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DFB: Die Nationalmannschaft nach den Länderspielen – Was war das jetzt?


Erkenntnisse aus den Länderspielen
Ein Hoffnungsschimmer und ein Alarmsignal

Von Benjamin Zurmühl

Aktualisiert am 29.03.2023Lesedauer: 5 Min.
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Hansi Flick: Der Bundestrainer nahm viele Erkenntnisse aus den Länderspielen mit.Vergrößern des Bildes
Hansi Flick: Der Bundestrainer nahm viel Aufschlussreiches aus den Länderspielen mit. (Quelle: IMAGO/Matthias Koch)

Trotz der Belgien-Pleite war Hansi Flick nach etwas über einer Woche mit seinen Nationalspielern zufrieden. Doch welche Erkenntnisse könnte er nun mitnehmen?

Eine Sache macht Hansi Flick klar: "Es muss einmalig bleiben, dass wir solche 25 Minuten gesehen haben." Die Anfangsphase der deutschen Nationalelf gegen Belgien hat dem Bundestrainer den zweiten Sieg im zweiten Spiel im Jahr 2023 verhagelt. Ex-Nationalspieler Lothar Matthäus drückte seine Kritik am RTL-Mikrofon noch drastischer aus: "Erst mal müssen wir die ersten 35 Minuten bewerten. Was Deutschland da gespielt hat, war das Schlechteste, was ich bisher in meiner langen Laufbahn gesehen habe."

Die DFB-Auswahl kam kaum ins Pressing, Belgien überspielte das deutsche Mittelfeld mit einer Leichtigkeit, die Flick neidisch machte. Mittelstürmer Romelu Lukaku ließ die deutschen Innenverteidiger an sich abprallen und legte den Ball mit dem Rücken für seine Teamkollegen ab. Kapitän Kevin De Bruyne dirigierte hinter Lukaku die Offensive und setzte die schnellen Flügelstürmer Dodi Lukébakio und Yannick Carrasco in Szene, die die deutschen Außenverteidiger mit ihren Tempodribblings schwindelig spielten. Es war eine Lehrstunde für die deutsche Nationalmannschaft – oder zumindest eine Lehr-halbe-Stunde.

Trotzdem wollte sich Hansi Flick nach dem Spiel nicht zu sehr davon beeinflussen lassen: "Wir haben viel Arbeit vor uns. Das wissen wir. Wenn ich jetzt sage, dass wir super happy sind, dann stimmt das nicht. Mit den zehn Tagen waren wir zufrieden. Auch wenn wir am Ende mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind. Solche Spiele tun uns in unserer Entwicklung auch gut."

Nun stellt sich die Frage, welche Erkenntnisse Flick aus diesen Länderspielen mitnehmen könnte.

Eine Schwachstelle ist bekannt, die andere wird klarer

Die Außenverteidiger sind seit Jahren ein Problemfeld in der Nationalmannschaft. Während sich auf anderen Positionen die Weltklassespieler tummeln, ist Deutschland rechts und links hinten dünner besetzt. Hansi Flick testete allein bei der WM in Katar drei verschiedene Rechtsverteidiger. Und auf der Linksverteidiger-Position spielten 2018 in Russland noch Marvin Plattenhardt und Jonas Hector, bei der EM 2021 war es Robin Gosens und nun versuchen sich David Raum und Christian Günter.

Auf eine Dreierkette umstellen will Flick aber auch nicht. Also muss er es mit den Spielern versuchen, die ihm zur Verfügung stehen. Die richtige Kombination hat er allerdings noch nicht gefunden. Rechts hinten kristallisiert sich Marius Wolf als eine ernsthafte Option heraus. Er kennt zudem aus Dortmund das Zusammenspiel mit Niklas Süle und Nico Schlotterbeck. Doch der frühere Flügelstürmer zeigt neben seinem hohen Einsatz auch Schwächen in den defensiven Zweikämpfen. Bis zur Heim-EM muss sich der 27-Jährige dringend steigern. Gleiches gilt für seine Teamkollegen auf der linken Seite.

Joshua Kimmich und Leon Goretzka verstehen sich gut. Doch funktionieren tut das Duo zumindest beim DFB momentan nur selten. Beide sind keine defensiven Mittelfeldspieler, die ihre Stärke im Spiel gegen den Ball haben. Beide brauchen eigentlich einen echten "Arbeiter" neben bzw. hinter sich, um sich auf die Arbeit im Offensivspiel zu konzentrieren. Belgien deckte die großen Lücken zwischen der Abwehr und Kimmich/Goretzka, die erst die Hereinnahme von Emre Can ausradierte.

