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1. FC Köln: Peter Stöger vor erster Saison in der Bundesliga


Peter Stöger im Interview
"Ich muss mich hier nicht selbstverwirklichen"

Von t-online
Aktualisiert am 13.08.2014Lesedauer: 6 Min.
Peter StögerVergrößern des BildesPeter Stöger geht in seine erste Bundesliga-Saison. (Quelle: Eibner International/imago-images-bilder)
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Das Interview führte Marc L. Merten

Er ließ die Champions League sausen, um nach Deutschland in die Zweite Liga zu wechseln. Nach dem Aufstieg mit dem 1. FC Köln steht Peter Stöger nun vor seiner ersten Saison als Trainer in der Bundesliga. t-online.de sprach mit dem 48-Jährigen über das Image-Problem österreichischer Trainer, über Kölns Abschied vom früheren Utopie-Denken, über die Crux einer fairen Mannschaft und warum er seine Spieler einen "privilegierten Sauhaufen" nennt.

t-online.de: Herr Stöger, Sie haben die Champions League mit Austria Wien sausen lassen, um es über den Umweg Zweite Liga in die deutsche Bundesliga zu schaffen. Wie fühlt es sich an, angekommen zu sein?
Peter Stöger: Das fühlt sich sehr gut an. Wäre ich jetzt direkt in die Bundesliga gewechselt, weil jemand die Idee hatte, einen Österreicher als Trainer zu holen, wäre das sicher auch eine super Geschichte gewesen. Da hätte ich mich nicht gegen gewehrt. Aber bereits ein Jahr lang in der zweiten Liga etwas mit aufgebaut zu haben, ist eigentlich das Idealszenario, das man sich erträumen kann.

Nicht jeder hat Ihren Schritt verstanden, Ihrem Heimatverein, der Austria, für einen deutschen Zweitligisten den Rücken zu kehren. Wie sehen Sie den Stellenwert österreichischer Trainer?
Ich habe einmal gesagt, dass wir Trainer in Österreich nicht als die Fachkräfte gesehen werden, die wir sind. Im Ausland kommt noch dazu, dass man vom österreichischen Markt nicht allzu viel mitbekommt. Deswegen ist es etwas Besonderes, als österreichischer Trainer nach Deutschland zu wechseln. Da muss sich jemand schlau gemacht haben, muss eine Idee gehabt haben, dass dieser Typ passen könnte. Hier in Deutschland erfahre ich große Wertschätzung. Und jetzt erkennt man auch in meiner Heimat, dass das, was wir früher, beispielsweise bei Wiener Neustadt oder der Austria, geleistet haben, nicht so schlecht war. Nur wird das, was wir hier in Köln machen, jetzt zuhause als etwas Außergewöhnliches gesehen – obwohl es sich nicht von dem unterscheidet, was wir früher in Österreich gemacht haben. Das ist schon witzig.

Die Wertschätzung Ihrer Person hat sich in der Sommerpause in einem neuen Vertrag bis 2017 niedergeschlagen. Sie sagten, Sie hätten auch einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben.
Ich hätte auch normal weitergearbeitet, wenn wir uns nicht auf einen neuen Vertrag verständigt hätten. Für mich ist Bundesliga-Fußball etwas Außergewöhnliches. Das war unser großes Ziel. Darauf haben wir ein Jahr lang hingearbeitet. Ich hätte keine Sekunde darüber nachgedacht, hier alles stehen zu lassen.

Aber der neue Vertrag war ein positives Signal der handelnden Personen an Sie.
Es gibt ja immer zwei Bereiche: Einmal war es eine Bestätigung, dass wir den eingeschlagenen Weg sportlich weiter erfolgreich gehen wollen. Andererseits war es ein Zeichen, dass wir menschlich gut zusammenpassen. Das geht, finde ich, über das rein Berufliche hinaus. Es ist eine Basis da, gemeinsam etwas bewegen zu wollen. Das ist sehr erfreulich.

Wie sieht dieser gemeinsame Weg aus?
Der Plan ist, dass wir uns wieder in der Bundesliga etablieren. Deshalb wollen wir in den nächsten drei Jahren alles Stück für Stück weiterentwickeln. Meine Aufgabe ist es, die Spieler besser zu machen. Das ist der ureigene Job als Trainer. Wenn jeder Spieler individuell besser wird, musst du dich schon wahnsinnig dumm anstellen, dass die Mannschaft schlechter wird.

Das heißt, dass es in dieser Saison für den FC erst mal nur um den Klassenerhalt gehen kann.
Ich habe das Gefühl, dass die meisten Menschen hier in Köln realistisch geworden sind und sehen, dass es eine große Herausforderung für uns ist, in der Bundesliga zu bleiben. Das frühere Denken, dass man aufsteigt und direkt was Großes in der Bundesliga erreichen kann, ist in diesem Ausmaß nicht mehr vorhanden. Die Leute verstehen, dass wir den Klub in kleinen Schritten wieder aufbauen müssen. Platz 15, keine Relegation, kein Abstieg, das ist das Wichtige für den Klub.

