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Premier League: Top-Teams scheitern trotz Millionentransfers in Europa


Kollektives Aus im Europapokal
Das englische Fiasko


Aktualisiert am 21.04.2024Lesedauer: 4 Min.
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Kevin De Bruyne: Der Ex-Bundesliga-Star flog mit Manchester City aus der Champions League. (Quelle: IMAGO/David Blunsden/imago)

Die Premier League ist das finanzielle Nonplusultra im Profifußball. Doch sportlich verkauft sie sich international in dieser Saison alles andere als teuer. Das nagt am Selbstverständnis.

Als Harry Kane im vergangenen Sommer von Tottenham zum FC Bayern wechselte, war der Aufschrei in Fußballdeutschland groß. 100 Millionen Euro kostete der englische Stürmer. Noch nie war ein Spieler für solch eine Summe in die Bundesliga gewechselt. In der britischen Premier League nahm man den Transfer aus finanzieller Sicht hingegen wohl eher mit einem Schulterzucken hin. Kane war in der Liga gerade einmal der drittteuerste Deal – im Sommer 2023.

Seit Jahren investieren die Teams in Großbritannien im großen Stil. Das Selbstverständnis der Premier League ist unverkennbar: Wir sind die beste Liga der Welt. Andere europäische Ligen, insbesondere aber auch die Bundesliga, werden von den Fans auf der Insel deshalb gerne mal als "Farmers League" (übersetzt: Bauernliga) betitelt. Die Bezeichnung rührt vor allem aus der angeblich fehlenden Konkurrenz und der niedrigen Qualität der Teams in einer vergleichsweise finanzschwächeren Liga, weshalb meist ein einzelnes Top-Team ein Dauerabo auf die Meisterschaft hat, in der Bundesliga also der FC Bayern.

Das Problem für die Premier League: Die Klubs aus den Bauernligen haben den englischen Mannschaften 2024 trotz klarer finanzielle Nachteile den Rang abgelaufen. Die Vereine aus England spielen in dieser Saison international überhaupt keine Rolle mehr. Für den britischen Fußball ist das ein Fiasko. Das eigene Selbstverständnis gerät ins Wanken.

TV-Verträge spülen Millionen in die Kassen

Insbesondere die letzte Woche war für die Premier League ein sportliches Desaster. Denn: Von ursprünglich acht Teilnehmern in den europäischen Wettbewerben stellt England nach Donnerstagabend nur noch einen einzigen: Aston Villa in der verhältnismäßig bedeutungslosen Europa Conference League. Der Klub aus Birmingham mogelte sich dabei auch noch mit einem schwachen Auftritt in Lille über die Lotterie Elfmeterschießen ins Halbfinale.

Und die Top-Teams? Manchester City, der FC Arsenal, West Ham und der FC Liverpool strichen in dieser Woche allesamt international die Segel, flogen kollektiv aus der Champions beziehungsweise Europa League raus. Dabei gaben allein diese vier Teams im Laufe der Saison insgesamt über 800 Millionen Euro für neue Spieler aus.

Dass die Teams in England die Summen in ihre Kader stecken können, hängt in erster Linie mit lukrativen TV-Verträgen zusammen: Erst Ende 2023 wurde ein neues Rechtepaket für die Liveübertragungen der Spiele in England abgeschlossen. Sky Sports und TNT Sports zahlen ab der Saison 2025/26 und bis 2028/29 insgesamt 7,8 Milliarden Euro an die 20 Vereine der Liga. Das sind umgerechnet 1,95 Milliarden Euro pro Spielzeit. Der aktuelle Vertrag spült momentan noch 1,83 Milliarden Euro pro Jahr in die Kassen der Klubs.

Das führt insbesondere aus deutscher Sicht zu teilweise unglaublichen Summen, die für einzelne Spieler aufgerufen und letztendlich auch gezahlt werden. Der FC Chelsea zum Beispiel investierte in diesem Sommer insgesamt über 450 Millionen Euro in neue Stars, zahlte allein für Moises Caicedo von Brighton & Hove Albion 116 Millionen Euro. Trotz teuren Verkäufen von Top-Stars wie Kai Havertz (für 75 Millionen zu Arsenal) und Mason Mount (für rund 64 Millionen zu ManUnited) erwirtschaftete der Klub damit ein Transferminus von knapp 200 Millionen Euro. Dabei spielt Chelsea nicht einmal international – und steht in der Liga aktuell nur auf Rang neun.

