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Zverev als Nummer eins? "Es wird passieren!"


Patrik Kühnen im Interview
"Alexander Zverev wird die Nummer eins der Welt!"

t-online, Guido Heisterkamp

28.08.2017Lesedauer: 6 Min.
Der frühere Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen freut sich auf die US-Open mit Alexander Zverev.Vergrößern des BildesDer frühere Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen freut sich auf die US-Open mit Alexander Zverev. (Quelle: imago-images-bilder)
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Alexander Zverev ist die große Hoffnung im deutschen Herren-Tennis. Der 20-Jährige spielt sich immer weiter in die Weltklasse – und könnte bei den US Open seinen ersten Grand-Slam-Titel gewinnen. Heute startet das Turnier in New York.

Ex-Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen (2003 bis 2012 im Amt) hat Zverevs Entwicklung genau verfolgt. Im Exklusiv-Interview bei t-online.de spricht er über das Potenzial des Top-Talents, seine Chancen auf Platz eins – und analysiert seine größte Stärke.

t-online.de: Alexander Zverev erreichte in Wimbledon zum ersten Mal in seiner Karriere das Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers. Was trauen Sie ihm bei den US Open zu?

Patrik Kühnen (51): Für mich gehört Alexander Zverev zum Favoritenkreis. Durch die Erfolge in Washington und Montreal hat er seine starke Form unterstrichen. Hartplatz ist sein bester Belag. Die tolle Leistung insbesondere in den USA ist bezeichnend für seinen Aufstieg. Bei den US Open ist Zverev hinter Nadal und Federer auf Platz vier gesetzt. Das unterstreicht seine aktuelle Position. Zudem haben Titelverteidiger Wawrinka, Djokovic und Vorjahresfinalist Nishikori das Turnier abgesagt – und jetzt auch noch kurzfristig Andy Murray.

Wie wichtig ist die tolle Position in der Setzliste für Zverev?

Das wird ihm einen Schub geben. Sein Aufstieg in die Weltspitze hat kontinuierlich über die letzten Jahre stattgefunden. Momentan ist er auf Platz sechs der ATP-Weltrangliste und hat das Potential, weiter nach vorne zu kommen. Er hat zwei Masters-Turniere gewonnen, aber die Grand Slams im Best-of-five-Modus sind eine besondere Herausforderung.

Ist Zverev mental und körperlich fit genug?

Er hat bei den Erfolgen in Washington und Montreal seine gute Verfassung unterstrichen und hatte vor den US-Open genügend Zeit, sich von diesen beiden Turnieren zu erholen. Er ist spielerisch und mental absolut auf der Höhe. Er hat Selbstvertrauen durch die Turniersiege. Bei den US-Open wird er sein volles Potential ausspielen können.

Was sind die großen Stärken von Alexander Zverev?

In den entscheidenden Situationen, bei den entscheidenden Punkten, ist er voll da und spielt sein absolut bestes Tennis. Das zeichnet die großen Champions aus. Mit seinem Aufschlag kann er viele Punkte erzielen. Mit seinen variablen und schnellen Grundlinienschlägen kann er von beiden Seiten sofort die Entscheidung erzwingen, wenn sich ihm eine Lücke bietet. Er bringt alles mit, was man braucht und ist in der absoluten Weltspitze angekommen.

Woran muss er noch arbeiten?

Er ist noch sehr jung. Wenn man sich das Durchschnittsalter der ersten Hundert vor Augen führt, erkennt man, welch ein Ausnahmespieler er ist. Alexander Zverev hat noch Entwicklungspotential, er kann sich körperlich noch verbessern, und über die Zeit wird sein Spiel kompletter und stärker werden. Er wird seine großen Stärken weiter ausbauen und einige Defizite, die er noch hat, verbessern.

Wieviel Anteil hat sein Umfeld an seinem Erfolg?

Die ganze Familie Zverev liebt und lebt Tennis, das ist ein ganz wichtiges Fundament. Von der Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Weltranglistenersten Juan Carlos Ferrero wird er viel profitieren. Auch wenn er selbst die Entscheidungen auf dem Platz trifft, hat ihn sein Umfeld dahin geführt, wo er jetzt ist. Deshalb wird er uns in den nächsten Monaten und Jahren sehr viel Freude machen.

An welchen Spieler erinnert sie Zverev?

Er hat seinen eigenen Stil. Es ist wichtig, dass er seine Individualität und seine eigene Identität auf dem Platz hat. Spontan fällt mir kein Spieler ein, mit dem ich ihn vergleichen würde, weil er für eine neue Generation steht. Er hat Vertrauen in sein Spiel und sein eigenes Ziel gefunden.

Wann wird Zverev die Nummer 1 der Welt?

In diesem Jahr konnte er bereits Turniersiege in allen Kategorien der ATP-Tour verzeichnen. Der nächste Schritt in seiner Entwicklung sind die Grand-Slam-Turniere, dort muss er in die entscheidenden Matches reinkommen. Bei den US-Open ist das schon möglich. Er hat das Potential für die Nummer eins und ich bin fest davon überzeugt, dass es passieren wird. Aber wann, ist schwer zu sagen.

Kann Zverev wie einst Boris Becker, Steffi Graf und das deutsche Davis-Cup-Team in den 80er und 90er Jahren einen neuen Tennisboom in Deutschland auslösen?

Das wäre wünschenswert. Er ist ein toller Spieler und ein toller Typ. Die Aufmerksamkeit wird sich erhöhen, wenn Grand-Slam-Erfolge kommen oder der Davis-Cup erfolgreich gespielt wird. Dann könnte er anderen Spielern Mut machen, den gleichen Weg zu gehen, so wie unsere Generation. Als Boris erstmals Wimbledon gewonnen hat, hatten viele den Mut, es auch mal zu versuchen.

