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Christiane F.: "Habe 'Wir Kinder vom Bahnhof Zoo' bereut"


Christiane F. im Interview
"Ich habe 'Wir Kinder vom Bahnhof Zoo' bereut"

t-online, Christina Kühnel

Aktualisiert am 09.10.2013Lesedauer: 5 Min.
Christiane Felscherinow veröffentlicht am 10. Oktober ihre Autobiographie "Christiane F. - Mein zweites Leben".Vergrößern des BildesChristiane Felscherinow veröffentlicht am 10. Oktober ihre Autobiographie "Christiane F. - Mein zweites Leben". (Quelle: dpa-bilder)
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Mit 13 Jahren nahm Christiane Felscherinow das erste Mal Heroin, mit 14 ging sie auf den Straßenstrich und mit 16 machte sie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" über Nacht zum Star. In ihrer Autobiographie "Christiane F. - Mein zweites Leben" erzählt die heute 51-Jährige nun erstmals, wie es mit ihr nach dem Mega-Erfolg des Buches weiterging. Schonungslos schildert sie, wie sie immer wieder dem Heroin verfiel, berichtet von Begegnungen mit Stars wie David Bowie oder Billy Idol und von ihrer Zeit im Gefängnis. Vorab sprach sie mit t-online.de über die Probleme, die ihr der Ruhm einbrachte, den Tod und das Dschungelcamp.

t-online.de: "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" machte Sie 1978 auf einen Schlag zu Deutschlands bekanntestem Junkie, ein Image, das Sie bis heute nicht losgeworden sind. "Mein zweites Leben" beschreibt unter anderem die Schattenseiten dieses Ruhms. Sie wurden von Journalisten verfolgt, Nachbarn reagierten entsetzt, wenn sie erfuhren, wer Sie waren, und manche Eltern verboten Ihren Kindern deshalb sogar, mit Ihrem Sohn zu spielen. "Bei meinem Namen denken ohnehin immer alle direkt an das Schlimmste", schreiben Sie. Bereuen Sie es manchmal, das Buch gemacht zu haben?

Christiane Felscherinow: Na sicher habe ich das bereut. Das erklärt sich ja auch von selbst, wenn man "Mein zweites Leben" liest. Ich hatte ein Stigma, war ein gebrandmarktes Kind. Es ist schon eine schwierige Sache, wenn du auf der einen Seite gegen einen Teil von dir ankämpfen musst, der dich auf der anderen Seite ernährt, durch den du dich nach außen identifizierst. Aber auch, dass ich dann viel Geld hatte, das hat es mir später schwer gemacht, echte Freunde zu finden.

"Chance, meine eigene Geschichte zu erzählen"

t-online.de: Wieso haben Sie sich nach all den Jahren dazu entschlossen, ein zweites Buch zu machen und noch einmal so sehr in die Öffentlichkeit zu treten - gerade nach Ihren ambivalenten Erfahrungen mit "Wir Kinder von Bahnhof Zoo"?

Christiane Felscherinow: Nach all den Jahren und vielen negativen Schlagzeilen war das auch eine Chance, mal meine Wahrheit zu diesen Geschichten, die man über mich behauptete, zu erzählen. Das Interesse an mir und meinem Leben war ja bis heute nie abgeebbt. Und lieber erzähle ich doch meine eigene Geschichte, als weiter mit ansehen zu müssen, wie sich die Sache verselbstständigt und sich auch Leute was ausdenken. In Sonja (Vukovic, Anm. d. Red.) fand ich auch zur rechten Zeit eine junge Journalistin, die ich fördern wollte und die den nötigen Respekt vor meinen Problemen und Lebensumständen hat. Nachdem sie eigentlich nur einen Artikel über mich schreiben wollte, wir aber nach einem Jahr immer noch nicht an dem Punkt waren, an dem wir dachten, es sei nun alles hinlänglich besprochen, wurden wir Co-Autorinnen.

t-online.de: Ihr Leben war eine Achterbahnfahrt aus Drogensucht, Entzügen und Rückfällen. Glauben Sie, noch einmal endgültig und dauerhaft ohne Drogen und Alkohol leben zu können? Und möchten Sie das überhaupt?

