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Europa-League-Finale 2015: Dnipro hofft auf das Wunder von Warschau


Europa-League-Finale
Die Ukraine hofft auf das Wunder von Warschau

Von t-online
Aktualisiert am 27.05.2015Lesedauer: 4 Min.
Die Spieler von Dnipro Dnipropetrovsk hoffen auf die Überraschung im Europa-League-Finale gegen Titelverteidiger Sevilla.Vergrößern des BildesDie Spieler von Dnipro Dnipropetrovsk hoffen auf die Überraschung im Europa-League-Finale gegen Titelverteidiger Sevilla. (Quelle: VI images/imago-images-bilder)
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von Patrick Brandenburg

Dnipro Dnipropetrowsk - allein schon dieser Name! Für deutsche Fans mittleren Alters ist er das Synonym für düsteren Ostblockfußball. Ein anderes Wort für verfluchte Erstrunden-Duelle im UEFA-Pokal oder Nachmittagsspiele im UI-Cup. Nur Hopper-Herzen schlagen höher.

Doch nun kämpft Dnipro im gleißenden Flutlicht des polnischen Nationalstadions in Warschau gegen Titelverteidiger FC Sevilla um die Krone der Europa League (heute ab 20.30 Uhr im t-online.de Live-Ticker). Und darum, der vom Bürgerkrieg zerrissenen Ukraine Stolz, Hoffnung und ein Gefühl der Einheit zurückzugeben. "Wir werden alles geben, um der Ukraine und Dnjepr den Pokal zu bringen", sagte Kapitän Ruslan Rotan.

Politisch gespaltene Stadt

Der Vergleich des Zungenbrecherklubs mit Schachtar Donezk liegt auf der Hand. Wie Donezk, das 2009 gegen Werder Bremen das letzte Endspiel des UEFA-Pokals gewann, befindet sich Dnipro in den Händen eines milliardenschweren Oligarchen. Wie Donezk liegt die Beinahe-Millionenstadt im umkämpften östlichen Teil der Ukraine, wenn auch nur an dessen Rande.

Dnipropetrovsk gilt als politisch gespalten. Daher wurde auch dieser Klub vom europäischen Fußballverband verpflichtet, die internationalen Spiele im Exil auszutragen.

Heimatklub von Werder-Coach Skripnik

Da hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon wieder auf. Donezk macht als Team aus dem stark russisch beeinflussten Donbass einen Riesenbogen um die Hauptstadt und verlegt seine Partien wegen der Kriegswirren sogar bis nach Lwiw - an die polnische Grenze weit im Westen.

Dagegen hat Dnipro - im Übrigen erste Station der Trainerlegende Walerij Lobanowsky und auch der Heimatklub von Werder Bremens Trainer Viktor Skripnik - für internationale Wettbewerbe in Kiew eine zweite Heimat gefunden. Im Olympiastadion, das eigentlich Highlight-Partien des Liga-Rivalen Dynamo vorenthalten ist, feierte Dnipro den Durchmarsch ins Endspiel der Europa League. Immerhin schaltete der Außenseiter dabei Olympiakos Piräus, Ajax Amsterdam, FC Brügge und zuletzt den SSC Neapel aus.

Auf ukrainische Spieler gesetzt

Die größte Überraschung: Während Schachtar mit all seinen Zuckerhut-Legionären auch als Farmteam eines brasilianischen Erstligisten durchgehen könnte, setzt Dnipro vorwiegend auf ukrainische Kräfte. Beim Halbfinalsieg über Neapel standen gleich acht Einheimische in der Startelf, obwohl das Niveau der Premier Liga nicht zuletzt durch die gesellschaftlichen Wirren stark gesunken ist.

In Eugen Konoplyanka hat die Mannschaft des politisch engagierten Trainers Myron Markevych sogar einen Star ein seinen Reihen. Der freche Linksaußen steht längst bei Topklubs der englischen Premier League auf dem Zettel und würde das Finale liebend gerne als Werbebühne nutzen. So wie eigentlich alle seine Teamkollegen, für die der Westen eine Verlockung bleibt: "Jeder weiß, dass so ein Spiel eine einzigartige Chance in der Karriere sein kann", wird Nationalspieler Artem Fedetskyy vom "kicker" zitiert.

Verein als Geldanlage

Ein weiterer bedeutender Unterschied besteht bei den Oligarchen. Dnipros Eigner Igor Kolomojskij gilt im Gegensatz zu seinem Gegenspieler Rinat Achmetow als wenig fußballinteressiert. Für den Milliardär, der mit einer Privatbank den Grundstock seines Vermögens bildete, ist der Klub eher Geldanlage und ein Mittel zum Zweck.

In den Zeiten des wilden Umbruchs, auch der ukrainischen Liga, in denen Serienmeister Donezk oder Metalist Charkow allein wegen ihrer geografischen Lage an Bedeutung verlieren, könnte sein Klub urplötzlich zum großen Gewinner aufsteigen. Zumal bei einem Finalsieg in Warschau. Der würde den Klub sogar in die lukrative Champions League hieven.

Achmetows Loyalitäten diffus

Auch Kolomojskij hat viele Millionen in den Klub gepumpt und leistete sich in dem Spanier Juande Ramos, der mit Endspielgegner Sevilla 2006 und 2007 die Europa League gewann, bis vor einem Jahr sogar einen prominenten Trainer. Doch auf Teufel komm raus und fürs eigene Ego wie bei Achmetow wird nicht investiert. Da ist er zu sehr Geschäftsmann.

Außerdem stehen sich beide Oligarchen politisch gegenüber. Achmetows Loyalitäten sind wenn überhaupt diffus, vor allem seit dem Sturz des früheren Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch. Beizeiten gilt er als pro-russisch, aber für den eigenen Machterhalt scheint er nach allen Seiten offen.

Dagegen unterstützte Kolomojskij schon bei der Orangenen Revolution die Opposition um Julija Tymoschenko. Das hinderte ihn nicht daran, noch in diesem Jahr harte Auseinandersetzungen mit den aktuellen Präsidenten Petro Poroschenko zu führen. Sogar seine Privatarmee brachte er dabei zum Schutz eigener Unternehmen zum Einsatz. Das kostetet ihn schließlich den Job als Gouverneur der Region Dnipropetrovsk.

Reiseerleichterungen für ukrainische Fans

Dennoch gilt Kolomojskij weiter als stramm pro-ukrainisch. Wie auch Trainer Markevych, der nach dem Finaleinzug unverblümt martialisch erklärte: "Wir spielen vor allem für die, die gerade an der Front kämpfen".

Damit liegen beide zudem auf der Wellenlänge der Ultra-Szene von Dnipro, die auf politischen Rückenwind durch einen Sieg im Fußball hofft. Neben den Hardcore-Fans werden zudem einige tausend gemäßigte Anhänger in Polens Hauptstadt erwartet, extra fürs Endspiel wurden sogar die Visa-Regeln zwischen den beiden Nachbarstaaten vereinfacht.

Zumindest für eine Nacht können sich die konfliktgeplagten Ukrainer dann in Europas Mitte fühlen. Ein vierter Titel nach dem Europapokal der Pokalsieger durch Dynamo Kiew 1975 und 1986, allerdings noch zu Sowjetzeiten, und Schachtar 2009 würde das Selbstwertgefühl der Nation erhöhen. Kapitän Rotan umschreibt es etwas vorsichtiger: "Das Wichtigste ist, unseren Fans und der ganzen Ukraine positive Gefühle zu bereiten."

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