Newcastle United: Frisches Geld dank Saudi-Arabien

Sündhaft teure Neuzugänge gönnt man sich aber auch bei anderen Klubs in der Liga. Die Ausgaben werden aber nicht nur durch die TV-Verträge gestemmt. Das macht das Beispiel Newcastle United besonders gut deutlich. Im November 2021 hatte ein Konsortium, das zu 80 Prozent aus dem Staatsfonds Saudi-Arabiens besteht, Newcastle übernommen. Seither schmeißt der viermalige englische Meister mit Geld um sich.

Stolze 64 Millionen Euro ließ man sich allein Sandro Tonali kosten. Der Mittelfeldspieler schloss sich dem Verein 2023 von der AC Mailand an. Mittlerweile wurde der Italiener aufgrund eines Wettskandals gesperrt. Europaweit würde solch ein teures Missverständnis finanziell wohl fast jeden Verein in schärfste Bedrängnis bringen. In Newcastle verkommt der Fall Tonali eher zu einer Randnotiz bei den Buchhaltern des Klubs.

Schwache Auftritte in der Champions League

Der sportliche Erfolg in Newcastle lässt derweil wie bei allen anderen Klubs aus England zu wünschen übrig. Zwar gelang dem Verein vergangene Saison nach 21 Jahren endlich wieder die Qualifikation für die Champions League, doch dort schied das Team bereits in der Vorrunde in der "Todesgruppe" mit Dortmund, Mailand und Paris als Gruppenletzter aus.

Pl.MannschaftSp.SUNToreDiff.Pkt.Form
1
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Bayern
651012:6+616
2
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Kopenhagen
62228:808
3
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Galatasaray
612310:13-35
4
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ManUnited
611412:15-34

Ebenfalls auf dem vierten Platz landete Manchester United in seiner Gruppe. Das sorgte vor Ort für besonders viel Frust, weil man es sogar schaffte, weniger Punkte als der türkische Vertreter Galatasaray und der dänische Meister FC Kopenhagen zu sammeln. Beide Teams kommen aus Ligen, die nicht einmal zu den Top fünf des Kontinents zählen – sportlich und finanziell gleichermaßen.

Hummels stichelt Richtung England

Doch nicht die türkische oder die dänische, sondern insbesondere die Bundesliga stellt das Selbstverständnis der Premier League in dieser Spielzeit besonders infrage. Denn die Vereine aus Deutschland wissen international groß aufzutrumpfen. Bayer Leverkusen knackte zuletzt West Ham und steht unter den letzten vier Teams der Europa League. Der FC Bayern und der BVB machten nach starken Auftritten gegen Arsenal und Atlético Madrid das Halbfinale in der Königsklasse fix – während die britischen Vertreter eben kollektiv in die Röhre schauten.

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Wohl auch deshalb ließ sich Dortmunds Mats Hummels zu einer kleinen Stichelei Richtung England auf der Plattform X hinreißen. "Good harvesting this week my fellow farmers", schrieb der 35-Jährige. Übersetzt: Gutes Ernten diese Woche, meine Mitlandwirte. Damit nahm Hummels auf humoristische Art und Weise offenbar direkten Bezug auf die üblichen Farmers-League-Verspottungen der Engländer in Richtung Bundesliga und lobte die Leistung der deutschen Vereine im internationalen Wettbewerb, welche die fußballerische Weltanschauung der Premier-League-Anhänger zumindest vorerst auf den Kopf gestellt haben dürfte.

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Auf sich sitzen lassen wird man in der Premier League das für eigene Verhältnisse schwache Abschneiden der englischen Klubs derweil nicht. Im kommenden Sommer werden Manchester City, Arsenal und Co. die nächste Transferoffensive in die Wege leiten, um die Kräfteverhältnisse in Europa wieder geradezurücken. Bis dahin ist die "beste Liga der Welt" international aber erst mal zum Zuschauen verdammt.

Verwendete Quellen
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