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Pal Dardai im Interview: "Ich will mich nicht manipulieren lassen"


Hertha-Trainer Dardai
"Ich bin nie sauer, wenn ein Spieler wegen des Geldes geht"

InterviewEin Interview von Benjamin Zurmühl

05.04.2018Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Seit drei Jahren Cheftrainer von Hertha BSC: Pal Dardai.Vergrößern des Bildes
Seit drei Jahren Cheftrainer von Hertha BSC: Pal Dardai. (Quelle: Matthias Koch/imago-images-bilder)

Er bezeichnet seine Spieler als seine "Söhne" und trägt sein Herz auf der Zunge: Pal Dardai. Im Interview mit t-online.de übt der Ungar Medienkritik und zeigt Verständnis für wechselwillige Spieler.

Seit mehreren Jahren sucht Hertha BSC nach einer neuen Identität. Sinkende Zuschauerzahlen und Unstimmigkeiten mit den eigenen Ultras sorgen für eine schwankende Stimmung in Berlin. Eine der einzigen Konstanten bei der alten Dame ist der Trainer: Pal Dardai. Seit drei Jahren ist der Ungar nun im Amt und damit nach Christian Streich der zweitdienstälteste Coach der Bundesliga.

Das Berliner Urgestein ist seit 1997 im Verein und verkörpert Hertha wie kein Zweiter. t-online.de traf den Ungar zum Interview und sprach mit ihm über sein Verhältnis zu den Medien, wechselwillige Spieler und Druck im Fußball.

t-online.de: Herr Dardai, wie viele Apps haben Sie auf dem Handy?

Pal Dardai (42): Da haben Sie sich den Falschen ausgesucht (lacht). Ich nutze nicht viele Apps, da ich gar nicht so viel Zeit habe, um Nachrichten zu schreiben oder mich anderweitig mit meinem Handy zu beschäftigen. Ich habe hier 40 Leute in der Kabine und zu Hause drei Söhne und meine Frau. Deshalb verbringe ich nicht viel Zeit am Handy.

Aber wenn Sie dann mal am Handy sind, welche Apps nutzen Sie dann?

Neben Apps zum Nachrichten schreiben sind die meisten für meinen Job. Für eine schnelle Analyse ist es immer gut, wenn man da auch Möglichkeiten auf dem Handy hat.

Das heißt, Apps von Nachrichtenmedien nutzen Sie eher nicht. Sie betonen auch häufig, dass Sie kaum Zeitung lesen. Wieso?

Ich will mich nicht manipulieren lassen. Für mich sind die meisten Nachrichten sehr negativ. Das ist wahrscheinlich so, weil das die Menschen mehr interessiert. Wenn ich gute Laune habe, will ich mir die nicht von schlechten Nachrichten über uns verderben lassen. Ich bin aber auch skeptisch, wenn die Nachrichten wieder positiv sind, denn dann wird auch schnell überzogen. Mir fehlt da oft die goldene Linie in der Mitte, die Ausgewogenheit. Aber die ist für die Leser wahrscheinlich zu langweilig.

Wie informieren Sie sich dann?

Falls ich Fragen habe, gehe ich zuerst zu meinem Trainerstab oder unserem Manager. Ansonsten habe ich hier im Verein eine sehr gute Presseabteilung, die mich auf dem Laufenden hält. Aber ich habe keine Zeit, jeden Artikel zu lesen. Da würde ich mich verändern und das will ich nicht.

Jupp Heynckes betonte, dass ein nachdenklicher und kritischer Journalismus wichtig für unsere Gesellschaft ist. Hat er recht?

Wenn mich jemand nicht kennt und eine Kritik über mich schreibt, dann interessiert mich das nicht. Aber wenn jemand mich und meine Arbeitsweisen kennt und mich kritisiert, dann mache ich mir meine Gedanken. Egal wie hart die Kritik dann sein mag, ich nehme mir das zu Herzen, denke darüber nach und spreche mit der Person.
Aber die Arbeit von Journalisten ist auch nicht für mich oder die Spieler gedacht, sondern für die Fans. Sie sollen die Fans darüber informieren, was im Verein passiert. Mich interessiert vor allem das, was die Menschen um mich herum über uns denken.

Und die Menschen hier im Verein kennen Sie schon sehr lange. Den Großteil Ihrer Profi-Karriere haben Sie bei Hertha verbracht, wurden Jugendtrainer und sind seit 2015 Cheftrainer. Was macht die Zeit bei Hertha für Sie so besonders?

