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Allez Montpellier! Ein Provinzklub mischt die Ligue 1 auf


Fußball international
Allez Montpellier! Ein Traditionsklub ärgert die ganz Großen

Von t-online
Aktualisiert am 06.03.2012Lesedauer: 4 Min.
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Kolumne von Johnny Giovanni

Louis, genannt "Loulou", Nicollin ist ein massiger Südfranzose mit einem Faible für deftige Sprache. Der Müllunternehmer und Präsident von Montpellier Hérault SC gehört zu der Art Figuren, die den Fußball so bunt machen. Manche mögen ihn einen Exzentriker nennen, andere einen Macho und Proleten, fest steht jedenfalls: Nicollin ist immer für eine ordentliche Breitseite zu haben. Und so hat er natürlich auch schon seine Meinung dazu kundgetan, wie ein eventueller Titel seines Klubs zu bewerten sei. "Montpellier französischer Meister? Wenn ich Marseille, Paris, Lyon, Lille oder Rennes wäre, würde ich mich mit einer Wurst in den A.... erstechen! So peinlich wäre das für die."

Nicollin selbst ist seit stolzen 37 Jahren Montpellier, so lange hält die Unternehmensgruppe seiner Familie schon die Mehrheit am Verein aus der charmanten Mittelmeerstadt, die allerdings immer eher für ihre Universität bekannt war als für ihren Fußball. Nicollin wollte das - Patriarchen-Ehre - natürlich ändern. Einst beschäftigte er daher Größen wie Carlos Valderrama, Roger Milla oder Eric Cantona nebst Eigengewächs Laurent Blanc. Immerhin sprang dabei 1990 mit dem zweiten Pokalgewinn nach 1929 der größte Erfolg der Vereinsgeschichte heraus. Zum nachhaltigen Aufstieg in die Elite reichte es jedoch nicht, und so hatten sich Nicollin und Montpellier längst wieder in ihrem Dasein als Durchschnittsklub eingerichtet. Bis sie nun im Jahr 2012 wie aus heiterem Himmel tatsächlich um die Meisterschaft spielen. (Tabelle der League 1)

Meisterschaftsduell wie David gegen Goliath

Die großen Ligen Europas biegen allmählich auf die Zielgerade, und überall zeichnen sich Titelduelle ab. Manchester City gegen Manchester United in England, Real Madrid gegen Barcelona in Spanien (wenngleich Madrid einen komfortablen Vorsprung hat), Milan gegen Juventus in Italien, in Deutschland Borussia Dortmund gegen, nun ja, wen eigentlich? Kein Zweikampf jedoch erscheint so ungleich wie der in Frankreich. Auf der einen Seite steht das kleine Montpellier. Auf der anderen Paris St. Germain, der Hauptstadtklub, der seit dieser Saison vom Hofe der Katarer unterhalten wird, im Winter mal eben Carlo Ancelotti als Trainer anheuerte und allein für seinen 43 Millionen Euro teuren Spielmacher Javier Pastore mehr Geld ausgab als Montpellier für eine ganze Saison budgetiert (35 Mio.).

David gegen Goliath also, oder, um in Gallien zu bleiben, Asterix gegen Julius Cäsar. Aber vor zwei Wochen, beim 2:2 im Spitzenspiel im Pariser Prinzenpark, war kein qualitativer Unterschied zu erkennen. Der Außenseiter erwies sich als intelligentere, mutigere Mannschaft - und auch verbal als betont forsch. "PSG hat mich nicht beeindruckt“, sagte Stürmer Olivier Giroud, während sich Nicollin beispielhaft den gegnerischen Startrainer vorknöpfte und mit einem seiner ehemaligen Angestellten verglich: "Ich ziehe Courbis Ancelotti vor", sagte er. "Große Trainer gewinnen Titel mit halbguten Spielern. Courbis führte uns zum Aufstieg in die Ligue 1 mit einer halbmongoloiden Mannschaft.“ Das war in der Saison 2008/2009.

Die Säulen des Teams sind international begehrt

Einige Spieler von damals sind noch heute dabei, zum Beispiel Kapitän Mapou Yanga-Mbiwa, 22, der als eines der größten Verteidiger-Talente Europas gilt. Angesichts seiner dringendsten Problemzone sollte der FC Bayern vielleicht lieber ein Auge auf ihn werfen als auf Stürmer Giroud, doch offenbar sind dessen optische Ähnlichkeiten mit Mario Gomez zu unwiderstehlich - die Münchner jedenfalls haben ein gesteigertes Interesse an dem 25-Jährigen angemeldet. Sie sind damit nicht allein, denn Giroud teilt noch weitere Attribute mit dem derzeitigen Revierhalter im Bayern-Angriff: Er führt die Torschützenliste seiner Liga mit 16 Treffern an und vertritt die immer seltener anzutreffende Spezies des klassischen Mittelstürmers. Anders als Gomez gilt er zudem als technisch beschlagen. Auch scheint ihm das Nationaldress besser zu bekommen; vorige Woche gegen Deutschland erzielte er im dritten Länderspiel sein erstes Tor.

Es war der vorläufige Höhepunkt eines Aufstiegs, der nicht weniger märchenhaft ist als der von Montpellier. Noch vor zwei Jahren kickte Giroud in der zweiten Liga, er stand bereits kurz vor einem Wechsel nach Schottland zu Celtic, als Nicollin auf den Plan trat: "Wenn du dir damit auf die Nerven gehen willst, gegen Kilmarnock (sic) zu spielen, komm lieber zu uns, da wirst du dich totlachen.“ Ob er ihn auch diesen Sommer noch einmal von Montpellier überzeugen kann, bezweifelt jedoch der Präsident selbst. Zwar läuft Girouds Vertrag noch bis 2014, doch nicht nur die Bayern stehen parat. Insbesondere für einen Wechsel nach England spricht so Einiges, denn der Umworbene sagt: "Ich habe eine Schwäche für die Premier League."

Alles, nur nicht die Europa League

Sogar der FC Barcelona wurde schon genannt, wenn es um Montpelliers Spielmacher Younés Belhanda geht. Der Marokkaner, 22, stammt wie Yanga-Mbiwa aus dem eigenen Haus und ist kreativer Mittelpunkt der Elf des ehemaligen Jugendverbandtrainers René Girard. Übersicht, Fantasie und Ruhe am Ball werden ihm speziell zugutegehalten - Attribute, wie sie ja tatsächlich in Barcelona gefragt sind. Und auch bezüglich Belhanda hat Präsident Nicollin natürlich eine besonders pointierte Meinung: "Belhanda hat zweimal Hazard in seinen Beinen“. Soll heißen: Er ist doppelt so gut wie der gemeinhin als bester Spieler der Ligue 1 angesehene Belgier von OSC Lille.

Ohne Giroud (Gelbsperre) und Belhanda (angeschlagen) sowie mit einem untypisch schlampigen Yanga-Mbiwa kam Montepellier am Samstag nur zu einem 1:1 bei Aufsteiger Dijon und verlor dadurch die Tabellenführung an den PSG (4:1 gegen Ajaccio). Sollte es auch am Ende nur Platz zwei werden, niemand würde sich groß beschweren. Nur viel weiter sollte das Überraschungsteam der Saison nicht abstürzen, denn dann könnte Loulou Nicollin noch richtig böse werden. "Alles, wovor ich mich sorge, ist, dass wir uns für die Europa League qualifizieren könnten“, sagt der Chef: „Das würde mich anp...... Was für ein Mist von Wettbewerb."

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