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Lea Meyer über Olympia 2024 in Paris: "Ein Sportpsychologe hilft mir"


Hindernisläuferin Lea Meyer
EM-Vizemeisterin kritisiert Deutschen Leichtathletik-Verband

  • Melanie Muschong
InterviewVon Melanie Muschong

24.09.2022Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Lea Meyer: Die Hindernisläuferin hat über die 3000 Meter in München Silber geholt. (Quelle: IMAGO/Gladys Chai von der Laage)

Hindernisläuferin Lea Meyer hat in München Silber geholt. Im Interview spricht sie über ihre Olympia-Vorbereitung – und sagt, was der DLV verbessern müsse.

Lea Meyer konnte ihren Silber-Erfolg bei der EM in München kaum glauben. Die 24-jährige Hindernisläuferin ist eine von Deutschlands Hoffnungsträgerinnen für die Zukunft und auf dem Höhepunkt ihrer Karriere angelangt.

Im Interview mit t-online spricht sie über ihre kommenden Pläne für die WM 2023 und Olympia 2024 in Paris. Sie erklärt, wie wichtig der mentale Faktor im Sport und für sie sei – und warum bei ihr ein Kinderriegel nie fehlen darf.

t-online: Die letzten Wochen war bei Ihnen viel los. Wie geht es Ihnen gerade?

Lea Meyer: Eigentlich sollte jetzt der entspannte Teil der Saison kommen. Ich habe mich aber leider im letzten Rennen verletzt. Ich habe einen Bänderriss und eine Fraktur am Fuß. Dadurch ist jetzt weniger an tatsächlicher Pause angesagt, aber Füße hochlegen ist dennoch drin. Ansonsten geht es mir sehr gut.

Konnten Sie in der Zwischenzeit den Silbertriumph von München verarbeiten?

Noch nicht wirklich. Es ging stetig weiter und es war viel und hektisch. Ich war noch im Trainingsalltag. In der Zeit, in der ich alles verarbeiten wollte, waren meine Gedanken jetzt damit beschäftigt, wie ich wieder fit werde. Das ist aber auch typisch für den Leistungssport. Es kommt immer Schlag auf Schlag. Vor Dezember werde ich mich nicht mit irgendwelchen Wettkämpfen, die in der Halle starten, beschäftigen.

Wie sieht Ihr Comeback-Plan bis Dezember aus?

Ich hoffe, dass ich in drei Wochen wieder meine ersten Schritte im Laufen machen kann. Bis November geht es um den Formaufbau, aktuell durch die Verletzung mehr auf dem Rad. Im November würde ich gerne mein erstes Höhentrainingslager in Südafrika für vier Wochen machen. Zudem möchte ich mal eine Höhenkette ausprobieren, so wie es Gesa Krause auch schon lange macht. Jetzt ist ein Jahr, in dem ich das machen kann. Im Olympia-Jahr fängt man nicht an, große Experimente zu starten. Danach sollte mich mein Trainer auch wieder sehen, und dann geht es im Januar schon wieder in die Höhe.

Im nächsten Jahr findet die WM in Budapest statt, 2024 dann Olympia in Paris. Ist das für Sie Druck oder freuen Sie sich, diese Ziele vor Augen zu haben?

Druck ist es für mich nicht. Ich weiß aber, dass ich zu einem bestimmten Zeitpunkt fit sein muss. Ich bin in der privilegierten Situation, dass ich die Norm für das nächste Jahr schon habe. Auf der anderen Seite trainiere ich nicht jeden Tag, um dann kein Ziel zu haben. Ich habe die letzten zwei Jahre gemerkt, dass es für mich besser funktioniert, wenn ich ohne Druck rangehe und es nehme, wie es kommt. Es sind noch zwei Jahre bis zu den Olympischen Spielen, die habe ich noch und brauche ich auch noch. Ich muss mich noch stabilisieren.

Wie gehen Sie allgemein mit Druck um? Arbeiten Sie mit einem Mentaltrainer zusammen?

Ich bin nicht entspannt und ein totaler Kopfmensch. Seit zwei, drei Jahren arbeite ich daran. Ich habe einen Sportpsychologen. Er ist da, wenn es auf Höhepunkte zugeht. Es geht nicht darum, dass er großartige Tipps hat, aber er hört mir zu. Außerdem hat er vielleicht noch eine kleine Idee, die viel ändern kann. Das ist wichtig, um eine Struktur reinzubringen. Gerade nach der WM und dem Sturz in den Wassergraben stand ich die Woche vor München da und wusste, dass der Wassergraben wieder kommt. Der Sportpsychologe hilft mir, diese Situationen schon vorher durchzugehen.

