Die Literatur-Tipps der Unterhaltungsredaktion

"People"-Redakteurin Tina: Vicki Baum war eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen der Weimarer Republik. Heute kennt man höchstens noch ihren Roman "Menschen im Hotel", der unter anderem mit Greta Garbo verfilmt wurde. Dabei lohnt auch ihr tragischer Liebesroman "Rendezvous in Paris" die Lektüre. Die bislang bieder-brave Berliner Hausfrau Evelyn verliebt sich darin Hals über Kopf in den jungen Amerikaner Frank und beginnt mit ihm eine Affäre. Geschildert wird die Geschichte abwechselnd aus der Sicht von Evelyn, Frank und Evelyns Ehemann Kurt – was bisweilen ebenso ernüchternde wie amüsante Aufschlüsse über die unterschiedliche Denkweise von Männern und Frauen gibt. Abgerundet wird der kurzweilige Roman durch ein überraschendes, aber durchaus stimmiges Ende.

Redakteurin Jessica: Statt Horror und Übersinnlichem erwartet den Leser bei "Mr. Mercedes" von Stephen King ein spannender Kriminalroman und Psycho-Thriller. Das Buch dreht sich um den pensionierten Polizisten Bill Hodges, der mit dem Job auch den Sinn seines Lebens verloren hat. Bis sich plötzlich der "Mercedes-Killer" bei ihm meldet. Hodges hatte den Fall eines Unbekannten, der mit einem gestohlenen Mercedes in eine Menschenmenge gerast war, nie lösen können. Eigentlich wollte der Killer Hodges mit seinen Psycho-Spielchen endgültig in den Selbstmord treiben, doch er erreicht genau das Gegenteil. Der Jagd-Instinkt des Ex-Cop ist geweckt – und die Folgen sind fatal. "Mr. Mercedes" erzählt das Katz-und-Maus-Spiel parallel aus Hodges‘ Perspektive und der seines Widersachers Brady Hartsfield, des gewissenlosen, gruseligen Psychopathen. Gut herausgearbeitete Figuren, Charakterstudien, interessante Nebendarsteller und eine spannende Mörderjagd – es fällt schwer, das Buch aus der Hand zu legen.

Redakteurin Nina: "Bilder deiner großen Liebe" ist Wolfgang Herrndorfs letztes Buch. Daher lautet der Untertitel auch "Ein unvollendeter Roman". Der Autor musste sich zunehmend mit den Auswirkungen seiner Krebserkrankung auseinandersetzen, die ihn mehr und mehr von der Arbeit abhielten. Daher kann dieser Roman nur ein Fragment sein, das jedoch in Sprache, Ideen und Komik erneut ein echter "Herrndorf" ist. Auf schmalen 130 Seiten werden Skurrilitäten, Träume und Hoffnungen genauso abgearbeitet wie Trauer, Mutlosigkeit und Trotz. In "Bilder deiner großen Liebe" begleitet der Leser die Außenseiterin Isa (die schon im Bestseller "Tschick" einen Auftritt hatte) auf ihrer Wanderung durch die Lande. Poetisch, frech, verträumt und neugierig ist diese Isa, die man schnell ins Herz schließt und um deren Wohlergehen man zwischenzeitlich bangt. Andererseits: Isa ist so echt in ihren Empfindungen und Entscheidungen, dass man weiß: Sie wird ihren Weg gehen. Herrndorf konnte das Buch nicht mehr fertig stellen, das Ende bleibt offen. Seine Freunde und Ratgeber Kathrin Passig und Marcus Gärtner haben dieses Vermächtnis im Sinne des Autors herausgebracht.

Redakteurin Birgit: Der historische Kriminalroman "Das Buch des Teufels" hat mich total gefesselt: Im Jahr 1543 findet der Anwalt Matthew Shardlake die Leiche seines schlimm zugerichteten Freundes Roger Elliard in einem Brunnen inmitten des Ortes – schwimmend in seinem Blut. Der grausame Tod des Freundes lässt den Anwalt nicht los, und kurze Zeit später wird ein weiteres, verstümmeltes Opfer gefunden. Shardlake stellt eine Verbindung zwischen den beiden Fällen her und macht sich auf die Suche nach Informationen zu weiteren Morden in der Umgebung. Trotz heftigem Widerstand gelingt ihm dies, und schon ist er verstrickt in einen echten Krimi – in dem noch sehr viele Menschen den Tod finden werden. Der Anwalt ahnt: Das Schreckensszenario hat etwas zu tun mit dem Buch der Offenbarung nach Johannes und mit seinen apokalyptischen Prophezeiungen. Die barbarischen Grausamkeiten und das Rätsel um den mysteriösen Killer haben mich nicht mehr losgelassen – in der Hoffnung, dass der Täter bald gefasst wird und um zu erfahren, wer zu all diesen Taten fähig ist. Doch bis zum Schluss lässt Autor C.J. Sansom einen nicht erahnen, wer hinter den grausamen Morden steckt. Wer historische Romane mag, wird dieses Buch lieben!

Ein Anti-Tipp von Redakteurin Maria: Lutz Seiler wirkte auf der Frankfurter Buchmesse so nett, die Beschreibung seines dort preisgekrönten Romans von der Utopie, die verspricht, jeden Schiffbrüchigen des Landes (und des Lebens) in drei Nächten zu den Wurzeln der Freiheit zu führen so interessant, ich musste den Inselroman einfach lesen – dachte ich. Und viele andere Leser wohl auch, die sein Erstlingswerk in die Bestsellerliste katapultiert haben. Der Bogen vom Sommer 1989 bis in die Gegenwart war zu weit, irgendwo auf der angeblich legendenumwogten Insel Hiddensee bin ich – ziemlich früh - aus der Handlung ausgestiegen. Nein, ich bin nie eingestiegen. In welche Handlung eigentlich? Zu viel Seifenlauge bei den Saisonarbeitern. Leider kam ich nicht mehr zu der Stelle der sexuellen Initiation. "Am Ende steht ein Kampf auf Leben und Tod – und ein Versprechen", sagt der Verlag. Vielleicht fange ich im Urlaub noch mal an? Dann vom Ende her? Nein, ich glaube nicht.