Weil Hertha BSC mich gut bezahlt (lacht). Nein im Ernst, ich kam als junger Spieler aus Ungarn nach Berlin und bin in diesen Verein hineingewachsen. Dann siehst du nach Spielen gegen Mailand oder Chelsea, dass du auf einem Niveau mit den anderen mithalten kannst. Irgendwann fühlst du dich als Berliner und bist ein Teil des Vereins. Auch nach meiner aktiven Karriere hat Hertha BSC alles dafür getan, dass ich mich hier wohlfühle. Ich bekam sofort einen Job in der Jugendarbeit, konnte Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen.

Wollen Sie dieses Gefühl auch an die Spieler weitergeben, um sie im Verein zu halten?

Natürlich versucht man als Trainer, die Spieler zu überzeugen, damit sie hier bleiben. Aber sind wir mal ehrlich, wir haben bei Hertha auch unsere Grenzen und können nicht alles zahlen. Ich bin nie sauer auf einen Spieler, wenn er wegen anderer Perspektiven oder des Geldes weggeht. Wie zum Beispiel bei Jay Brooks im Sommer (wechselte zum VfL Wolfsburg, Anm. d. Red.) oder Basti Langkamp im Winter (zu Bremen, Anm. d. Red.). Denn am Ende geht es nun einmal fast immer ums Geld. Du hast als Profi rund zehn Jahre, um wirklich was zu verdienen. Denn nach der Karriere hilft dir keiner. Kein Journalist, kein Trainer, kein Physiotherapeut.

Während bei anderen Vereinen unzufriedene Spieler oft in den Medien gegen ihre ehemaligen Teams nachtreten, ist das bei Hertha kaum der Fall. Valentin Stocker beispielsweise verließ den Verein im Winter ohne nachzutreten.

Wir im Trainerstab betrachten unsere Spieler wie unsere Söhne. Abseits des Platzes oder auch in der Kabine gehen wir sehr ehrlich mit den Spielern um. Im Training ist das anders, da sind wir dann keine Freunde mehr. Ich glaube, diese ehrliche Kommunikation und die Atmosphäre nehmen die Spieler auch so wahr. Es geht nie gegen einen Spieler, sondern es steht immer das Team und die Philosophie im Vordergrund.

Wie gehen Sie im Team mit Druck um? Per Mertesacker hat mit seiner Geschichte ein sehr sensibles Thema angesprochen. Auch da spielt die Öffentlichkeit, insbesondere Social Media und Medien an sich eine große Rolle.

Ich kann als Trainer nur bis zu einer bestimmten Grenze helfen. Wenn ein Spieler ein größeres Problem hat mit Drucksituationen umzugehen – damit meine ich jetzt nicht spezifisch Per Mertesacker – dann sollte er sich professionelle Hilfe von einem Sportpsychologen holen. Sport sollte letztlich immer noch Spaß sein und nicht der Gesundheit schaden. Körperlich opfert man zwar viel für den Fußball, aber die Seele sollte gesund bleiben.

Ist denn ein Spieler schon einmal auf Sie zugekommen mit einer solchen Situation?

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In so einem Fall würden die Spieler wohl eher nicht zum Trainer gehen, weil sie sonst Angst hätten, nicht spielen zu dürfen. Zu mir ist jedenfalls noch keiner gekommen deswegen.

Und wie war das bei Ihnen zu Ihrer aktiven Zeit als Profi?

Ich bin ein langweiliger Typ, habe keinen Druck gespürt. Für mich war es wichtig, das Haus mit guter Laune und einem Kuss meiner Frau zu verlassen und einfach Fußball zu spielen. Vielleicht liegt es daran, dass ich sozusagen in der Kabine aufgewachsen bin. Mein Vater war Fußballer in Pécs (Stadt in Ungarn und Geburtsort von Pal Dardai, Anm. d. Red.) und danach Trainer. Bei taktischen Besprechungen war ich als dreijähriger Junge schon dabei und habe in der Halbzeitpause von Spielen oft auf dem Platz gespielt vor 16.000 Zuschauern. Das hat sich auch nicht verändert, als ich Profi wurde. Von außen betrachtet, sieht das vielleicht so aus, als ob ich ein komischer Mensch wäre. Vielleicht bin ich auch nicht normal (lacht).

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