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Stefan Effenberg: Manuel Neuer hat FC Bayerns Ziele in Gefahr gebracht


Kritik an Neuer
Das stellt die Bayern jetzt vor große Probleme

Eine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 29.12.2022Lesedauer: 6 Min.
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Manuel Neuer: Seine Zeiten als bester Torwart der Welt sind wohl vorbei.Vergrößern des Bildes
Manuel Neuer: Seine Zeiten als bester Torwart der Welt sind wohl vorbei. (Quelle: IMAGO/Dennis Ewert/RHR-FOTO)

Ein deutscher Europa-League-Triumph, Enttäuschungen für den FC Bayern sowie die Nationalelf und noch viel mehr: So aufregend war das Fußballjahr 2022.

2022 neigt sich dem Ende entgegen und da möchte ich die Gelegenheit nutzen, auf das Fußballjahr zurückzuschauen.

Das absolute Highlight war für mich Eintracht Frankfurt mit dem Gewinn der Europa League. Es hat mich begeistert, wie Frankfurt performt hat. Sie haben gezeigt, was man im Kollektiv, wenn man zusammenarbeitet und jeder für den anderen da ist, erreichen kann. So sind solche Erfolge möglich, auch wenn man nicht der Favorit ist.

In diesem Jahr hat der FC Bayern nicht alles abgeräumt. RB Leipzig gewann den Pokal. Sie haben genau diesen Anspruch und damit die vergangene Saison gekrönt. Das kann aber erst der Anfang sein. Max Eberl ist jetzt als Geschäftsführer Sport dazugekommen und hat klar gesagt: "Ich will deutscher Meister werden."

Diese Aussagen hätte sich Eberl sparen können

Mit seinem Rücktritt in Gladbach hatte 2022 emotional begonnen und endet nun mit seiner Rückkehr in die Bundesliga. Das gönne ich ihm von Herzen. Er hat diese Auszeit gebraucht. In Leipzig hat er jetzt ganz andere Voraussetzungen als in Gladbach und kann zeigen, dass er ein Topmanager ist. Aber genau daran wird er jetzt auch gemessen. Er muss Erfolge liefern.

Eberls Äußerungen zu seinen drei Lieblingsklubs ("Einer ist RB, einer im Süden Deutschlands und einer in England") haben mir aber nicht gefallen. Das kam auch in Gladbach sicher überhaupt nicht gut an und ist nicht fair dem Klub gegenüber, bei dem er zu einem guten Manager wachsen konnte. Schade, wenn man vergisst, wo man herkommt. Eberl sollte der Borussia dankbar sein und hätte sich die Aussagen sparen können.

Daran wird Nagelsmann jetzt gemessen

Überraschend kam das Viertelfinal-Aus des FC Bayern in der Champions League gegen Villarreal. Die Verantwortlichen sind damit sehr selbstkritisch umgegangen und haben klar gesagt, dass sich so etwas nicht wiederholen darf. Sie wissen, welche – auch taktischen – Fehler sie gemacht haben.

Wenn du gegen so einen Gegner ausscheidest, wirft das insgesamt ein schlechtes Licht auf die Bilanz. Die zehnte Meisterschaft in Folge ist etwas ganz, ganz Großes. Aber wenn du in den anderen beiden Wettbewerben nicht performst, war es unterm Strich doch eine enttäuschende Saison.

In der neuen Spielzeit ist das klare Ziel, den einen oder anderen Titel mehr zu holen. Daran wird wiederum Julian Nagelsmann gemessen.

Vierter Titel für Kroos dank Benzema

Karim Benzema hat Real Madrid dagegen zum Champions-League-Titel geführt und deshalb auch verdient den Ballon d'Or für den besten Fußballer der Welt gewonnen. Er war der alles entscheidende Mann in den entscheidenden Spielen.

Toni Kroos hat die Champions League mit Real nun schon viermal gewonnen, mit Bayern zuvor einmal – beeindruckend! Real war immer da, wenn es drauf ankam, und hat alle absoluten Topgegner ausgeschaltet. Auch Ancelotti hatte daran einen ganz entscheidenden Anteil.

