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Transfermarkt Bundesliga: Experte rechnet mit "100-Mio-Transfer"


Experte zum Transfermarkt
"Bald 100-Millionen-Transfer in der Bundesliga"

t-online, Sebastian Schlichting

Aktualisiert am 02.09.2015Lesedauer: 4 Min.
Trendforscher Eike Wenzel sieht eine gewisse Gefahr, dass der FC Bayern der Bundesliga-Konkurrenz enteilt - wie hier FCB-Profi Douglas Costa (li.) Wolfsburgs Vieirinha.Vergrößern des BildesTrendforscher Eike Wenzel sieht eine gewisse Gefahr, dass der FC Bayern der Bundesliga-Konkurrenz enteilt - wie hier FCB-Profi Douglas Costa (li.) Wolfsburgs Vieirinha. (Quelle: MIS/imago-images-bilder)
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Die Transferperiode ist vorbei. Vor allem englische Klubs haben richtig Geld ausgegeben. Wird es künftig so weitergehen? Trend- und Zukunftsforscher Eike Wenzel beobachtet die Entwicklungen im international Fußball seit vielen Jahren. Wenzel spricht über die Transfermarkt-Blase, immer weiter steigende Ablösesummen und die Auswirkungen des Geldes aus England auf die Bundesliga.

t-online.de: Herr Wenzel, in den letzten Tagen fielen rund um die Ereignisse auf dem Transfermarkt oft Begriffe wie "Wahnsinn" und "irre". Wie beurteilen Sie die zurückliegende Transferperiode?
Eike Wenzel: Die Engländer haben momentan wahnsinnig viel Geld zur Verfügung und wissen nicht wohin damit. Dies führt zu Merkwürdigkeiten und Paradoxien auf dem Transfermarkt. Wer lernen möchte, wie auf Märkten Blasen entstehen, kann das momentan sehr gut tun.

Manchester City zahlt 74 Millionen Euro für Wolfsburgs Kevin de Bruyne, der FC Liverpool 41 Millionen Euro für Hoffenheims Roberto Firmino, um nur zwei Beispiele zu nennen. Und die Erlöse aus dem Mega-TV-Vertrag bekommen die englischen Klubs erst nächstes Jahr. Was ist noch zu erwarten?
Die Schraube wird sich weiterdrehen und wir werden bald den ersten 100-Millionen-Transfer aus der Bundesliga Richtung England haben. Vielleicht noch nicht nächstes, aber in zwei oder drei Jahren.

Sind diese Summen der Öffentlichkeit noch irgendwie zu erklären?
Eine Ethik-Diskussion ist bislang beim Fußball nicht angelangt. Aber sie wird kommen, das ist auch völlig richtig. Das einzige Modell, um die Spirale zu stoppen, wäre ein Salary Cap.

Eine Obergrenze bei Transfersummen, wie sie bereits aus der Bundesliga gefordert wird.
Der Salary Cap bei den Gehältern hat sich in den USA bewährt. Aber ich sehe da eine Art Wettbewerbsverzerrung. Das passt nicht zum in Europa vorherrschenden Glauben daran, dass man ja immer noch ein Verein ist und selbständig entscheiden kann. Bevor uns das gesamte System um die Ohren fliegt, würde die Begrenzung jedoch sicher kommen.

De Bruyne war einer der Hauptgründe dafür, dass dem VfL Wolfsburg zugetraut wurde, dem FC Bayern gefährlich zu werden. Nun spielt er in Manchester.
Es gibt eine gewisse Gefahr, dass die Bayern dem Rest auf Dauer enteilen. Es hieß ja schon beim Dante-Transfer: Jetzt kauft der Zweite die Ausgemusterten vom Ersten. Aber ich sehe vier bis fünf Vereine, die es immer mal wieder schaffen können, an die Bayern heranzukommen. Darunter auch weiterhin Wolfsburg.

