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Charles Dempsey, Sepp Blatter und die WM 2006


"Blatter dachte, jeder würde dem Präsidenten folgen"

Von t-online
Aktualisiert am 16.07.2012Lesedauer: 3 Min.
Sepp Blatter steht unter Druck.Vergrößern des BildesSepp Blatter steht unter Druck. (Quelle: imago-images-bilder)
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Von Jörg Runde

Im Dezember 2000 war Charles Dempsey ein gefragter Mann. Wenige Monate zuvor hatte der Neuseeländer indirekt dafür gesorgt, dass Deutschland die WM 2006 ausrichten konnte. 12:11 für den DFB endete die Abstimmung des Exekutivkomitees in der FIFA-Zentrale in Zürich. Dempsey hatte sich als Vertreter des Fußballverband Ozeaniens (OFC) der Stimme enthalten und somit verhindert, dass Mitbewerber Südafrika und Deutschland am Ende gleichauf lagen. Bei einem Unentschieden, so ist es in der FIFA üblich, hätte Sepp Blatter über den WM-Austragungsort entschieden. Dass der FIFA-Präsident Südafrika bevorzugte, war in den Tagen der Abstimmung ein offenes Geheimnis. Ich hatte die Gelegenheit mit Dempsey, der im Juni 2008 im Alter von 87 Jahren verstorben ist, wenige Monate nach der Entscheidung im neuseeländischen Auckland ein Interview zu führen.

Dabei begegnete mir ein würdevoller Ehrenmann, der sich ernsthaft um Ethik und Moral der FIFA sorgte. Im Zuge der Korruptions-Affäre um FIFA-Boss Blatter und dessen Behauptung, die DFB-Delegation habe die WM-Austragung 2006 gekauft, sind seine Aussagen unerwartet noch einmal von Bedeutung: "Die Entscheidung, die ich getroffen habe, würde ich heute genauso noch einmal treffen", sagte mir Charles Dempsey damals mit fester Stimme. "Den Hauptausschlag für meine Entscheidung gab, dass im Kreis meiner Kollegen getuschelt wurde, ich würde Geld von der Delegation Südafrikas nehmen. Dem wollte ich mit der Enthaltung entgegentreten."

"FIFA eine politische Bombe"

Und dann erzählte er, dass er in seiner Haltung so unerschütterlich war, dass sogar Nelson Mandela ihn nicht zur Stimmabgabe für Südafrika bewegen konnte. Jene dramatischen Stunden, die ihn zum Buhmann des Weltverbandes im Allgemeinen und dessen Präsidenten Blatter im Besonderen werden ließen, schilderte Dempsey seinerzeit wie folgt: "Sepp Blatter dachte, jeder würde dem Präsidenten folgen", so Dempsey, "ich hatte aber meine Meinung." Und die lautete: Stimmenthaltung statt Stimme für Südafrika - Deutschland gewann die WM 2006. "Die Fifa", sagte Dempsey damals, "ist eine politische Bombe."

Eine WM-Vergabe wie 2000 in Zürich wünschte er schon damals niemandem. "Der Druck von beiden Seiten war einfach zu groß", sagte Dempsey. "Ich betone nochmals, dass dies damals keine politische Entscheidung von mir war. Ich hatte bereits Wochen zuvor gesagt, dass meine Stimme an England gehen würde und ich mich bei einem Ausscheiden der Engländer der Stimme enthalten würde."

Mandela rief nachts um drei an

Was aber keinen Kandidaten davon abhielt, ihn anzurufen. Welcher Vertreter der deutschen Delegation seine Nummer wählte, behielt er, ganz Gentleman, für sich. Die bekannteste Persönlichkeit, die seine Nachtruhe störte, gab er aber preis: "Nelson Mandela war der Größte. Er rief mich nachts um drei Uhr an."

Wie kritisch seine Standhaftigkeit in der Welt gesehen wurde, bekam Dempsey noch lange zu spüren. Politiker und Medienvertreter verlangten Aufklärung, "sogar meine Enkelin, die für die UEFA arbeitet, wurde attackiert", schilderte Dempsey damals die Situation. Als die BBC ihm anbot, die Ereignisse in einer 30-minütigen Sendung zu dokumentieren, lehnte er ab. Wenn Journalisten mit ihren Fragen bohrten, begegnete er ihnen mit einer Gegenfrage: "Was habe ich falsch gemacht?" Sogar die Premierministerin Clark war "überrascht und verärgert". Dass ihn Sportminister Mallard als "nationale Schande" bezeichnete, schreibt er Blatter zu. Denn der hatte Dempseys Wahlverhalten öffentlich gemacht. "Was", fragte Dempsey, "hatte das eigentlich mit einer geheimen Wahl zu tun?" Auf diese Frage bekam er nie eine Antwort.

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