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Borussia Dortmund verabschiedet sich aus Champions League


Abschied aus der Königsklasse
Das Juve-Debakel wird für Dortmund zur Zäsur

Von t-online
Aktualisiert am 19.03.2015Lesedauer: 5 Min.
Ratlose Blicke und hängende Köpfe: Die BVB-Stars Pierre-Emerick Aubameyang, Marco Reus und Adrian Ramos (v.li.) schleichen nach der Pleite gegen Juventus Turin vom Platz.Vergrößern des BildesRatlose Blicke und hängende Köpfe: Die BVB-Stars Pierre-Emerick Aubameyang, Marco Reus und Adrian Ramos (v.li.) schleichen nach der Pleite gegen Juventus Turin vom Platz. (Quelle: dpa-bilder)
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Aus Dortmund berichtet Patrick Brandenburg

In Dortmund hatten sie noch mal alles gegeben, um das tolle Gefühl der Königsklasse zumindest für ein paar Wochen zu konservieren: eine grandiose Choreographie auf der Südtribüne, die an den Triumph des BVB in der Champions League 1997 erinnerte, ein leidenschaftliches Publikum, das Schwarz-Gelb zum dritten Mal in Folge unter die besten Acht Europas schreien sollte. Doch nach nicht einmal 180 Sekunden gegen Juventus Turin war alles Makulatur. Da zappelte der Ball schon zum ersten Mal im Kasten der Borussia. Am Ende hieß es 0:3 und als Schiedsrichter Milorad Mazic die Lehrstunde durch Italiens Rekordmeister abpfiff, hatte die Hälfte der Fans im früheren Westfalenstadion längst die Flucht ergriffen. Den traurigen Abschied aus Europa wollten sie nicht mehr mit ansehen.

"Das war ein Spiel zum Vergessen. So hat man im Viertelfinale nichts zu suchen“, sagte BVB-Trainer Jürgen Klopp nach dem Debakel gegen die "Alte Dame". Nicht einmal ansatzweise konnte sein Team an frühere Gala-Auftritte anknüpfen, die es drei Jahre lang in schönster Regelmäßigkeit gegeben hatte. Noch zu Beginn der aktuellen Saison ließ Dortmund mit tollen Spielen und vielen Toren in der Gruppenphase aufhorchen. Doch die Pleite gegen Juve war nun schon das vierte Spiel in Serie in der Königsklasse, das die Westfalen nicht gewinnen konnten.

Hummels: "Die zweite Halbzeit war unterirdisch"

Statt würdig und erhobenen Hauptes, wie etwa der Revierrivale FC Schalke beim irren 4:3 in Madrid, verabschiedete sich der BVB mit einer Demütigung vor eigenem Publikum von der großen Bühne. Mit einem Ergebnis, das der stets um seine Außenwirkung besorgte Vizemeister angesichts des Tabellenstands in der Bundesliga nicht so schnell aus der Welt schaffen wird. "Die zweite Halbzeit war unterirdisch von uns, das 0:3 geht auch in dieser Höhe völlig in Ordnung. Traurig, dass unser für anderthalb Jahre letztes Spiel in der Champions League so verlaufen musste“, sagte Mats Hummels beinahe wehmütig. Wie alle Borussen hatte der Kapitän einen rabenschwarzen Abend erwischt.

Wie schon in den Spielen beim FC Arsenal und auch in Turin verschlief der BVB den Start und lief bereits nach kürzester Zeit einem Rückstand hinterher. Der argentinische Stürmer Carlos Tevez hatte mit einem satten 25-Meter-Schuss getroffen (3. Minute).

"Das frühe Gegentor war das Schlimmste, was passieren konnte", schimpfte Klopp. Nach dem 1:2 im Hinspiel spielte der Treffer den cleveren Gästen natürlich in die Karten. Warum Dortmund aber in den verbleibenden 87 Minuten sich nicht aufraffen konnte, das Spiel wenigstens spannend zu gestalten, konnte Klopp nicht erklären. Ein eigenes Tor hätte schnell wieder für Feuer gesorgt. "Wer nicht schießt, kann nicht treffen", analysierte der Coach ähnlich platt, wie seine Spieler auftraten.

Reus taucht völlig ab

Den ersten von überhaupt nur drei Torschüssen gab der BVB in der 63. (!) Minute ab. Die einzige halbwegs gefährliche Chance vergab der eingewechselte Adrian Ramos, bei dessen Kopfball Italiens Torwartlegende Gigi Buffon immerhin kurz nachfassen musste. Ansonsten war nichts zu sehen von jener Borussia, die einst mit Urgewalt über ihre europäischen Gegner hinweg gefegt war. Nicht einmal eine potenzielle Problem-Phase der Turiner konnten die Westfalen nutzen: Als Mittelfeldmotor Paul Pogba verletzt vom Feld ging, musste Juve sein Spiel neu ordnen - doch der mutlose BVB ließ diese Gelegenheit einfach verstreichen.

