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Magdalena Neuner lebt zwischen zwei Träumen


Deutschlands Biathlon-Heldin Neuner
Ein Leben zwischen zwei Träumen

Von Nils Kögler

Aktualisiert am 30.03.2023Lesedauer: 5 Min.
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Magdalena Neuner bei den Olympischen Spielen 2010: In Vancouver/Whistler wurde sie endgültig zur "Gold-Lena".Vergrößern des Bildes
Magdalena Neuner bei den Olympischen Spielen 2010: In Vancouver/Whistler wurde sie endgültig zur "Gold-Lena". (Quelle: imago sportfoto)

Für ihr Leben hatte Magdalena Neuner zwei Träume. Einen erfüllte sie sich mit ihrer außergewöhnlich erfolgreichen Biathlon-Karriere – den anderen lebt sie heute.

In einem großen Holzhaus steht eine Frau Mitte 30 am Herd und bereitet das Mittagessen vor. Bei ihr ist ihr einjähriger Sohn, die Tochter ist in der Schule, der ältere Sohn im Kindergarten, der Mann arbeitet in der eigenen Zimmerei. Was wie die Momentaufnahme eines gewöhnlichen Lebens irgendwo in Deutschland wirkt, stammt aus einer ARD-Dokumentation: "Ohne Gewehr – Leben nach dem Biathlon" heißt sie.

Es ist eine Szene aus einem Leben, das alles andere als gewöhnlich ist: erst die erfolgreichste deutsche Biathlon-Karriere in nur sechs Jahren Profisport, dann mit 25 Jahren die radikale Wende. Magdalena Neuner hat den öffentlichen Traum einer Ausnahmekarriere gelebt. Heute lebt sie ihren ganz privaten.

Traum eins startet vor dem TV

Der erste Traum startete im Jahr 1998, als die elfjährige Magdalena in Wallgau in Bayern vor dem Fernseher saß: "Als 1998 die Olympischen Winterspiele in Nagano im Fernsehen liefen und ich sah, wie die deutschen Biathleten Medaillen gewannen, fasste ich einen Entschluss: Das wollte ich auch einmal erreichen." So schreibt sie auf ihrer Homepage.

Dieses Ziel sollte sie schneller erreichen, als sie es sich damals erträumt hatte. Bei den Juniorinnen holte Neuner drei Jahre in Folge mehrere Goldmedaillen bei den Weltmeisterschaften. Der Lohn: Bereits im Januar 2006, im Alter von gerade einmal 18 Jahren, durfte sie ihr Weltcup-Debüt bei den Profis feiern. Nur ein Jahr später, im Januar 2007, folgte der erste Weltcup-Sieg. Wiederum nur einen Monat später gelang ihr dann schon der erste Weltmeisterschaftstitel bei der WM in Antholz – zwei weitere Goldmedaillen sollten noch folgen.

Der Shootingstar des Biathlons

Neuner wurde zum Shootingstar des Biathlons und zu einem der bekanntesten Sportprofis des Landes. Entsprechend erhielt sie Ende 2007 die Auszeichnung zu Deutschlands Sportlerin des Jahres – zweimal sollte sich das noch wiederholen. Interviewanfragen, TV-Angebote und potenzielle Sponsoren, die die junge Frau mit dem strahlenden Siegerlächeln als Werbegesicht gewinnen wollten, häuften sich.

Eine Entwicklung, die sich in den folgenden Jahren weiter fortsetzen sollte. Entsprechend einer Umfrage des Sportinformationsdienstes (SID) nach den bekanntesten aktiven Sportlern folgte sie im Jahr 2010 Formel-1-Legende Michael Schumacher direkt auf Platz zwei.

Ein bodenständiger Superstar

Die Sympathien der Deutschen, sie flogen Neuner nur so zu. Sie war jung, erfolgreich und eloquent. Vor allem begeisterten sich viele aber schon damals für ihre bodenständige Art. Die Medien schrieben über Neuners Familienverbundenheit und ihre Hobbys – Stricken und Harfe spielen. Die Botschaft war klar: Neuner ist eine ganz normale junge Bayerin, die nebenbei einfach gut im Biathlon ist.

Neuners Beliebtheit sorgte zwar dafür, dass sich die Termine auch abseits der Loipe häuften. Trotzdem ließ sie sich davon nicht ablenken und sammelte weiter Medaillen: Insgesamt zwölf Goldmedaillen bei Weltmeisterschaften sollten es am Ende ihrer Karriere sein – ein Rekord, der erst im vergangenen Februar von der Norwegerin Marte Olsbu Röiseland gebrochen werden konnte. "Gold-Lena", wie sie die Boulevardblätter bald tauften, legte noch viermal WM-Silber und einmal Bronze obendrauf. Dreimal gewann sie den Gesamtweltcup.

Olympia als Wendepunkt

Den sportlichen Höhepunkt erreichte Neuner im Jahr 2010 in Vancouver. Denn dort erfüllte sie sich den Traum von der Teilnahme an den Olympischen Spielen – und auch das äußerst erfolgreich: Gold in der Verfolgung und im Massenstart, Silber im Sprint.

Doch Olympia wurde für Neuner dann zum Wendepunkt. Sie wusste zwar, welcher Druck und welche Erwartungshaltung mit dem Erfolg einhergingen und konnte ihn trotzdem genießen, wie sie in der ARD-Doku erzählt: "Die meiste Zeit meiner sportlichen Karriere war einfach total schön."

