Bester Bastian Schweinsteiger aller Zeiten könnte erst noch kommen

Erst bekam Bastian Schweinsteiger am Montagnachmittag gemeinsam mit den anderen Weltmeistern im Schloss Bellevue in Berlin das Silberne Lorbeerblatt von Bundespräsident Joachim Gauck verliehen. Am Abend dann schritt der 30-Jährige den roten Teppich in der Landeshauptstadt entlang. Die Premiere des WM-Films "Die Mannschaft" stand an diesem 10. November auf dem Programm. Zwei Tage zuvor, in Frankfurt, nahm er im Smoking stellvertretend für die DFB-Elf den Preis "Sportler mit Herz" entgegen.

Die Bühnen des Weltmeisters sind in diesen Tagen andere. Gala-Auftritte feiert Schweinsteiger derzeit überall - nur nicht auf dem Rasen. Doch damit soll bald Schluss sein. Und das dürfte auch ganz im Interesse des Weltmeisters sein. Das Comeback des Superstars rückt immer näher. Wann er wieder ins Mannschaftstraining einsteigt, ist nur noch eine Frage von Tagen, nicht mehr von Wochen.

Es kann keinen genauen Comeback-Termin geben

"Es sieht ganz gut aus, und ich hoffe es. Aber das können nur die Verantwortlichen des FC Bayern entscheiden. Ich würde mich freuen", sagte Bundestrainer Joachim Löw gegenüber der "Bild"-Zeitung auf die Frage, ob der emotionale Leader noch in diesem Jahr auf den Fußballplatz zurückkehren wird.

Löw hatte Schweinsteiger eigens in München besucht, um sich persönlich ein Bild vom Gesundheitszustand seines neuen Kapitäns zu machen. Schweinsteiger selbst sprach zuletzt nur vage über einen Rückkehrtermin. "Ich bin gesundheitlich auf einem guten Weg", betonte er gegenüber dem "kicker". Er weiß, dass bei einer Patellasehnenreizung vor allem Geduld gefragt ist und Rückschläge immer wieder ein fast schon sicheres Comeback hinausschieben können.

Kreislauf endgültig durchbrochen

Mit Rückschlägen kennt sich Schweinsteiger aus. 2011 befand er sich in der Form seines Lebens. Dann brach er sich im Champions-League-Spiel gegen den SSC Neapel am 2. November 2011 das Schlüsselbein. Seitdem kämpfte er sich immer wieder heran, wurde von weiteren Verletzungen zurückgeschmissen, spielte trotz Wehwehchen, die ihn daran hinderten sein einstiges Niveau dauerhaft wieder zu erreichen. Er musste sich mit der "Bild"-Zeitung herumschlagen, die Stimmung gegen ihn machte, weil er sich ihr entzog. Der Star musste sich immer wieder rechtfertigen, warum er Chef und kein Chefchen sei und dass er sich weiterhin als wichtigen Teil der Nationalmannschaft und des FC Bayern sähe.

Ein immer wiederkehrender, ermüdender Kreislauf. Ein Hamsterrad, aus dem es nur einen Ausweg gab. Schweinsteiger musste Titel gewinnen und zwar die ganz großen. Nur so hatte er eine Chance, seine Kritiker zum Schweigen zu bringen. Mit dem Gewinn des Champions-League-Titels 2013 war der Befreiungsschlag gelungen. Der ganz große Coup folgte nun 2014 in Brasilien.

Kein Typ wie jeder anderer

Und spätestens nach dem Finale gegen Argentinien, als Schweinsteiger mit blutverschmiertem Gesicht bis zum Umfallen gekämpft hatte und endgültig zum Vorbild einer ganzen Generation junger Fußballer emporstieg, kann sich auch die "Bild"-Zeitung nicht mehr herausnehmen, den deutschen Volkshelden mit konstruierten Geschichten ans Bein zu pinkeln.

Dass sich Schweinsteiger schon immer im besonderen Maße mehr als andere mit Fußball und dem Sport an sich auseinandersetzte, dass er immer schon etwas mehr trainierte als andere und immer auch das Große und Ganze im Blick hatte, interessierte damals kaum jemanden. Jetzt hört man zweimal hin, wenn Männer wie Bayerns Sportvorstand Matthias Sammer solche Sätze wie diese über Schweinsteiger sagen. "Er ist eine eigenständige Persönlichkeit mit ganz eigenen Denkweisen. Er ist besonders."

Sammer: "Er trägt hochsensible Züge in sich"

Die letzten Jahre haben Schweinsteiger viel Substanz gekostet. Um die sportlichen Ziele zu erreichen, ist er körperlich und geistig bis an die Grenzen und darüber hinaus gegangen. Sein Körper hat nun eine längst fällige Auszeit genommen. Die Zeit hat Schweinsteiger genutzt und auch in seinem engsten privaten Umfeld offenbar eine wichtige Veränderung vorgenommen.

"Er trägt hochsensible Züge in sich. Wenn es ihm nicht so gut geht, dann braucht er auch Abstand, doch wir als Verein akzeptieren das", sagt Sammer. Solche Sätze hätte früher keiner öffentlich über Schweinsteiger gesagt. Man hätte es dem Spieler negativ auslegen können. Nun ist er über jeden Zweifel erhaben und kann endlich so sein, wie er ist. Auf der einen Seite ein harter, akribischer Fußballarbeiter, auf der anderen Seite ein Spaßvogel, der auch gerne mal den glamourösen Auftritt liebt.

Kommt sogar noch eine Steigerung?

Da er sich aber in erster Linie als Vollblutfußballer sieht, kann man davon ausgehen, dass der Bayern-Star seinen Fans noch ein paar Jahre erhalten bleiben wird. Während Teamkollege Philipp Lahm, längst nicht so von Verletzungen geplagt, bereits seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft bekanntgegeben hat, träumt Schweinsteiger vom EM-Titel 2016. Es gibt schlechtere Voraussetzungen, als frei von aller Last, das tun zu können, was man am meisten liebt. Gut möglich, dass dem deutschen Fußball der beste Schweinsteiger aller Zeiten noch bevorsteht.

"Bis jetzt hat es ja mit meinen Comebacks immer sehr gut geklappt. Ich freue mich, wenn ich der Mannschaft spätestens in der Rückrunde wieder helfen kann", ist Schweinsteiger voller Hoffnung.