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Literatur - McCartens Churchill-Protokoll: "Die dunkelste Stunde"


Literatur
McCartens Churchill-Protokoll: "Die dunkelste Stunde"

Von dpa
20.03.2018Lesedauer: 3 Min.
Anthony McCarten hat ein Buch über Winston Churchill geschrieben.Vergrößern des BildesAnthony McCarten hat ein Buch über Winston Churchill geschrieben. (Quelle: -./dpa)
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Berlin (dpa) - "In jenem Mai wurde Winston Churchill zu Winston Churchill", schreibt der Schriftsteller und Drehbuchautor Anthony McCarten im Epilog seines Buches "Die dunkelste Stunde". Schon bemerkenswert - war Churchill im Mai 1940 doch bereits 65 Jahre alt und gerade erst britischer Premierminister geworden.

McCarten jedoch führt nahezu protokollarisch den Beweis, dass es so vieler Lebensjahre und genauso langer Erfahrung brauchte, um aus dem eigenwilligen und widersprüchlichen Politiker einen der bedeutendsten Männer des 20. Jahrhunderts zu machen.

"Die dunkelste Stunde" ("The Darkest Hour") - auch in mittlerweile Oskar-prämierter Filmversion zu konsumieren - ist für den gewichtigen Aristokraten, der so leicht in Tränen ausbricht, genau der Punkt, wo es um nichts Geringeres als das Überleben Großbritanniens als unabhängige freie Nation und sein eigenes Überleben als vertrauenswürdiger Staatslenker geht. Nicht, dass es nicht schon in Churchills früherem Leben dunkle Stunden gegeben hätte.

McCarten beschreibt dessen Werdegang durch Erfolge und Niederlagen, Anschauungen und Ämter, Positionen und Positionierungen bis hin zum Parteienwechsel. Er zeichnet einen selbstbewussten und doch auch zweifelnden Mann, der wie kaum ein anderer eine scharfe Klinge zu führen versteht: das Wort. Nun ist es nicht so, dass Churchill die Rhetorik jeder anderen Waffe vorziehen würde. Im Gegenteil. Wegen seiner unbeugsamen Haltung gegenüber Hitler und dem deutschen Naziregime sowie der Appeasementpolitik (Beschwichtigungspolitik) seines Premier-Vorgängers Neville Chamberlain und dessen geistigen Verbündeten Lord Halifax gilt er eher als Kriegstreiber.

Nichtsdestotrotz und auch wegen des notwendigen Rückhalts in der Bevölkerung setzt er auf die Macht und Überzeugungskraft des Wortes, wie unter anderem seine später als "Blut-, Mühsal-, Schweiß- und Tränen-Rede" berühmt gewordene Ansprache beweist, mit dem er Volk und Parlament auf Kampf, Opfer und Verluste einschwört.

Der 1961 in Neuseeland geborene McCarten (u.a. Drehbuch zum Stephen-Hawking-Film "Die Entdeckung der Unendlichkeit") schildert sachbuchartig (mit fiktiven Ergänzungen) die Entwicklung des Mannes im Kontext des politischen Weltgeschehens. Eines Mannes, der so schwer zu fassen ist: Titan, Säufer, Patriot, Imperialist, Tölpel, Kriegsheld, Kriegsverbrecher, Witzfigur, Maler, Journalist, Literatur-Nobelpreisträger - das sind nur einige der Termini, die McCarten für ihn findet und bezeichnet die Skizzierung dieser historischen Person als "gewaltige Herausforderung".

"Es ist, als mischte man 20 Puzzle-Spiele und erwarte, dass sie sich zu einem einzigen, stimmigen Bild zusammensetzen lassen", sagt er zu seinem Bemühen, dem Mann, der England vor Hitler rettete, gerecht zu werden. Im vorliegenden Buch ist ihm dies zweifellos besser gelungen als im nach seinem Drehbuch produzierten Film, der naturgemäß zugespitzt und deshalb um einiges weniger detailliert als die Lektüre ist und mehr mit bildnerischen Effekten arbeitet.

McCarten hat sich eine Herkulesarbeit aufgebürdet, indem er Protokolle, Tagebucheinträge und anderes Archivmaterial jener Zeit wälzte und auswertete, die vielleicht ohne diesen Mann für ganz Europa und darüber hinaus eine andere (womöglich grauenvolle) Richtung genommen hätte. Das Werk ist weder eine neue Biografie Churchills (neben zahlreichen bereits existierenden) noch eine Mystifizierung seiner Person, sondern der höchst interessante Abschnitt einer Chronik - mit einem Mann im Mittelpunkt, der die Fäden in die Hand nahm, als England am Abgrund stand.

- Anthony McCarten: Die dunkelste Stunde. Churchill - Als England am Abgrund stand, Ullstein Verlag, Berlin, 336 Seiten, 12,00 Euro, ISBN 978-3-5483-7772-8.

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