"Wir haben keine Chancen kreiert, so wie schon in den letzten Spielen", erkannte Marco Reus richtig und erinnerte an die jüngsten Torlos-Partien in der Liga gegen Hamburg und Köln. Der Superstar war allerdings erneut Teil des Problems, nicht der Lösung. Im wichtigsten Spiel der Saison tauchte Reus völlig ab. Genau wie Sorgenkind Henrich Mchitarjan, den Klopp schon nach gut einer Stunde vom Rasen holen musste, weil ihm selbst die einfachsten Dinge misslangen. Ilkay Gündogan mühte sich um Linie im Spiel, war aber ebenso überfordert und suchte meist den Weg durch die Mitte. Entlastung über die Außen? Fehlanzeige. Der BVB hat das früher so erfolgreiche Flügelspiel fast komplett eingestellt.

Mannschaft älter und mutloser geworden

Vor allem nach der Pause ging gar nichts mehr beim BVB. "Da hatten wir einen kompletten Leistungsabfall und unfassbare Ballverluste", bemängelte Hummels. Anstatt Juve wenigstens ansatzweise im Gefühl der Unsicherheit zu lassen, ergab sich Dortmund seinem Schicksal und kassierte durch den Spanier Alvaro Morata (70.) sowie erneut Tevez (79.) die Treffer zwei und drei. Bei allen Gegentreffern erwies sich die Abwehr einmal mehr als wenig sattelfest. In dieser Seuchensaison hakt es weiter an allen Ecken und Enden beim BVB, und es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es grundlegende Probleme sind.

Für die Dortmunder, so scheint es, geht mit dem Aus ein Zyklus zu Ende, über den Fans der Schwarz-Gelben in vielen Jahren in der Rückschau noch schwärmen werden. Vom Geist und Elan der jugendlichen Rasselbande, die 2012/13 Europa verzauberte und der zu heute fast baugleichen Elf, die in der vergangenen Spielzeit Real Madrid trotz deutlicher Hinspielpleite noch gehörige Angst einjagte, ist nicht mehr viel übrig geblieben.

Die Mannschaft ist älter, mutloser und eindimensionaler geworden, und natürlich auch um Weltklassespieler wie Mario Götze und Robert Lewandowski beraubt. In einzelnen Fälle wie zuletzt im Revierderby kann sie sich trotzdem zu großen Taten aufschwingen, aber die maue Offensive scheint inzwischen doch eher die Regel als die Ausnahme zu sein. Selbst der frühere Meistertrainer Klopp hat immer öfter ein unglückliches Händchen und muss sich zu Aufstellung und Taktik Fragen stellen lassen. Zuletzt etwa, warum er gegen Juve den offensivstarken Joker Jakub Blaszczykowski als Rechtsverteidiger verschenkte.

Klopp muss sich etwas einfallen lassen

Im Sommer steht Trainer Jürgen Klopp vor der spannenden Aufgabe, sich selbst und seine Mannschaft neu zu erfinden. Nachdem der BVB lange europaweit stilprägend war für Offensivfußball, braucht der Coach nun einen anderen Ansatz als immer nur Gegenpressing, um diese tollen Spieler, die zweifellos weiterhin im Kader stehen, auf eine gemeinsame Idee des Spiels einzuschwören und alternative Systeme zu entwickeln.

Womöglich unter Zuhilfenahme frischer Impulse aus der Jugend. Auch hier taugt der Rivale Schalke mit seiner erfolgreichen Knappenschmiede als Vorbild. Denn große Investitionen wollen die vorsichtig kalkulierenden Westfalen bekanntlich nicht tätigen vor einer Saison ohne Champions League.

Doch auch bis dahin bleibt noch genug Arbeit. "Wir können uns jetzt auf die Bundesliga und auf den DFB-Pokal konzentrieren. Das schadet uns ganz bestimmt nicht", sagte Klopp kurz nach der Partie und drehte das Aus in der Champions League schon wieder ins Positive. Ohne die Ablenkung weiterer englischer Wochen kann der BVB nun am Einzug ins Pokalhalbfinale arbeiten.

In der Bundesliga soll der Klassenerhalt so schnell wie möglich gesichert werden. Vielleicht geht dann ja auch nach oben noch etwas. Für die Qualifikation für die Europa League könnte Rang sieben reichen, wenn die Überflieger vom FC Bayern das Double holen. Das liegt zwar unter den Ansprüchen der vergangenen Jahre. Aber die Fans der Schwarz-Gelben dürften sich auch mit dem kleineren Wettbewerb anfreunden, solange überhaupt wieder internationale Fußball-Feiertage in Dortmund steigen.

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