t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon

Menü Icont-online - Nachrichten für Deutschland
Such Icon
HomeSportMehr Sport

Talk bei Sandra Maischberger: Anti-Doping-Chef von Russland ermordet?


Wurde der russische Anti-Doping-Chef ermordet?

Von t-online
Aktualisiert am 09.06.2016Lesedauer: 4 Min.
Den russischen Sportlern droht wegen Verdacht des Staatsdoping das Olympia-Aus.Vergrößern des BildesDen russischen Sportlern droht wegen Verdacht des Staatsdoping das Olympia-Aus. (Quelle: Ralph Peters/imago-images-bilder)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilenAuf WhatsApp teilen

Von Marc L. Merten

Tennis-Star Maria Scharapowa – für zwei Jahre gesperrt. Olympia 2016 in Rio de Janeiro ohne Russland? Nach aktuellem Stand, ja. Der Grund: Staatsdoping. Die ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping" von Reporter Hajo Seppelt deckte nun auf: Allen Beteuerungen zum Trotz ist der Doping-Sumpf in Russland noch viel tiefer geworden. Die Spuren führen bis zu einem Vertrauten von Wladimir Putin.

Vom russischen Geheimdienst, der bei der Manipulation positiver Doping-Proben half und internationale Doping-Kontrolleure mit der Ausweisung drohte, über den Sportminister Witali Mutko – er ist als Putin-Vertrauter übrigens für die Fußball-WM 2018 verantwortlich -, der höchstpersönlich an Vertuschungen beteiligt gewesen sein soll, bis hin zum einem mysteriösen Tod: Was Hajo Seppelt in seiner neuesten Doping-Dokumentation aufdeckt, gleicht eher einem internationalem Thriller-Bestseller als einem alltäglichen Sportbericht.

Rätselhafter Tod

Nikita Kamaev war einst der russische Anti-Doping-Boss. Nun wollte er auspacken, gemeinsam mit einem dänischen Wissenschaftler. Ehe es zum ersten Treffer der beiden kommen konnte, starb der 52-jährige Kamaev im Februar 2016 an Herzversagen. Ein Zufall? Laut der ARD-Dokumentation hatte Kamaev vor, "kontrovers und schockierend" über die Doping-Praktiken seines Landes zu berichten, über geheime Labors, über ein über die Landesgrenzen hinaus gehendes Netzwerk, um aus guten Athleten die besten zu machen.

Nimmt sich Russland heraus, über dem Gesetz zu stehen? Wird es gar geschützt von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), den internationalen Sport-Verbänden, der internationalen Politik? Solange der Rubel rollt und die Menschen ihre Helden feiern, ist dann alles erlaubt? Diese Fragen wurden am Mittwochabend im Anschluss an die ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping" bei Sandra Maischberger diskutiert.

"Gedoptesten Olympischen Spiele der Geschichte"

Glaubt man Professor Perikles Simon, so sollten sich die Menschen von dem Gedanken verabschieden, dass bei Olympia natürliche Top-Ergebnisse zustande kommen werden. Der angesehene Wissenschaftler geht von den "gedoptesten Olympischen Spielen der Geschichte" aus. Denn: "Wir dürfen seit 2012 etwas nicht publizieren", eröffnet Simon. "Wir haben Athleten befragt, und 45 Prozent haben gesagt, Ja, sie nutzen leistungsfördernde Substanzen." Doch damit nicht genug. Simon geht davon aus, dass die Dunkelziffer viel höher liegt. Und das aus einem einfachen Grund: "Wir reden nicht über die Bundesliga, sondern über die zwei, drei Besten eines Landes. Und da liegt die Quote über 45 Prozent."

