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DFB | "Damit steht und fällt die Zukunft": Tabea Kemme über die Krise


Deutscher Fußball in der Krise
Damit steht und fällt die Zukunft

MeinungVon Tabea Kemme

Aktualisiert am 26.12.2023Lesedauer: 4 Min.
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Nia Künzer: Sie ist die neue Direktorin Frauen beim DFB.Vergrößern des Bildes
Nia Künzer: Sie ist die neue Sportdirektorin für Frauenfußball beim DFB. (Quelle: IMAGO)

Es sind stürmische Zeiten beim DFB. Trotz der gegebenen Chance auf Olympia blicken die Spielerinnen in eine ungewisse Zukunft. Eine Kolumne von Tabea Kemme.

Das Jahr 2023 neigt sich dem Ende zu und die Nationalmannschaft der Frauen blickt auf ein turbulentes Jahr zurück. Auf die Vertragsverlängerung mit der Bundestrainerin im Frühjahr folgte im Sommer das Vorrunden-Aus bei der WM in Australien und Neuseeland, das schließlich auch zur Trennung von Martina Voss-Tecklenburg führte.

Das historische WM-Aus bleibt eine große, klaffende Wunde. Dem Team fehlte in Australien das notwendige Vertrauen. Die Vorbereitung auf das Turnier war geprägt von Ungewissheit, viele Spielerinnen wussten nicht, woran sie waren. Ein Neustart war für diese Mannschaft zwingend notwendig.

Mit Interimstrainer Horst Hrubesch qualifizierten sich die DFB-Frauen nun für die Olympia-Playoffs im Februar, hatten mit den bereits für Paris qualifizierten Französinnen Losglück. Frankreich liegt uns, doch die jüngsten Partien haben gezeigt, dass die Mannschaft aktuell nicht konstant performt. Auf den beschwingten und überzeugenden 3:0-Sieg gegen Dänemark folgte das trostlose 0:0 in Wales, wo es nur deshalb für Platz eins in der Nations-League-Gruppe reichte, weil wiederum Dänemark seine Pflichtaufgabe gegen Island verpatzte. Auf furiose Hochpunkte folgten immer wieder Tiefschläge, es war ein Jahr der Ups und Downs. Es sind stürmische Zeiten beim DFB.

Auch wenn die Stelle der Sportdirektorin für Frauenfußball mit Nia Künzer endlich besetzt wurde, blicken viele Nationalspielerinnen in eine ungewisse Zukunft. Die Position des Bundestrainers ist langfristig nicht besetzt. Der DFB muss frühere Angestellte wie Oliver Bierhoff, Hansi Flick oder Martina Voss-Tecklenburg mit einem hohen finanziellen Aufwand entschädigen.

Mit welchem Coach und mit welcher Strategie geht der DFB in ein Jahr, in dem nicht nur die Olympischen Spiele, sondern auch die wichtige Qualifikation für die EM 2025 in der Schweiz ansteht? Ich kann hier nur wiederholen, was ich bereits in einer früheren Kolumne artikuliert habe: Das Pflichtbewusstsein des DFB gegenüber seinen Spielerinnen ist nicht überzeugend.

Der DFB ist langsam unterwegs – und hat in meinen Augen auch schon verschlafen, sich auf dem internationalen Trainer- und Trainerinnenmarkt umzuschauen. Emma Hayes verlässt Chelsea und geht in die USA, Jonatan Giráldez vom FC Barcelona hat ein Angebot aus der NWSL. Auch ein Trainer wie Joe Montemurro, aktuell bei Juventus Turin unter Vertrag, ist eine hoch spannende Personalie. Das sind alles Topleute aus dem Ausland, beim DFB sehe ich immer die gleichen Leute, die zudem das eigene System durchlaufen haben.

Es wäre wichtig, dass man beim DFB den Mut zeigt, sich auf jemanden einzulassen, der eine neue, frische Perspektive aus dem Ausland einbringt. Damit steht und fällt die Zukunft. Leider hat die Vergangenheit gezeigt, dass man immer wieder auf die alten, gleichen Kandidaten zurückgreift. Ich habe das Gefühl, dass der DFB zu wenig über den Tellerrand schaut.

Ich schätze Nia Künzer und weiß, dass sie die nötige Führungskompetenz mitbringt. Diese enorm wichtige Position im Frauenfußball bekommt mit ihr endlich ein Gesicht. Es ist ihr zu wünschen, dass sie auch die Unterstützung bekommt, um die dicken Bretter zu bohren, die sie wird bohren müssen. Klar ist, dass die männlichen Führungspersönlichkeiten beim DFB nach wie vor veraltete Bilder skizzieren und einer Frau in hochrangiger Funktion weniger offen gegenüberstehen.

 
 
 
 
 
 
 

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Der deutsche Frauenfußball wird nur dann Chancen auf Erfolg haben, wenn man mit einer konkreten, langfristigen Vision in die Zukunft geht. Mit einer konkreten Strategie, die man gemeinsam in den kommenden fünf, sieben oder zehn Jahren verfolgen will. Hier braucht es volle Überzeugung und Transparenz der Herangehensweise.

Und auch sportlich wird langsam ein Generationswechsel eingeleitet werden müssen. Stand heute kann niemand sagen, ob Spielerinnen wie Marina Hegering, Svenja Huth oder Kapitänin Alex Popp bei der Europameisterschaft 2025 noch dabei sind. Es ist an der Zeit, dass junge Spielerinnen wie Jule Brand, Klara Bühl oder auch Lena Oberdorf, die ja bereits im Mannschaftsrat ist, in Führungsrollen hineinwachsen. Von der mittleren Generation erwarte ich, dass sie die Lücke füllt, die eine Akteurin wie Popp nach ihrem Abtritt hinterlässt.

Dabei geht es um die sportliche Führung auf dem Platz, aber auch um die Kommunikation innerhalb des DFB. Ich wünsche mir, dass sich ein Kreis bildet, der die Interessen der Spielerinnen gegenüber dem Verband vertritt und der sich mit der nötigen Hartnäckigkeit für das Team einsetzt. Das Potenzial dafür ist auf jeden Fall gegeben.

Blickt man nun auf das Jahr 2023 zurück, sind einem neben den vielen Themen rund um den DFB natürlich auch die Leistungen der Spanierinnen bei der WM im Gedächtnis geblieben – und die Umstände, unter denen sie vollbracht wurden.

Der revolutionäre Kampf der Spanierinnen gegen ihren Verband und dessen Chef hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass das Thema im öffentlichen Diskurs stattfindet. Die Spielerinnen sind im Lichte der weltweiten Aufmerksamkeit für ihre Rechte eingetreten und waren erfolgreich. Gleichzeitig haben sie damit ein Signal an alle anderen Frauenteams gesendet, dass es sich lohnt, hartnäckig zu bleiben und für seine Forderungen zu kämpfen.

Diese Energie, diese Power, die dadurch entfacht wurde, die war atemberaubend und hat mir persönlich gezeigt, dass der Frauenfußball weiter den Weg in die breite Öffentlichkeit suchen und die große Bühne bestrahlen muss. Denn dort gehört er hin.

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