Für den Dortmunder gab es ein Sonderlob vom Bundestrainer: "Emre Can war der 'Aggressive Leader', den wir gebraucht haben. Er hat viele Zweikämpfe gewonnen und die Mannschaft wachgerüttelt." Moment scheint es so, als hieße die Lösung Kimmich oder Goretzka, nicht Kimmich und Goretzka. Defensiv orientierte Sechser auf Topniveau hat Deutschland allerdings kaum. Emre Can spielte zwar bereits für Bayern München, Juventus Turin, den FC Liverpool und nun Borussia Dortmund, einen Stammplatz beim BVB hat er aber erst seit Januar. An den 29-Jährigen war vorher im DFB-Kader nicht zu denken.

Andere Alternativen wären beispielsweise Robert Andrich von Bayer Leverkusen oder Tom Krauß von Schalke 04. Doch Letzterer spielt momentan sein erstes volles Jahr in der Bundesliga und müsste für die Heim-EM noch einen großen Entwicklungsschritt machen. Ersterer wiederum hat es trotz seines Stammplatzes in Leverkusen inklusive Champions-League-Einsätzen noch nicht zu einer Nominierung gebracht.

Das neue System braucht Zeit

Bei der WM und davor spielte Hansi Flick oft in einem 4-2-3-1-System, gegen Peru und Belgien begann er in einem 4-2-2-2. Das Ziel war es, mit Timo Werner und Niclas Füllkrug als Sturmduo eine neue Alternative zu kreieren. Werner sollte mit seinen Tiefenläufen die Lücken in der Abwehr reißen, die der eiskalte Torjäger Füllkrug nutzen sollte. Dabei sollten sie die offensiven Mittelfeldspieler um Kai Havertz, Florian Wirtz, Mario Götze und Serge Gnabry unterstützen.

Doch das gelang nur in Teilen. Havertz funktionierte in der Rolle, Götze, Wirtz und Gnabry taten sich schwer. Gnabry hatte seine besten Minuten in der zweiten Hälfte gegen Belgien, als er nach der taktischen Umstellung auf ein 4-3-3-System auf dem rechten offensiven Flügel spielte. Werner hatte zudem ebenfalls Schwierigkeiten, seine Stärken in Szene zu setzen.

Wer sich mit drei Toren empfehlen konnte, war Niclas Füllkrug, der auch in Bremen in einem Sturmduo spielt und davon profitiert, noch eine Person neben sich zu haben. Die Länderspielpausen im Juni und im Herbst werden zeigen, in welchem System Flick die Nationalmannschaft bei der Heim-EM auflaufen lassen wird. Klar ist: Wenn es das 4-2-2-2 bleiben soll, braucht es noch viel Training und Spielpraxis.

Der Hoffnungsschimmer liegt im Kader

Gegen Belgien hatte Flick 21 Spieler zur Verfügung. Von den 24, die er ursprünglich nominiert hatte, fehlten vier (Bella-Kotchap, Musiala, Schlotterbeck, Havertz). Außerdem hatte der Bundestrainer auf elf Spieler verzichtet – zum Teil freiwillig, zum Teil unfreiwillig –, die bei der WM noch dabei waren.

Mit Leistungsträgern wie Antonio Rüdiger, Niklas Süle oder Ilkay Gündogan in der Mannschaft wäre die Partie gegen Belgien wohl anders gelaufen. Gerade Abwehrchef Rüdiger hätte vermutlich das getan, was Flick nach dem Spiel gefordert hatte: "Ich würde mir von den Innenverteidigern wünschen, dass sie die Sechser noch mehr zurückholen. Da wird sich zu wenig unterstützt, wir können uns das einfacher machen." Zudem hätte Süle wohl weniger Probleme mit der Physis Romelu Lukakus gehabt als Thilo Kehrer.

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Daher ist die Niederlage gegen Belgien für den Bundestrainer zwar eine Enttäuschung, doch sie hält sich in Grenzen.

Im Sommer gibt es Veränderungen

Flick hatte seinen März-Kader damit begründet, neue Spieler ausprobieren zu wollen, die zum Teil im Sommer bei der U21-EM spielen werden und dann nicht zur Verfügung stehen. Für diese Spieler verzichtete er auf einige der genannten Stammkräfte im DFB-Kader.

Doch im Juni, wenn die nächste Länderspielpause ansteht, sollte das Aufgebot dem der WM wieder etwas ähnlicher sehen. Damit ist auch deshalb zu rechnen, weil Flick dringend gute Ergebnisse braucht, um eine gewisse EM-Euphorie zu erzeugen. Und dafür benötigt er seine besten Spieler. Gerade dann, wenn auch sie ein neues System kennenlernen sollen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Pressekonferenz mit Hansi Flick nach dem Spiel
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