Christiane Felscherinow: Ich habe mein Leben nicht als Achterbahn empfunden, solche Sachen verlaufen fließend. Die nimmst du an. Aber na klar, wenn du nicht ganz auf den Kopf gefallen bist, setzt du dich damit auseinander. Aber ich habe in zwischenmenschlichen Beziehungen sehr viel mehr Achterbahn erlebt, als mit mir selbst. Mit mir habe ich einigermaßen meinen Frieden.

"Beschäftige mich nicht so sehr mit dem Tod"

t-online.de: "Viele haben mich gewarnt, wenn du so weitermachst, wirst du keine 40", sagten Sie einmal. Heute sind Sie 51. Überrascht Sie das manchmal selbst? Wie sehr beschäftigen Sie sich mit dem Thema "Tod"?

Christiane Felscherinow: Eigentlich beschäftige ich mich nicht so sehr damit. Ich denke, wenn es soweit ist, ist es soweit. Natürlich hat man auch ein wenig Angst davor, dass man Schmerzen hat. Es gibt so viele Arten, den Tod zu beschreiten. Für mich ist es nicht so schlimm, dass (ich sterbe, Anm. d. Red.), sondern vielmehr wie.

t-online.de: Sie schreiben, Bücher seien Ihre selbstverordnete Medizin, und haben in Ihrem Regal Werke stehen wie "Der Teufel trägt Prada", "Feuchtgebiete" oder "Die Apothekerin". Welches Buch war für Sie besonders heilsame Medizin und warum?

Christiane Felscherinow: Am liebsten habe ich alle Bücher von Hans Fallada gelesen. "Der Trinker" zum Beispiel, das Buch ist so scheußlich und faszinierend zugleich. Dieses sagenhafte Abrutschen des Protagonisten, genau zu wissen, dass man gerade Scheiße baut. Die ganze Tragik dahinter, das ist einfach geil. Klar, das bin ich. Ich erkenne mich wieder in dem Trinker. Ich verstehe mich dadurch besser. Das ist heilsam. "Ein Mann will nach oben" von Fallada habe ich auch verschlungen. Und seine "Geschichten aus der Murkelei" habe ich auch meinem Sohn vorgelesen.

"Loriot hat mich menschlich sehr begeistert"

t-online.de: In "Mein zweites Leben" erzählen Sie von Ihren zahlreichen Begegnungen mit Stars wie Billy Idol, David Bowie oder Nina Hagen. Auch Schriftsteller wie Patrick Süßkind oder Friedrich Dürrenmatt und den Komiker Loriot lernten Sie kennen. Welcher Promi hat Sie besonders beeindruckt?

Christiane Felscherinow: Mit Nina Hagen war ich total gern unterwegs, die Zeit in den USA mit ihr, das hat Spaß gemacht. Eigentlich lege ich nicht so viel Wert auf Promistatus, die sind für mich alle Menschen wie jeder andere auch. Aber menschlich hat mich Loriot schon sehr begeistert, bei ihm fühlte man sich geborgen.

t-online.de: Sie betonen immer wieder, dass Ihr siebzehnjähriger Sohn Phillip das Wichtigste in Ihrem Leben sei und dass Sie sich nie verzeihen werden, zwischenzeitlich das Sorgerecht für ihn verloren zu haben. Wie ist Ihr Verhältnis heute?

Christiane Felscherinow: Sehr gut. Er kommt mich an den Wochenenden besuchen und er ruft mich an, wenn er Sorgen hat. Ich möchte darüber nicht zu viel sagen. Aber ich bin sehr stolz auf ihn und dankbar, dass er mich immer noch als seine Mutter empfindet. Wir sind sehr eng.

t-online.de: "Mein zweites Leben" schließt mit den Worten: "Viele meiner Träume sind geplatzt. Aber es ist noch nicht vorbei." Welche Träume haben Sie noch für die Zukunft?

Christiane Felscherinow: Ich möchte gern ein Haus auf dem Land. Ich möchte gern in der Natur leben und, wenn möglich, mir ein paar Tiere zulegen.

Dschungelcamp? Nein, danke!

t-online.de: Reality-Shows wie das Dschungelcamp sind seit Jahren populär. Hat man Sie schon einmal für eine solche Show angefragt - und wären Sie bereit mitzumachen?

Christiane Felscherinow: Nein, das hat noch niemand gefragt. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, da mit zumachen. Ich war noch nie geldgeil!

"Christiane F. - Mein zweites Leben" von Christiane Felscherinow und Sonja Vukovic erscheint am 10. Oktober (Deutscher Levante Verlag, € 17,90).

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