Haben Sie vor dem Wettkampf gewisse Routinen entwickelt, um ruhiger zu sein?

Ich brauche meine Strukturen. Ich brauche meine ausreichende Zeit vor dem Wettkampf. Da muss ich alleine sein und alles noch mal durchgehen. An dem Wettkampftag selbst kann ich noch bestimmte Leute sehen. Meine Mutter zum Beispiel, aber ich könnte mit ihr keinen Tag verbringen. Ich muss meinen Coach vorher noch einmal sehen und muss wissen, dass er da ist. Wenn ich auf die Bahn gehe, spreche ich meistens noch mal mit mir selbst. Und das auch laut. Ich sage mir dann, weshalb ich dastehe und was ich kann oder worauf ich mich verlassen kann. Bei mir gehört zudem die Kinderschokolade dazu. Die ist immer mit dabei, und das wird sich auch nicht mehr ändern. In Tokio war es so heiß, da ist die Kinderschokolade geschmolzen. Da darf ich dann nicht panisch werden, ich hatte sie trotzdem mit.

Welchen Effekt hat die Kinderschokolade?

Wegen der schnellen Energie hatte ich die Schokolade ursprünglich mit, aber ich kann sie dann kurzfristig auch durch Traubenzucker ersetzen, wenn es warm ist. Zu einem bestimmten Zeitpunkt vorher nehme ich für das Mentale noch mal etwas Süßes, das gibt mir den kleinen Kick. Bei mir ist 40 Prozent die körperliche Leistung und 60 Prozent der Kopf.

60 Prozent mentale Stabilität klingt für den Laien nach sehr viel.

Ich versuche, mich dann vor dem Wettkampf nicht mit dem Rennen zu beschäftigen und Distanz zu schaffen. Sonst werde ich nervös.

Wie sieht denn der Austausch mit Ihren Teamkollegen aus?

Wir haben schon viele gute Läuferinnen in Deutschland, aber wir sind über das Land verteilt. Wir bekommen es nicht hin, Stützpunkte einzurichten, sodass wir mehr voneinander profitieren könnten. Früher war der Konkurrenzgedanke größer. Das ist nicht mehr so und es findet viel Austausch statt, aber es gibt keine Gruppen wie beispielsweise in den USA. Dort sind es 10 bis 15 Leute, die pushen sich in jedem Training. Ich bin auch nur ein Mensch und es gibt auch Tage, da habe ich keine Lust zu trainieren, und dann komme ich ins Training und dann ist dort meist keiner außer meinem Coach, der mich pushen kann. Ich würde mir schon manchmal wünschen, dass man hier größere Gruppen hätte, wo wir mehr voneinander profitieren könnten.

Wie könnte das gelingen?

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Der DLV versucht es ja und es gibt auch Stützpunkte. In NRW ist es etwas anderes als in Niedersachsen, wo ich herkomme. Da war Hannover für mich der Stützpunkt, aber der war 2,5 Stunden entfernt, da bin ich nicht hingefahren. Es ist schwer umzusetzen, und die Trainer müssten aus anderen Geldern bezahlt werden, aber ich fände es schon schön, wenn der DLV da noch mehr hinterher wäre. Der Bundestrainer für ganz Deutschland kann sich nicht zehnteilen. Da müsste man mehr mit zentralen Maßnahmen arbeiten, für die alle offen sein müssten.

Wenn Sie an die kommenden zwei Jahre denken, was kommt Ihnen in den Sinn?

Ich freue mich extrem und es sind coole Orte, die kommen. Wenn ich die Leistungen abrufe, dann habe ich auch eine finanzielle Sicherheit, die damit einhergeht. Und ich weiß, ich kann mir auch erlauben, das alles mitzumachen. Es ist eine Vorfreude, und das Jahr hat mir gezeigt, dass noch irgendwo die eine oder andere Sekunde liegt, die mitgenommen werden kann. Mit Mitte zwanzig muss ich mir jetzt überlegen, kann ich das noch machen oder sollte mein Studium in den Fokus rücken? Jetzt gerade habe ich durch den Verband und Sponsorengelder die Option, dass ich mich voll auf den Sport fokussieren kann. Das ist eine enorme Erleichterung.

Was wollen Sie in der Zukunft noch erreichen?

Nach diesem Jahr habe ich den Gedanken im Kopf: Ein Olympisches Finale ist machbar. Wenn ich in dem Bereich jetzt stabil laufe, ist das etwas, das funktioniert. Das wäre das i-Tüpfelchen, was die Karriere abrunden würde.

Verwendete Quellen
  • Eigenes geführtes Video-Interview mit Lea Meyer
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