Redakturin Sabine: Eigentlich ist die deutsche Autorin Juli Zeh eher bekannt für ihre Auseinandersetzung mit politischen und sperrigen Themen. Ihr neuester Roman "Nullzeit", der nun auch als Taschenbuch erhältlich ist, kommt vergleichsweise leichtfüßig und vor allem spannend wie ein Thriller daher. Die Geschichte dreht sich um Aussteiger Sven, der mit seiner Freundin Antje auf einer Insel eine kleine und exklusive Tauchschule führt. Alles läuft gut, bis eines Tages ein wohlhabendes Ehepaar aus Deutschland anreist, das von Sven rund um die Uhr betreut werden will. Schnell wird Sven klar: Jola und Theo sind zwei kaputte Menschen, die ihm Angst machen. Aber sie haben für ihren Urlaub eine Riesenstange Geld hingelegt – und die kann er sich nicht entgehen lassen. Die große Stärke von "Nullzeit" ist, dass die Geschichte aus zwei Perspektiven erzählt wird und der Leser erst auf der letzten Seite erfährt, welche Version der Wirklichkeit nun die richtige war. Wer "Gone Girl" von Gilian Flynn mit Begeisterung verschlungen hat, dem dürfte auch "Nullzeit" kurzweilige und spannende Stunden bereiten…

Redakteurin Daniela: Ich gebe es zu, ich stehe auf die Schnulzenbücher von Nicolas Sparks. "Mein Weg zu dir" habe ich Anfang des Jahres gelesen, auch weil der Film kurz darauf im Kino lief und ich ihn mir ansehen wollte. Und was soll ich sagen? Ich war gefesselt von der ersten Seite an. Die tiefe Liebe zwischen Amanda und Dawson, die aus verschiedenen sozialen Schichten kommen und sich schließlich aus Vernunftsgründen trennen. Jahre später treffen sich die beiden aufgrund einer Erbschaft wieder und stellen fest, dass sie sich noch immer stark voneinander angezogen fühlen. Mein Tipp: Taschentücher bereithalten, ich habe Rotz und Wasser geflennt, da es in typischer Nicolas-Sparks Manier nicht unbedingt zum Happy End kommt.

Redakteurin Sonja: Vor einigen Wochen wäre Hans Christian Andersen 210 Jahre alt geworden - Grund genug, sich mal genauer mit dem dänischen Märchendichter zu beschäftigen. Deshalb lese ich aktuell seine Biografie "Märchen meines Lebens", in der er seinen Weg als Sohn armer Eltern in Odense bis in die höchsten Kreise in Kopenhagen und schließlich ganz Europa schildert. Interessant dabei ist vor allem, wie sehr sich der junge Andersen in seiner Anfangszeit schlechte Kritiken zu Herzen genommen hat und wie ungeliebt er sich in seiner Heimat fühlte. Heute sieht das übrigens anders aus: In Dänemark wird er als Volksheld verehrt, vielerorts stehen Statuen von ihm und auch die Kleine Meerjungfrau, das Wahrzeichen Kopenhagens, geht auf eines seiner Märchen zurück. Mich wird das Buch vor allem dazu bewegen, mich bei meinem nächsten Dänemark-Urlaub mal auf seine Spuren in Odense und Kopenhagen zu begeben.

Redakteur Marc: Science-Fiction-Fans, die wirklich viel Zeit mitbringen, sollten sich irgendwann einmal an Peter F. Hamiltons "Armageddon-Zyklus" heranwagen. Das Mammutwerk bietet mit dem vom Autor perfekt ausgearbeiteten "Konföderations-Universum" eine Welt, die es problemlos mit großen Space-Operas wie "Star Wars" aufnehmen kann. Dabei ist der Ton um einiges rauher, und auch Sex und Gewalt bekommen ihren Raum. Science-Fiction für Erwachsene also, die sich zu "Star Wars" in etwa so verhält, wie "Game of Thrones" zu "Der Herr der Ringe".

Musikredakteur Lars Schmidt: "Die 'Cannabis GmbH' ist zurzeit mein absolutes Lieblingsbuch, weil es auf verdammt unterhaltsame Weise den mit Abstand besten Beitrag zur aktuellen Legalisierungsdebatte in Deutschland leistet. Autor Rainer Schmidt schildert - nach einer wahren Geschichte - den Fall eines Hamburger Gras-Produzenten. Der Dude, so sein Name, baut ökologisch korrektes Marihuana in Top-Qualität an und erzielt damit auf einem Markt mit boomender Nachfrage Millionenumsätze. Gerne würde der Unternehmer Steuern zahlen. Doch sein Geschäft ist illegal. Jenseits jeglicher Kifferromantik und ohne erhobenen Zeigefinger schreibt der Autor vom Leben und den Sorgen eines Geschäftsmannes und Familienvaters in einer Parallelwelt. Wie er sich vor seiner reichen Schwiegermutter als Baumarktmitarbeiter ausgibt, von seinem Bruder und früheren Teilhaber erpresst wird und einem Elektriker 7000 Euro Verdienst pro Nacht verspricht, wenn dieser sich auf der Fahrt zur Hanfplantage einen Sack über den Kopf stülpen lässt. Alles geht gut, bis die Nachbarsjungen die falsche Tür öffnen...