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Biathlon-WM 2020 – Uschi Disl: "Bö wird der Superstar der WM. Leider"


Biathlon-Legende Disl
Schwache Schützin? "Herrmann ist ein absolutes Schießtalent"

MeinungEine Kolumne von Uschi Disl

Aktualisiert am 10.02.2020Lesedauer: 4 Min.
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t-online.de-Kolumnistin Uschi Disl (l.) traut dem deutschen Team um Denise Herrmann (M.) bei der Biathlon-WM einiges zu. (Quelle: imago-images-bilder)

Bei der Biathlon-WM steht Denise Herrmann mehr denn je im Fokus. Nach dem Dahlmeier-Rücktritt ist der Druck auf sie immens. t-online.de-Kolumnistin Uschi Disl gefällt das gar nicht.

Liebe Leserinnen und Leser von t-online.de,

ab Donnerstag steht im italienischen Antholz einer der Höhepunkte der Wintersportsaison an: die Biathlon-Weltmeisterschaft. Leider werde ich heuer nicht vor Ort dabei sein, denn an das malerisch gelegene Dorf in Südtirol habe ich sehr gute Erinnerungen. 1995 gelang mir hier mein WM-Durchbruch. Nach einer Gold- und drei Silbermedaillen wurde ich gar zur "Königin von Antholz" gekürt. Auf über 1600 Metern ist Antholz die höchstgelegene Weltcupstation – und dank begeisterter Zuschauer und wunderschöner Bergpanoramen auch eine der beliebtesten.


Nicht mit dabei sein wird Laura Dahlmeier. Nach ihrem Rücktritt wird sie erstmals seit sieben Jahren bei einem Saisonhöhepunkt fehlen. Vor der Saison war die Skepsis groß, wie das deutsche Team den Abschied der Vorzeigeathletin verkraftet. Die Antwort lautet: bisher einigermaßen gut. Nach Problemen zu Saisonbeginn hat besonders Denise Herrmann bei den Heim-Weltcups in Oberhof und Ruhpolding sowie zuletzt mit ihrem Einzelsieg in Pokljuka Ausrufezeichen gesetzt. Ehrlich gesagt kam besonders ihr Coup in Pokljuka für mich ein bisschen überraschend. Und für sie selbst wohl auch.

Uschi Disl wurde zwischen 1990 und 2006 zu einer Institution im Biathlon-Weltcup. Mit zwei Gold-, vier Silber- und drei Bronzemedaillen gehört sie zu den erfolgreichsten deutschen Winterolympioniken. Heute wohnt sie mit ihrer Familie im schwedischen Mora, betreibt die dortige Vertretung des Skiwachs-Herstellers HWK und ist Botschafterin der Firma Viessmann.

Die Erwartungen vor der WM sind nun so hoch wie noch nie. Nachdem Denise bei den Titelkämpfen 2019 in Östersund bereits Gold, Silber und Bronze geholt hat, erwarten einige Beobachter regelrechte Wunderdinge von ihr. Da kommt sogar die Frage: Kann sie – wie einst Laura 2017 – fünfmal WM-Gold holen? Meine Antwort: Nein, das ist beim besten Willen nicht drin. Laura hat damals einen historischen Rekord aufgestellt, der wohl noch lange Bestand haben wird. Dennoch hat Denise bei dieser WM alle Chancen und kann mit Sicherheit einige Podiumsplätze erreichen. Aber wir sollten nicht zu viel Druck aufbauen. Sie soll die WM genießen, Spaß haben – und dann kommen die Medaillen von selbst.

Konkrete Prognosen sind bei ihr schwierig. Das war bei Laura oder Magdalena Neuner anders, denn die waren am Schießstand extrem stabil. So weit ist Denise noch lange nicht. Sie setzt auch mal drei Schüsse daneben. Das ist aber wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Laura und Magdalena jeweils über 15 Jahre Biathlon gemacht haben. Denise ist erst seit vier Jahren dabei und das macht sich natürlich besonders beim Schießen bemerkbar. Dennoch ist sie ein absolutes Schießtalent – auch wenn das in der Berichterstattung manchmal anders dargestellt wird. Denn nach vier Jahren schon solche Ergebnisse zu bringen, ist einfach beeindruckend.

