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Jo Deckarm feiert 60. Geburtstag - Mitgefühl für Schumacher


Nach Unfall 131 Tage im Koma
"Jo" Deckarm feiert seinen 60. Geburtstag

Von t-online, sid, dpa
19.01.2014Lesedauer: 3 Min.
Joachim Deckarm: Der frühere Handballstar und Mitspieler Heiner Brands führt seit seinem Unfall ein neues Leben.Vergrößern des BildesJoachim Deckarm: Der frühere Handballstar und Mitspieler Heiner Brands führt seit seinem Unfall ein neues Leben. (Quelle: dpa-bilder)
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Natürlich fragte man Joachim Deckarm auch nach seinen Gedanken zu Michael Schumacher. Er hoffe, "dass das Glück auf seiner Seite ist", sagt er. Der frühere Weltklasse-Handballer ist derzeit ein besonders gefragter Gesprächspartner, denn er hat Ähnliches erlebt: Sein Leben änderte sich nach einem Unfall radikal, 131 Tage lag er nach einem Zusammenstoß mit einem Gegenspieler im Koma. Dass er heute seinen 60. Geburtstag feiern darf, schien im März 1979 beinahe utopisch.

Das Unglück Schumachers, der nach einem schweren Ski-Unfall im künstlichen Koma auf der Intensivstation der Uniklinik von Grenoble liegt, habe ihn "berührt", sagte Deckarm. "Nach dem Unfall, nach dem Pech, was er dabei hatte, muss er jetzt einfach Glück haben." Dessen Familie wünscht er, "dass sie einfach nur das Beste hoffen. Einfach nur Hoffnung haben. Die Hoffnung stirbt zuletzt."

"Ein perfektes Vorbild nicht nur für Sportler"

Der Handball-Weltmeister von 1978 ist trotz seines tragischen Unfalls vor 35 Jahren immer ein Sportler, vor allem aber ein großer Kämpfer geblieben. Am heutigen Sonntag verneigt sich nicht nur Handball-Deutschland vor einem seiner Größten, wenn "Jo" in seiner Heimat Saarbrücken Geburtstag feiert. Beim Empfang zu Ehren des Jubilars werden sich unter den 120 Gästen auch viele Weltmeister von 1978 die Klinke in die Hand geben. Deckarms guter Freund Heiner Brand ist als Laudator natürlich auch dabei. "Die Art und Weise, wie Jo sein schweres Schicksal meistert, ist toll. Er versprüht eine Lebensfreude, mit der er ein perfektes Vorbild nicht nur für Sportler, sondern für alle Menschen in vergleichbarer Situation darstellt. Ich wünsche ihm, dass er den Weg der letzten 35 Jahre weitergeht", sagte Brand.

Was sich Deckarm selbst zum runden Geburtstag wünscht? "Viel Zuwendung", sagt er, "aber die werde ich wohl auch bekommen. Da dürften schon viele Leute auf mich zukommen. Und darauf freue ich mich sehr." Das Sprechen fällt ihm zwar schwer, doch seine Augen glänzen, als er in seinem Buch "Teamgeist - Die zwei Leben des Joachim Deckarm" blättert.

Gegenspieler Panovics: Unfall "verfolgt mich bis ins Grab"

Aus seinem ersten Leben wurde der 104-malige Nationalspieler am 30. März 1979 jäh gerissen, mitten im Europapokalspiel des VfL Gummersbach bei Banyasz Tatabanya in Ungarn. Nach einem Zusammenstoß mit Lajos Panovics stürzt Deckarm ungebremst mit dem Kopf auf den nur mit einer dünnen PVC-Schicht belegten Betonboden. Spieler und Betreuer tragen ihn vom Feld, Deckarm fällt ins Koma.

"Das war das Schlimmste, was ich in meiner Karriere erlebt habe. Den Unfall habe ich bis heute eigentlich nie so richtig verdaut", erinnert sich Brand, der die fürchterlichen Ereignisse hautnah miterlebte. Auch Gegenspieler Lajos Panovics leidet heute noch unter den Erinnerungen an das Unglück. "Das Deckarm-Trauma wird mich bis ins Grab verfolgen. Die Geschichte wird mich nie mehr loslassen", sagte der 64-jährige Panovics der "Welt am Sonntag"

Aufnahme in die Ruhmeshalle des deutschen Sports

Erst nach 131 Tagen wacht Deckarm, der laut Ex-Bundestrainer Vlado Stenzel "beste Handballer aller Zeiten", als neuer Mensch auf. Ein hilfsbedürftiger Mensch, der alle Fähigkeiten neu erlernen muss - gehen, sprechen, essen. Mit unbändigem Willen und dem Motto "Ich kann, ich will, ich muss" kämpfte er sich danach ins Leben, sein zweites Leben, zurück - und überraschte sich damit rückblickend selbst: "Dass ich so eine Kraft haben würde, das wusste ich auch nicht. Aber das ist wohl meine Einstellung."

Als "besonderer Kämpfer" wurde er im vergangenen Mai in die Ruhmeshalle, die "Hall of Fame" des deutschen Sports aufgenommen. Die gleichnamige Ausstellung gastiert zu Deckarms Ehren nun in der saarländischen Hauptstadt.

Ein Lachen, das ansteckt

Seinen Humor hat Deckarm, der seit 2002 in einer Einrichtung für betreutes Wohnen nahe der Saarbrücker Fußgängerzone lebt, trotz dieser unfassbaren Herausforderungen nicht verloren. Auf die Frage, was er sich für seinen Geburtstag vorgenommen habe, antwortet Deckarm: "Morgens aufstehen, ein bisschen feiern, und abends wieder ins Bett gehen. Ins eigene Bett." Es folgt ein lautes, herzliches Lachen, das ansteckt.

Das Apartment, in dem der frühere Mathematik- und Sportstudent lebt, erinnert an einen Fitnessraum. Eine Massagebank steht unter dem Fenster, neben der Küchenzeile ein Fahrrad-Ergometer. Sporttreiben ist großer Bestandteil seines Lebens: Neben Gymnastik, Krafttraining und Schwimmen steht einmal pro Woche sogar Klettern auf dem Programm. "Ich trainiere noch genau so viel wie früher, vielleicht eine andere Art Training", sagt Deckarm. Denn den Rollstuhl, in dem er bei der Begrüßung sitzt, würde er gerne zur Seite stellen. Wieder ohne Hilfe laufen zu können, "das ist immer noch ein Ziel".

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