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Alex Diehl: "Musik ist mächtiger als Religion und Politik"


Alex Diehl im t-online.de-Interview
"Musik ist mächtiger als Religion und Politik"

Von t-online
01.03.2016Lesedauer: 4 Min.
Alex Diehl auf der Bühne beim ESC-Vorentscheid in Köln.Vergrößern des BildesAlex Diehl auf der Bühne beim ESC-Vorentscheid in Köln. (Quelle: dpa-bilder)
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Alex Diehl war die große Überraschung des deutschen ESC-Vorentscheids "Unser Lied für Stockholm": Mit seinem berührenden Friedenssong "Nur ein Lied" erreichte er Platz zwei und musste nur Siegerin Jamie-Lee Kriewitz den Vortritt lassen.

t-online.de sprach mit dem 28-Jährigen darüber, wie der Song kurz nach den Anschlägen von Paris entstanden ist, über den Vergleich mit Nicole und darüber, was Musik ihm bedeutet.

t-online.de: Du hast "Nur ein Lied" als Reaktion auf die Terroranschläge von Paris geschrieben. Wie lief das am 13. November 2015 genau?

Alex Diehl: Ich habe vor dem Fernseher gesessen und Fußball geguckt. Dann habe ich einen Knall gehört und mein erster Gedanke war: Da ist irgendwas explodiert. Dann hat es auch Tom Bartels gesagt: Terroranschlag in Paris. Ich saß dann bis 4 Uhr früh vor dem Fernseher, habe mir alles live angeschaut und ständig auf mein Handy geguckt.

Und dabei auch das Geschehen im Internet verfolgt?

Genau. Das Schlimmste an allem war das Posting einer Partei, in dem stand: 'Bald sind wir die Flüchtlinge.' Und das hat mich dermaßen angekotzt, es war der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Ich habe mich gefragt, was ich tun kann und beschlossen: Ich singe ein Lied.

Wie erklärst du dir den Erfolg des Songs? Inzwischen haben über sieben Millionen das Video angeschaut, das du in dieser Nacht auf Facebook hochgeladen hast.

Ich weiß es nicht. Ich habe ja nicht darüber nachgedacht, was ich da tue. Normalerweise gucken so ein Video auf meiner Seite etwa 10.000 Leute an. Ich hab den Text auch einfach so runtergeschrieben, wie er jetzt dasteht, Zeile für Zeile. Meinen paar Fans, die ich damals hatte, wollte ich sagen: Leute, jetzt müssen wir was machen.

Du bist inzwischen sehr oft mit Nicole verglichen worden, auch mein Kollege Lars hat deinen Song in unserem Vorab-Check als "Ein bisschen Frieden 2016" bezeichnet. Wie sehr stören dich diese Vergleiche?

Die stören mich überhaupt nicht. Aber wenn man mich anschaut, dann fehlt mir einiges an Haar, dafür habe ich umso mehr Bauch. Und eine weiße Gitarre hatte ich auch nicht. Aber der größte Unterschied ist, dass ich diesen Song nicht aus kommerziellen Gründen geschrieben habe und auch nicht, um damit erfolgreich zu werden. Im Gegensatz dazu hatte Ralph Siegel das mit Nicole damals sicher gut durchdacht. Nachdem ich gemerkt hatte, dass mein Song so durch die Decke geht, habe ich mich dazu entschieden, meine kompletten Einnahmen daraus zu spenden.

Bei deinen Auftritten in der ersten und zweiten Runde hast du sehr ruhig gewirkt. Hat der Eindruck getäuscht?

Um die Wahrheit zu sagen: Zehn Sekunden vor meinem ersten Auftritt wusste ich nicht mehr, wie die erste Zeile geht. Ich war wirklich fertig mit der Welt und wollte nur noch nach Hause. Beim zweiten Auftritt habe ich es einfach nur noch genossen. Da war für mich klar, dass ich Dritter werde und damit war ich absolut glücklich.

Am Ende wurde es sogar der zweite Platz und die Menschen haben dich gefeiert.

Die Stimmung in der Halle war wirklich genial. Nach meinem zweiten Auftritt gab es Standing Ovations in den ersten Reihen, da sind mir wirklich die Tränen gekommen. Später habe ich fast 10.000 Nachrichten auf Facebook bekommen, durch die ich mich inzwischen durchgearbeitet habe, so gut ich konnte. Ich war einfach völlig geplättet von den Reaktionen.

Über vier Millionen Menschen haben den Vorentscheid im Fernsehen geguckt, über 380.000 haben für dich abgestimmt. Kannst du diese Zahlen überhaupt begreifen?

Nein. Ich war ja der Underdog der Veranstaltung. Nach den Proben war ich mir sicher, dass ich Neunter oder Zehnter werde.

Woher kam dieses schlechte Gefühl?

Ich dachte mir: Irgendwie bin ich hier ein bisschen fehl am Platz. Das erste, was ich sah, war Ella Endlich, leicht bekleidet und mit Oben-Ohne-Tänzern. Da dachte ich: Oh Gott, Leute, was mache ich hier? Ich habe mich dann immer wieder darauf besonnen, dass ich da bin, weil ich die Botschaft des Songs an die Leute bringen möchte und weil ich möchte, dass sie zuhören.

Welche Chancen siehst du denn für Gewinnerin Jamie-Lee in Stockholm?

Ganz ehrlich: gute. Ich habe gestern auch spaßeshalber in einem Facebook-Video ihren Song gesungen. Das sollte von mir eine kleine Geste sein, ich wollte einfach mal zeigen, dass ich absolut fein damit bin. Ich muss auch ehrlich sagen: Das in diesem ESC ist schon ganz schöne Glam-Welt. Ich würde es als "Pop-Zirkus" beschreiben. Und da passt Jamie-Lee tausendmal besser rein als ich.

Dein Song strahlt ja auch die Zuversicht aus, dass alles besser werden kann. Aber mit Sicherheit verfolgst du auch die Nachrichten, die voll von Schreckensmeldungen sind. Woher kommt deine Zuversicht?

Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Teil der Bevölkerung, der so negativ eingestellt und wahnsinnig laut ist, nicht so groß ist, wie man es sich durch die Berichterstattung der Medien vorstellt. Ich glaube, die Leute, die eine sehr friedliche Meinung haben und schon glauben, dass man das irgendwie hinkriegt, die sind halt nur sehr leise. Ich würde mich sehr freuen, wenn jeder, der das bisher ignoriert hat, wählen geht. Dann passiert nämlich auch nichts. Dass wir nicht den AfD-Wählern den Vortritt lassen.

Dein Song heißt zwar "Nur ein Lied", hat aber großen Eindruck hinterlassen. Was kann Musik denn bewirken?

Alles. Musik ist Emotion und es gibt nichts stärkeres auf der Welt als eine Emotion. Eine Emotion hat Kriege ausgelöst, eine Emotion hat zwei Menschen dazu gebracht, trotz aller Widerstände zusammenzubleiben – eine Emotion kann alles auslösen. Ich glaube unfassbar an Musik. Musik ist noch viel mächtiger als Religion oder Politik.

Das Gespräch führte Sonja Riegel.

Alex Diehl ist im kommenden Monat auf Deutschland-Tour. Am 15. April erscheint sein neues Album "Bretter meiner Welt".

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