Dass Robert Lewandowski und Erling Haaland Deutschland im Sommer verlassen haben, hat der Bundesliga wehgetan. Man hat zwei wirkliche Ausnahmestürmer verloren. Aber wenn du 50 Millionen für einen fast 34-Jährigen bekommst, hat Bayern München damit alles richtig gemacht.

Die bisherige Saison hat zudem gezeigt, was für außergewöhnliche Fußballer Lewandowski bei Bayern um sich hatte, die ihm überhaupt erst dazu verholfen haben, zweimal Weltfußballer zu werden. Diese Qualität an Mitspielern hat er bei Barcelona jetzt nicht mehr und spielt nicht umsonst mit Barça nur noch Europa League.

Wenn ein Verein wie ManCity kommt und den Geldbeutel derart weit aufmacht, musst du auch Haaland verkaufen. Darunter leidet Borussia Dortmund aber schon. Sébastien Haller ist leider immer noch krank. Für Haaland gibt es keinen gleichwertigen Ersatz. Bayern hat den Abgang von Lewandowski deutlich besser kompensiert als Dortmund den von Haaland.

Der Oliver Kahn, wie ich ihn noch kenne

Für eine der Szenen der Hinrunde sorgte Oliver Kahn inmitten der Herbstkrise der Bayern, als er sich auf der Tribüne emotional über den 2:2-Ausgleich von Borussia Dortmund in der Nachspielzeit ärgerte. Herrlich! Das war ein total positives Zeichen.

So muss es sein, wenn du Bayern München führst. Da darf und muss man auch Emotionen zeigen. Das war der Oliver Kahn, wie ich ihn noch als Teamkollegen kenne. Das ist auch bei den Jungs angekommen und war eine Initialzündung für den Lauf, der dann folgte.

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Für ein positives Highlight sorgte auch die Frauennationalmannschaft, die in England Vizeeuropameister wurde und auf einem sehr guten Weg ist. Damit können sich die deutschen Fans im Vergleich zur Männernationalelf auch deutlich mehr identifizieren, weil sie eben alles dafür tun, um erfolgreich zu sein. Und das spiegelt sich auch an den Einschaltquoten wider, die teilweise sogar besser waren.

Beeindruckt hat mich auch Stéphanie Frappart, die bei der WM das Spiel Deutschland gegen Costa Rica souverän geleitet hat. Das ist ein Meilenstein für die Zukunft. Sie hat gezeigt, dass das auch auf diesem Niveau geht. Das wünsche ich mir auch für die Bundesliga wieder mehr, nachdem Bibiana Steinhaus dort nicht mehr aktiv ist. Wenn wir Topschiedsrichterinnen haben, sollten sie auch verstärkt zum Einsatz kommen.

Nationalelf enttäuscht bei der WM

Die WM in Katar wurde von defensiv stabilem und im Kollektiv funktionierendem Fußball geprägt. Die Top-4-Teams hatten alle eine ähnliche Spielanlage, auch wenn bei Argentinien und Frankreich die Individualisten den Unterschied gemacht haben. Ihre Spielweise hat mich begeistert, weil sie Fußball gearbeitet haben.

Die deutsche Nationalelf hatte da im Halbfinale einfach nichts zu suchen und ist verdient nach der Vorrunde nach Hause gefahren. Das ist natürlich eine Riesenenttäuschung. Mit Blick auf die Heim-EM 2024 muss jetzt einiges passieren.

Mit der neu gegründeten Taskforce ist ein erster Schritt getan, für mich ist deren Besetzung ideal: Mehr Kompetenz, Wissen und Erfahrung gibt es nicht. Wenn sich alle voll einbringen und auch gehört werden, ist das eine sehr positive Entwicklung.

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Da ist keiner dabei, der irgendjemandem nach dem Mund reden würde, sondern es sind alle sehr meinungsstarke Persönlichkeiten, die sich auch in der Öffentlichkeit nicht wegducken. Und wenn man die Fans zurückgewinnen will, muss man transparent sein. Die Taskforce kann dabei helfen, wieder für einen Wandel im deutschen Fußball zu sorgen.