"Es ist alles schon viel Schein"

Doch in Vancouver änderte sich das: "Ich hatte diesen naiven, romantischen Traum davon, dass alles total toll ist, wenn du dahin fährst, olympisches Dorf, alle wie so eine große Familie." Doch die Realität erlebte sie anders: Wie eine Nummer habe sie sich gefühlt, irgendeine Sportlerin, die Olympiasiegerin geworden sei. "Tausend Leute, die dir da gratulieren, wo du weißt, die hatten vorher nie etwas mit dir zu schaffen, die haben dich nicht mal angeguckt und jetzt scharen sich alle um dich", so Neuner.

Selbst Stunden nach dem Triumph habe sie noch keinen Kontakt zu ihrer Familie gehabt, obwohl diese extra mitgereist sei, erzählte sie an anderer Stelle einmal. Abends habe sie im Bett gelegen und sich gefragt: "Willst du das, ist es das wert?"

Ihr Fazit: "Es ist alles viel Schein."

Zurück in die Normalität

Neuner begann daraufhin endgültig, mit dem "Business" Biathlon zu fremdeln. Zwei Jahre lang setzte sie ihre Karriere noch fort, dann war Schluss. Ende 2011 verkündete sie, dass die laufende Weltcup-Saison ihre letzte sein werde. Den finalen Höhepunkt ihrer Karriere erlebte Neuner im Frühjahr 2012 bei der Heim-WM im bayerischen Ruhpolding: Zweimal Gold und je einmal Silber und Bronze gewann sie vor den jubelnden Fans. Kurz nach der WM sicherte sie sich zum dritten Mal den Sieg im Gesamtweltcup. Neuner zeigte allen: Ich bin immer noch auf der Höhe meiner Leistungskraft.

Dennoch oder gerade deshalb beendete Neuner ihre Karriere. Die Begründung: Die Bodenständige wollte endlich wieder genau das sein: bodenständig. Sie wolle zurück in die Normalität und sich fortan auf die Familienplanung konzentrieren, sagte sie, als sie ihr Karriereende ankündigte.

Der Traum von der eigenen Familie

Nicht zuletzt die Heim-WM dürfte Neuner erneut die Schattenseiten ihres Lebens als Sportstar gezeigt haben: Ein Stalker verfolgte sie, während des gesamten Wettbewerbs stand sie unter Personenschutz.

Mit erst 25 Jahren beendete sie den öffentlichen Trubel, der so wider ihre Natur zu sein schien. Sie wandte sich ihrem zweiten Traum zu, dem Traum von der eigenen Familie.

Auch dabei verschwendete Neuner keine Zeit: 2014 heiratete sie ihre Jugendliebe Josef Holzer, noch im selben Jahr bekam das Paar eine Tochter. 2016 folgte der erste Sohn, im Sommer 2021 der zweite. In Wallgau lebt die Familie nun einem großen Haus mit Garten.

Aus Magdalena Neuner wird Magdalena Holzer

Den Schritt vom Biathlon-Star ins Private vollzog Neuner auch namentlich: Bei der Hochzeit nahm sie den Namen ihres Mannes an, heute heißt sie offiziell Magdalena Holzer. Als Magdalena Neuner tritt sie heute nur noch bei öffentlichen Veranstaltungen auf. Die gibt es auch nach der Karriere noch: Für einige Partner ist sie immer noch Werbegesicht, zeitweise arbeitete sie als Biathlon-Expertin im Fernsehen. Als eine Art "Doppelleben" bezeichnet sie das.

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Ihr Hauptfokus aber gilt der Familie. "Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als Mama zu sein", betont Neuner auf ihrer Homepage. Dass sie in der Rolle voll aufgeht, wird in der ARD-Doku mehr als deutlich: Sie ist darin beim gemeinsamen Abendbrot mit Mann und Kindern zu sehen, bei einer Fahrradtour, zu der der radbegeisterte Sohn sie überredet.

Ärger über Schießfehler und schlechte Wettbewerbe gehören der Vergangenheit an. Neuner berichtet, wie sie sich heute eher über die Tochter ärgert, die in der Schule manchmal nicht dieselbe Motivation zeigt wie sie selbst früher. Normale Probleme in einem normalen Leben.

"Ich habe es nicht einen einzigen Tag bereut"

Neuner ist von ihrem Familienleben sichtbar begeistert und beschreibt, wie sehr es sie erfüllt: "Ich merke ja immer, dass ich von den Kindern extrem viel lerne", sagt sie etwa. Wohl auch deshalb bereut sie ihr frühes Karriereende nicht: "Es war 100 Prozent die richtige Entscheidung für mich", erklärt sie. Damals habe sie es noch nicht genau absehen können: "Es hat sich aber sehr richtig angefühlt und jetzt, zehn Jahre später, kann ich sagen: Ich habe es nicht einen einzigen Tag bereut", so Neuner.

Dass nun allmählich andere ihre sportlichen Rekorde übertrumpfen, nimmt sie gelassen hin. Als Marte Olsbu Röiseland ihren WM-Rekord brach, ließ sie lediglich verlauten: "Es ist kein Problem für mich, dass Marte mich abgelöst hat. Die Zeit bleibt nicht stehen und ich freue mich für sie. Sie ist eine großartige Athletin und hat sich den Titel verdient."

Sie braucht keine Rekorde mehr. Sie ist angekommen in ihrem zweiten Traum – dem der Magdalena Holzer.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Homepage von Magdalena Neuner
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • ardmediathek.de: "Ohne Gewehr – Leben nach dem Biahtlon: Magdalena Neuner, Tora Berger & Michael Greis"
  • leben-und-erziehen.de: "Magdalena Neuner: Biathlon-Superstar und Dreifach-Mama"
  • sid Sport-Monitor 2010
  • hall-of-fame-sport.de: "Magdalena Neuner"
  • merkur.de: "Die fesche neue Zugnummer"
  • focus.de: "Ein Winterstar mit Harfe und Socken"
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