DOSB-Chef misslingt Spagat

Wird also jeder zweite Olympia-Sieger in diesem Sommer in Wahrheit gedopt sein? Ist das, was Hajo Seppelt und sein Team in Russland aufdeckten, nur die Spitze des Eisbergs? Ist es naiv zu denken, dass in Deutschland alles mit rechten Dingen zugeht? "Ich weiß nur, dass es in Deutschland anders läuft", beteuerte Michael Vesper. Der Vorsitzende des Deutschen Olympischen Sport-Bundes (DOSB) versuchte einen politischen Spagat, der ihm misslang. Er verurteilte die russischen Methoden und stellte gleichzeitig Deutschland als leuchtendes Beispiel für den Anti-Doping-Kampf hin. Doch er konnte sich des Vorwurfs Simons nicht erwehren, dass sich auch der DOSB im Anti-Doping-Kampf "nur auf gewissen Druck hin bewegt" und gleichzeitig weiterhin immer neue Top-Leistungen ihrer Athleten einfordert.

IOC unter Druck

Dieser Druck wird nun auch wieder auf das Internationale Olympische Komitee (IOC) ausgeübt. Allerdings, um Russland trotz aller Vergehen doch für Olympia 2016 zuzulassen. Aktuell sind alle russischen Athleten von internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen. Geht es nach Hajo Seppelt, bleibt es dabei. "Was dort passiert, ist staatlich gestütztes, systemisches Doping. In Russland läuft die Vertuschung im großen Stil ab und es gibt massive Verdachtsmomente, dass dies von oberster politischer Stelle gesteuert wird." Dies könne nur zu dem einen Schluss führen, dass alle Athleten gesperrt werden. Auch jene, die sauber wären. Denn: "Die sauberen Sportler müssen sich nicht beim IOC beschweren, sondern bei ihrem eigenen Verband, weil der sich nicht an die Regeln gehalten hat."

Kontroverse Diskussion

Sandra Maischberger hatte Seppelt einen besonderen Gast zur Seite gestellt und auf dasselbe Sofa direkt daneben gesetzt. Ivan Rodionov, Journalist des regierungsnahen TV-Senders Russia Today, raubte Seppelt sichtlich die Nerven. "Es war ein tolles Drehbuch, mit den Schlapphüten des FSB, eine so spannende Lektüre, da konnte man sich gar nicht von losreißen", verbannte er die ARD-Doku ins Reich der Fabeln. Als er gleiches mit den beiden Kronzeugen Julija Stepanowa und ihren Mann Witali Stepanow machte, die mittlerweile aus Angst um ihr Leben an einem geheimen Ort in den USA leben, platzte Seppelt der Kragen: "Der Mann war arbeitslos, die Frau überführt und gesperrt", hatte Rodinov gesagt. "Ihre Karriere hing davon ab, was sie an Enthüllung zu bieten hatten. Sie hatten ein Hühnchen mit dem ehemaligen Arbeitgeber zu rupfen und dafür Geld kassiert."

Russischer Sportminister widerspricht

"Wie können Sie es wagen, so respektlos über solche Menschen zu reden?", empörte sich Seppelt, und auch Moderatorin Maischberger sah sich genötigt, Rodionov darauf hinzuweisen, dass eine solch offensichtliche Denunzierung von Zeugen nicht hilfreich sei, um die russische Glaubwürdigkeit zu verbessern. Doch Seppelt hätte es wissen müssen, er hat es wohl auch gewusst. Schließlich hat er mit seiner Dokumentation die Wunde Russlands noch einmal aufgerissen und einen Freispruch für Olympia 2016 weiter erschwert. Witali Mutko, der russische Sportminister, sagte zwar im Bericht: "Wie könnte ich Einfluss nehmen? Der Staat hat sich vom Spielfeld des Sports zurückgezogen." Doch von seiner höchsten Beraterin, Natalie Zhelanova, bis hin zu ihm selbst, hat Russland in den letzten Jahren weiter fleißig Verhandlungen mit internationalen Verbänden geführt, um positive Doping-Befunde gegen Geld verschwinden zu lassen.

Kein Wunder also, dass Professor Simon fragte: "Ist das nur ein russisches oder ein globales Versagen?" Die Olympischen Spiele stehen spätestens jetzt unter einem Stern der Unglaubwürdigkeit.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

t-online - Nachrichten für Deutschland


TelekomCo2 Neutrale Website