Müssten die Regeln im Tennis geändert werden, um wieder attraktiver für ein breiteres Publikum zu werden?

Darüber wird viel diskutiert. Ich habe da eine traditionelle Meinung. Die Matches, an die man sich erinnert, sind von Dramatik geprägt: Die Fünf-Satz-Matches sind wahnsinnig spannend und unglaublich emotional. Dem Tennis würde etwas verloren gehen, wenn man bei den Grand Slams nicht mehr im Best-of-five-Modus bei den Herren spielen würde.

Was würden Sie Zverev als ehemaliger Davis-Cup-Teamchef raten: Voller Fokus auf die eigene Karriere oder muss er für Deutschland vorangehen?

Ich bin ein großer Befürworter des Davis Cup und würde mir wünschen, dass er sich dem Davis Cup verpflichtet, weil Deutschland mit ihm im Team viel größere Chancen hätte.

Sie haben mit 30 ihre Profikarriere beendet. Die Altmeister Roger Federer (36) und Rafael Nadal (31) haben in diesem Jahr die Grand Slams beherrscht. Was sagen Sie zu deren Leistung?

Es ist einfach fantastisch, dass sich Federer und Nadal so stark zurückgemeldet haben. Das ist riesig, eine unglaubliche Leistung und zeigt, mit wie viel Leidenschaft die beiden Tennis spielen. Roger Federer hat nach Wimbledon letztes Jahr die Entscheidung getroffen, nicht mehr zu spielen, und kam 2017 in einer unglaublichen Form zurück. Er hat sein Spiel etwas umgestellt und dann die Australien Open dominiert. Rafael Nadal hat danach die Sandplatz-Saison beherrscht. Es ist bewundernswert, dass Spieler, die in ihrer Karriere alles gewonnen haben, sich noch mal überlegen, was sie tun können, um erneut an ihren Zenit heranzukommen.

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Schaffen es junge Talente wie Zverev, Dominic Thiem oder Nick Kyrgios deshalb nicht, die Altmeister vom Thron zu stoßen?

Zverev hat Federer in Montreal geschlagen und hatte schon enge Matches gegen Nadal: Bei den Australian Open scheiterte er erst in fünf Sätzen am Spanier und hatte 2016 in Indian Wells Matchbälle gegen ihn (beides Hartplatz-Turniere wie in New York, Anm.d.Red.). Er ist an den ganz großen Namen dran. Zverev, Thiem, Gregor Dimitrov und Kyrgios drücken nach vorne, ihre Zeit in der absoluten Weltspitze wird kommen. Aber da stehen aktuell mit Federer und Nadal zwei Spieler, die sehr viel Erfahrung haben. Den Weg an die Weltspitze müssen sie sich erspielen, aber der Wechsel wird stattfinden. Bereits bei den US Open wird der Generationen-Kampf sehr spannend.

Fünf der Top-Ten-Spieler sind mindestens 30 Jahre alt, Zverev ist mit 20 der jüngste. Kann er eine Generation prägen und die Weltspitze dominieren wie Pete Sampras, Federer oder Nadal?

Alexander Zverev ist bereits Vorreiter und Gesicht der jungen Generation, führt die ATP-Rangliste der "Next Generation" (ATP-Profis, die 21 oder jünger und in den Top 200 sind, Anm.d.Red.) an. Aber in die Weltrangliste ist – im Vergleich zu 2016 oder 2015 – viel Bewegung reingekommen, viele junge Spieler sind nach vorne gerückt. Es ist klasse fürs Tennis, dass so ein junger Kerl nach vorne kommt. Zverev steht für ein modernes, schnelles Tennis und ist auch in seinen Analysen und Aussagen sehr klar.

Angelique Kerber erlebt ein enttäuschendes Tennisjahr 2017, ist auf Platz sechs der Weltrangliste abgerutscht. Wie erklären Sie sich den "Absturz"?

Im Sport ist es üblich, dass es mal steiler nach oben geht und dann wieder eine Phase kommt, in der es nicht optimal läuft. Letztes Jahr war überragend, als sie die Nummer Eins geworden ist. Im folgenden Jahr muss man seine Erfolge verteidigen und will seine Position halten. Ich sehe das alles ein bisschen gelöster, denn vor zwei Jahren hätte man Platz sechs noch super gefunden. Kerber hätte sich sicherlich das Jahr anders gewünscht, aber trotzdem ist sie in den Top 10. Es ist wichtig, die Dinge so zu sehen, wie sie sind und nicht, wie sie sein sollten. Es ist Fakt, dass sie aktuell die Nummer sechs der Welt ist, und sie hat die Chance, Plätze gutzumachen. Sie ist eine Spielerin, die noch viele Jahre vor sich hat. Es gab genügend andere Spielerinnen, welche die Nummer eins zurückerobert haben.

Trauen Sie ihr bei den US Open die Titelverteidigung zu?

Serena Williams wird nicht dabei sein, auch dadurch haben viele andere Spielerinnen eine Chance, auch Angelique Kerber. Ihr dramatisches Achtelfinal-Aus gegen die spätere Siegerin Garbine Muguruza in Wimbledon hat gezeigt, wie eng das alles ist. Das war ein hart umkämpftes Spiel, vielleicht das beste Damen-Match des Turniers. Auch wenn die Saison von Kerber nicht so gelaufen ist, wie sie sich das vorgestellt hat, gehört sie bei den US Open zu den Favoritinnen und kann das Turnier gewinnen.

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