Felix Magath beispielsweise hat die Befürchtung geäußert, dass die Bundesliga gegenüber England den Anschluss verliert. Sehen Sie die Gefahr auch?
Ich sehe das entspannt. Wenn die Bundesligaklubs ihren eingeschlagenen Weg weitergehen, bleiben sie konkurrenzfähig. Es ist davon auszugehen, dass die Engländer in den Halbfinals der Champions League wieder präsenter sein werden. Aber dass sie dauerhaft zum FC Barcelona, Real Madrid oder dem FC Bayern aufschließen, glaube ich nicht.

Warum nicht?
Sie können jeden Spieler kaufen, den sie wollen. Aber es muss auch funktionieren, die berühmte Philosophie muss da sein. Diesen Nachweis haben englische Klubs bisher nicht erbracht.

Wann platzt die angesprochene Blase bei den Ablösesummen?
Sollten wir in eine Rezession geraten und sich Investoren, von denen der englische Fußball extrem abhängig ist, zurückziehen, wäre das möglich. Dann würde eine weitere Unwucht in den Markt kommen. Damit rechne ich allerdings in nächster Zeit nicht.

In England gibt es viele Investoren, in Deutschland nach wie vor die 50+1-Regel.
Diese wird auf absehbare Zeit durchlöchert werden. Bestimmte Prozesse lassen sich einfach nicht aufhalten. Deswegen wäre es meiner Meinung nach Unsinn zu denken, wir können da noch lange dran festhalten.

Gibt es für den Fußball-Boom keine Grenzen?
Man kann die sozioökonomische und soziokulturelle Bedeutung des Fußballs kaum überschätzen. Ich kann mir kein besseres globales Unterhaltungsprodukt vorstellen. Durch die rasende Entwicklung der Sozialen Medien gab es einen weiteren Schub. Was das Sponsoring angeht, wird der Fußball unter normalen Umständen nicht mehr nachhaltig abstürzen, sondern weiter zulegen.

Kann es passieren, dass die Fans in Deutschland irgendwann die Lust verlieren aufgrund der immer weiter voranschreitenden Kapitalisierung und immer absurderer Ablösesummen?
Die alten Werte werden stets gern beschworen. Doch Vereine wie zum Beispiel Borussia Dortmund oder der FC Schalke 04 sind inzwischen auch komplett durchkapitalisiert. Das Arbeitermilieu wird nur noch als Mäntelchen drüber gehängt. Die Mehrzahl der Fans scheint mit dem Fußball, wie er heute ist, einverstanden zu sein.

Aus England schwappt nun sehr viel Geld nach Deutschland. Was bedeutet das für die Bundesliga?
Die Klubs haben so viel Geld in der Hand wie nie. Das hat etwas vom reichen Onkel aus Amerika, nach dem Motto, "wir haben geerbt".

Ist das mehr Chance oder mehr Gefahr?
Beides. Es besteht die Gefahr, viel falsch zu machen. Die Vereine müssen jetzt bei sich bleiben und weitermachen wie bisher. Etwa weiter in den Nachwuchs und die Infrastruktur investieren. Auf der anderen Seite ist das Ganze wie ein Lottogewinn mit großen Chancen. Der eine oder andere Manager besonders bei den kleineren Klubs steht vor einer großen Herausforderung.

Welche Herausforderungen sind das?
Alles wird noch komplexer. Viele entscheidende Leute in den Vereinen haben wenig Managementerfahrung außerhalb des Fußballes. Aber sie haben jetzt noch mehr Geld und noch mehr Einfluss. Daher wird es eine weitere Professionalisierung geben müssen.

Ist England bei der Professionalisierung weiter?
Abgesehen von ein, zwei Top-Klubs eher nicht. Die Engländer haben einfach das Glück, dass das Geld quasi vom Himmel gefallen ist.

Wird es vor dem Hintergrund der finanziellen Entwicklung in Deutschland in Zukunft keine Wunder-Aufstiege wie aktuell den des SV Darmstadt 98 mehr geben?
Die Befürchtung, dass viele Klubs abgehängt werden, gab es vor 20 Jahren auch schon. Darmstadt ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass es doch geht. Oft wird es das nicht geben, doch es wird weiterhin möglich sein. Allerdings nur, wenn auch Zweitligisten immer professioneller werden.

Das Interview führte Sebastian Schlichting

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