: Zwölf Gegentore in sieben Spielen und komplette Verunsicherung in der Mannschaft.

Video | Expertin offenbart: Deshalb hat Tuchel gute Chancen
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Quelle: t-online

Es war sicher kein Zufall, dass nun ein wild gestikulierender Hoeneß vor ihm auf dem Trainingsplatz stand, der 15 Minuten lang leidenschaftlich auf ihn und seinen Co-Trainer Anthony Barry einredete, zwischenzeitlich dabei sogar impulsiv seine Faust ballte. Was er genau sagte, war nicht zu hören. Es würde aber wenig wundern, wenn die Kernbotschaft dieses von Hoeneß in aller Öffentlichkeit aufgeführten Schauspiels wäre: Jetzt erst recht!

Alarmierende Worte von Tuchel in Mainz

Nach der Niederlage in Mainz hatte – wie sämtliche Spieler und Verantwortlichen – auch der eigentlich mit Triple-Hoffnungen in München angetretene Tuchel bereits ziemlich ernüchtert und ratlos gewirkt. "Wir tun uns wahnsinnig schwer, Spiele zu gewinnen", sagte er dort. "Wir können uns nicht mehr aufbäumen. Geht nicht. Ich weiß nicht, wieso."

Es sei "einfach zu viel passiert für die Mannschaft, die kann sich nicht mehr auflehnen dagegen, wenn Dinge schieflaufen". Die Mannschaft wirke, als hätte sie schon 80 Spiele gemacht, so Tuchel, "sie wirkt ausgelaugt". Es waren geradezu alarmierende Worte, die Tuchel da auch mit Blick auf den ja auch noch nicht endgültig verlorenen Meisterkampf mit Borussia Dortmund fand, das gerade mal einen Punkt mehr als Bayern hat.

Anschließend hatte er seiner Mannschaft bis Mittwoch trotzdem drei freie Tage gegeben, um sich für die Rettungsmission des letzten verbliebenen Saisonziels zu sammeln. Tuchel sei der Letzte, über den man beim FC Bayern diskutieren müsse, stellte Kahn in Mainz klar. Doch der Trainer selbst widersprach ihm und sagte: "Ich fühle mich immer verantwortlich."

Diese Fehler machte Tuchel bereits

Mit seinen Entscheidungen im Duell mit seinem Ex-Klub hatte er zumindest für viele Fragezeichen und nach t-online-Informationen auch innerhalb der Mannschaft für Verwunderung gesorgt. Vor allem seine Aufstellung stieß auf Unverständnis, weil er darin seine beiden formstärksten Offensivspieler, Kingsley Coman und Leroy Sané, in diesem Schlüsselspiel im Kampf um die Meisterschaft nicht berücksichtigte.

Unmittelbar nach dem Gegentreffer zum 1:2 wechselte er auch noch Joshua Kimmich und Thomas Müller aus. Damit war die Mannschaft endgültig führungslos auf dem Platz – auch wenn die beiden Kapitäne zuvor beide zweifellos nicht ihren besten Tag erwischt hatten.

Pl.MannschaftSp.SUNToreDiff.Pkt.Form
1
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Bayern
34218592:38+5471
2
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Dortmund
34225783:44+3971
3
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Leipzig
34206864:41+2366
4
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Union
34188851:38+1362
5
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Freiburg
34178951:44+759
6
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Leverkusen
341481257:49+850

Mit nicht erfolgten Wechseln hatte Tuchel dagegen schon beim Hinspiel in Manchester unglücklich agiert. Alphonso Davies ließ er nach einer ganz schwachen ersten Halbzeit, in der er mit seinem Gegenspieler komplett überfordert war, auf dem Feld. Genauso wie Dayot Upamecano, nachdem der sich bereits zu Beginn der zweiten Halbzeit mehrere gravierende Fehler geleistet hatte. Beim entscheidenden 0:2 durch Erling Haaland patzte er dann erneut folgenschwer.

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Nach dem 0:3 hatte Tuchel, der mit seiner klaren Kommunikation bislang eigentlich überzeugt hat, dann trotzdem davon gesprochen, "schockverliebt" in seine Mannschaft zu sein. Dem folgte nun die Schockstarre in Mainz.

Auch er muss in der Krise jetzt liefern. Für Stefan Effenberg geht Tuchel zwar noch "mit keinem Makel in die kommenden Wochen und Monate", wie der ehemalige Bayern-Kapitän zuletzt in seiner t-online-Kolumne schrieb. "Für ihn gilt es jetzt aber, die Meisterschaft nach München zu holen." Das Pokalaus gegen Freiburg könne als erst zweite Partie seiner Amtszeit noch nicht der Maßstab sein, so Effenberg: "An der Meisterschaft wird er aber schon gemessen, dafür hat er jetzt genügend Spiele Zeit."

Tuchels emotionales Versprechen an Hoeneß

Bei seiner Vorstellung erzählte Tuchel von einem vorangegangenen Telefonat mit Hoeneß. "Der FC Bayern ist Uli Hoeneß und Uli Hoeneß ist der FC Bayern", sagte der 49-Jährige damals: "Ich habe dem Uli Hoeneß bei der Unterschrift versprochen, dass wir auf die Werte des Vereins aufpassen werden."

Davon überzeugte sich der Klubpatron bei seinem Besuch an der Säbener Straße jetzt selbst. Gegen 11 Uhr, noch bevor die Spieler erschienen, denen er schon nach dem Aus gegen Manchester einen Kabinenbesuch abgestattet hatte, verschwand Hoeneß wieder von der Außenanlage.

Es ist davon auszugehen, dass er anschließend auch noch die Vorstandsetage aufsuchte. Denn auch dort hat Hoeneß momentan Redebedarf. Ziemlich großen sogar.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen und Recherche
  • Hintergrundgespräche
  • Vorstellungspressekonferenz von Thomas Tuchel am 25. März
  • Pressekonferenz von Thomas Tuchel nach dem 0:3 in Manchester
  • Pressekonferenz von Thomas Tuchel nach dem 1:3 in Mainz
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