Inwiefern muss der FC sein Spiel eine Liga höher verändern?
Auf die Jungs kommt viel zu. Wir haben uns zwar verstärkt, aber die Qualität der Gegner ist eine ganz andere. Wir werden flexibler spielen müssen. Die Spieler werden auf dem Platz schneller entscheiden müssen, was geht und was nicht. Wir haben ein Team, das spielerisch stark ist. Diese Idee wollen wir weitertragen, wenn es geht. Aber wir werden auf schnellere Spieler treffen, auf kompaktere Mannschaften, auf höhere Individualität. Gerade im Defensivverbund müssen wir Fehlerquellen so gut es geht reduzieren. Ein Spieler wie Lewandowski macht aus keiner Chance zwei Tore. So was hast du in der zweiten Liga nicht.

Sie wollen also versuchen, nicht nur auf Konter zu spielen?
Unsere Spielidee wird bleiben. Wir werden versuchen, im Ballbesitz zu sein. Das wird jetzt nicht so ausschauen wie bei Bayern München, das ist klar. Aber grundsätzlich wollen wir unsere Spieler dazu bringen, fußballerisch unterwegs zu sein. Spieler wie Osako oder Halfar werden auch um Punkte laufen und kämpfen, aber ihre Qualitäten haben sie, wenn sie um Punkte spielen können. Die Frage wird sein: Wie viel Arbeit ist gefragt und wie viel Spiel ist noch möglich?

Welche Problemzonen hat Ihre Mannschaft?
Wir haben natürlich mehrere Problemzonen, das sage ich ganz ehrlich. Aber die werde ich ganz bestimmt nicht kundtun.

Dann eben anders: Welche Schwächen sehen Sie in Ihrem Kader?
Nun, wir waren letzte Saison die fairste Mannschaft der Liga. Wir sind nicht einfach mal richtig reingestiegen, wenn es mal nicht so lief. Wir haben es versucht, spielerisch zu lösen. Das hat mir wahnsinnig imponiert. Dazu stehe ich auch. Aber das kann eben nächste Saison auch mal zum Problem werden.

Und die Stärken?
Unsere Stärke ist die Homogenität im ganzen Verein. Das mag für jemanden, der sich mit dem FC über die letzten zehn bis zwanzig Jahre beschäftigt hat, fast ein wenig komisch wirken. Aber das ist so. Das Gemeinsame, das alle hier verbindet, ist auch in der Mannschaft drin. Was schon letzte Saison der ausschlaggebende Faktor war, ist, dass wir als absolutes Kollektiv aufgetreten sind. Letzte Saison hatten alle Spieler den Traum, Bundesliga zu spielen. Jetzt geht es darum, diesen Traum zu verteidigen.

Diverse Bundesligisten testen in der Vorbereitung die Dreierkette in der Defensive. Ist das auch für Sie eine Option?
Nein, wir werden unser System nicht umstellen. Wir können es uns nicht leisten, als Aufsteiger alles über Bord zu werfen, was letzte Saison gut funktioniert hat. Die Spieler müssen sich im System gut aufgehoben fühlen. Ich mag die Idee des 3-4-3, aber ich muss mich hier nicht selbstverwirklichen. Es geht einzig und allein darum, der Mannschaft ein sicheres Gefühl zu vermitteln und sie Stück für Stück dahin zu entwickeln, wo wir glauben, dass sie am besten funktioniert. Deshalb wird die Dreierkette bei uns so nicht kommen.

Die haben Fußballprofis mal als „privilegierten Sauhaufen“ bezeichnet. Was haben Sie damit gemeint?
(lacht) Man sagt so was ja nur, wenn man weiß, dass seine Jungs eigentlich kein Sauhaufen sind. Sonst würde man das nicht so liebevoll sagen. Aber ich stehe dazu, dass wir alle Glück haben, im Fußball zu arbeiten. Wir reden zwar von Druck. Klar, jeder will gewinnen! Damit lebe ich jetzt schon fast 30 Jahre. Aber wir sollten es schon mal auf das reduzieren, was wir haben. Da sind wir ganz oben angesiedelt in Sachen Glück. Das trifft im Übrigen auch auf Euch Journalisten zu. Wenn wir unzufrieden sind mit irgendwas, finde ich, sollten wir uns auf ein Glas Kölsch oder einen Kaffee irgendwo hinsetzen und schauen, wie andere Menschen jobtechnisch unterwegs sind, was die für Druck haben und was für einen Output. Und dann sollten wir an das denken, was wir zum Beispiel hier in Köln am Sonntag hatten (offizielle Saisoneröffnung, Anm. d. Red.). Das beschissenste Wetter, das es gibt, aber 30.000 Zuschauer, die sich freuen, wenn der „privilegierte Sauhaufen“ auf die Bühne kommt. Da weiß man, dass man Glück hat.

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