Eckhoff ist heuer richtig im Flow

Neben Denise setze ich vor allem auf Franziska Preuß, die zuletzt mal wieder von gesundheitlichen Problemen zurückgeworfen wurde. Wir haben uns in Ruhpolding länger unterhalten. Da hat sie gesagt, dass sie sich nicht richtig gut fühlt und es noch nicht wirklich läuft. Ich habe ihr geraten: Sei entspannt, das wird schon wieder. Das hat sie dann auch getan, gut geschossen und mit Spitzenresultaten aufhorchen lassen. Wenn Franziska jetzt gesund bleibt, traue ich ihr bei der WM in den Einzelrennen eine Medaille zu. Das hat sie drauf.

Allerdings ist die Konkurrenz mit Tiril Eckhoff, Hanna Öberg oder Dorothea Wierer sehr stark. Besonders Tiril hat mich komplett überrascht. Und das nicht nur, weil sie im Weltcup führt. In der Loipe war sie schon immer spitze, aber jetzt läuft es auch am Schießstand. Die ist heuer richtig im Flow.

Bö wird der Superstar der WM

Bei den Männern dreht sich alles um das Duell Johannes Thingnes Bö gegen Martin Fourcade. Bis auf zwei Ausnahmen haben sie alle Weltcuprennen gewonnen. In der Gesamtwertung liegt Martin klar vorne. Das liegt allerdings daran, dass Johannes wegen der Geburt seines Sohnes mehrere Rennen pausiert hat. In dieser Zeit hat Martin zwar klar dominiert, doch direkt nach Bös Rückkehr war es schnell vorbei mit der Dominanz. Es wirkt so, als ob Martin einen Bö-Komplex entwickelt hat. Irgendwie sitzt es in seinem Kopf fest, dass er seit Wochen nicht so recht die Chance findet, seinen großen Konkurrenten zu schlagen.

Deshalb tippe ich auch drauf, dass Bö der Superstar der WM wird. Leider. Denn ich würde es natürlich auch den Deutschen gönnen – neben Denise unter anderem Benedikt Doll. Er kann läuferisch mit Bö und Fourcade mithalten. Wenn Benedikt dazu noch trifft, kann er beide sogar schlagen. Das hat er bei seinem Sprintsieg in Le Grand Bornand bereits gezeigt. Das Problem: Am Schießstand ist Benedikt keine sichere Bank. Dennoch ist er ein absoluter Medaillenkandidat.

Lesser war immer eine Bank in der Staffel

Ebenso wie Arnd Peiffer. Arnd stapelt zu Saisonbeginn immer tief und hält sich zurück. In Ruhpolding habe ich mich mit seinen Eltern unterhalten und auch die sagen: "Das ist typisch Arnd." Vor Weihnachten hakt es immer etwas und plötzlich geht’s ins neue Jahr und er startet richtig durch. Wo das hinführen kann, hat Arnd im Vorjahr mit WM-Gold im Einzel gezeigt. Genau deshalb traue ich ihm bei dieser WM sehr, sehr viel zu.

Das gilt übrigens auch für Johannes Kühn, der sich im deutschen Team als Nummer drei etabliert hat. Bei ihm stimmt die Balance zwischen Laufen und Schießen. Auch dank seiner Formstärke muss man die deutschen Herren in der Staffel auf dem Zettel haben. Dort dürften Frankreich und Norwegen schwer zu schlagen sein. Dahinter rangiert kommt allerdings schon das deutsche Quartett – eventuell sogar mit Erik Lesser. Der Routinier hat zwar zuletzt geschwächelt und wird in den Einzelrennen nicht am Start sein, ich finde es aber trotzdem richtig, dass Bundestrainer Mark Kirchner ihn nominiert hat.

Erik war immer eine Bank in der Staffel. Deshalb würde es mich nicht überraschend, wenn er auch diesmal dabei ist. Und im Vergleich zu seinen Konkurrenten Philipp Horn und Philipp Nawrath, die noch nie eine WM-Staffel gelaufen sind, hat er reichlich Erfahrung bei Großereignissen.

Auf eine tolle Weltmeisterschaft mit spannenden Rennen,
Ihre Uschi Disl

In der t-online.de-Wintersport-Kolumne schreiben Größen aus Biathlon, Ski Alpin, Bob, Rodeln oder Skispringen abwechselnd über ihre Sportarten.

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