Es sollten Ex-Spieler auf die DFB-Bank

Bei der WM sah man unter anderem Edgar Davids bei den Niederlanden oder Mario Mandzukic und Ivica Olic bei Kroatien auf der Trainerbank sitzen. Die haben auch während der Pausen auf dem Feld immer wieder mit den Jungs gesprochen. Fast jedes große Team hat solche verdienten Ex-Spieler dabei. Das würde ich mir auch bei der Nationalmannschaft wünschen.

Man sollte darüber nachdenken, den ein oder anderen Ehemaligen ins Trainerteam zu holen. Wir haben genügend große, erfolgreiche Spieler.

Auch bei der Suche nach einem Sportdirektor muss es zeitnah eine Lösung geben. Die Tendenz geht klar zu Fredi Bobic. Er wäre ein Topkandidat, würde sehr gut zum DFB passen und hat unter anderem in Frankfurt bewiesen, was er kann.

Der FC Bayern als großer Verlierer der WM

Wir können uns jetzt auf jeden Fall auf eine spannende Restsaison freuen. Der Kampf um die Meisterschaft ist noch lange nicht entschieden. Die Ausfälle von Manuel Neuer, Lucas Hernández und Sadio Mané stellen die Bayern nämlich vor große Probleme. Ihre Saisonziele sind damit gefährdet.

Der FC Bayern ist insgesamt einer der großen Verlierer der WM. Fast alle Spieler kommen enttäuscht aus Katar zurück: Die Deutschen sowieso, aber auch die Franzosen, die das Finale auf tragische Art und Weise verloren haben.

Das tut Bayern München schon extrem weh, auch psychologisch. All das wird noch lange in den Klamotten hängenbleiben. Da wird viel Fingerspitzengefühl von Julian Nagelsmann gefragt sein, um die Spieler wieder in die Spur zu bekommen. Eine Herkulesaufgabe, die man nicht unterschätzen sollte.

Neuer hat Bayerns Ziele fahrlässig in Gefahr gebracht

Neuers Ausfall ist eine Riesenbaustelle, die sie schließen müssen. Er hat die Ziele des FC Bayern fahrlässig in Gefahr gebracht. Für die Verantwortlichen um Hasan Salihamidzic und Kahn ist das nicht weniger als die größte Herausforderung, seit sie im Amt sind, weil die Verletzung unvorhergesehen kam. Da müssen sie jetzt schnell die passenden Antworten geben.

So bitter das für Bayern ist, ist es vor allem für RB oder auch den BVB, die Chance, noch mal anzugreifen und vielleicht den ganz großen Wurf zu schaffen. Auch Freiburg und Frankfurt sind nicht chancenlos. Leipzig ist nur sechs Punkte zurück und empfängt die Bayern direkt im ersten Spiel zu Hause. Mit einem Sieg könnten sie den Kampf um die deutsche Meisterschaft richtig spannend machen. Das ist also für beide Mannschaften das vielleicht wichtigste Spiel der gesamten Restsaison.

Das Duell mit PSG kann auch übel ausgehen

Auch in der Champions League steht direkt im Februar das Duell mit Paris Saint-Germain an. Diese Aufgabe hat es in sich und kann auch übel ausgehen. Andererseits darfst du Bayern München nie abschreiben oder unterschätzen.

Die internationale Bilanz der deutschen Klubs kann sich mehr als sehen lassen. Gleich vier Teams haben es ins Achtelfinale der Champions League geschafft. Leverkusen ist zumindest noch in der Europa League vertreten und hat die Möglichkeit, die vielleicht sogar zu gewinnen.

Zum Schluss möchte ich Ihnen, liebe Leser und Leserinnen, noch einen guten Start ins neue Jahr wünschen und Danke sagen für Ihr Interesse an meiner t-online-Kolumne. Ich freue mich jetzt schon wieder auf das Fußballjahr 2023 und hoffe, Sie auch. Das wird spannend.

Bis bald,

Ihr Stefan Effenberg

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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