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Interview mit Knorkator: "Deutsch passt besser zu hässlichen Melodien"


Interview mit Alf Ator von Knorkator
"Deutsch passt besser zu hässlichen Melodien"

t-online, Lars Schmidt

21.01.2014Lesedauer: 4 Min.
Alf Ator ist Songschreiber, Sänger und Keyboarder bei Knorkator.Vergrößern des BildesAlf Ator ist Songschreiber, Sänger und Keyboarder bei Knorkator. (Quelle: imago future image)
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Sie gehören immer noch zu den Exoten der deutschen Musikszene: Knorkator. Trotz 20-jähriger Bandgeschichte und acht Alben. Das bestätigt die etwas andere Boygroup auch auf ihrem neuen Album "We want Mohr", auf dem sie drei Geschichten aus dem "Struwwelpeter" vertonten. Dass die Platte noch vor ihrer Veröffentlichung einen Shitstorm provozierte, überraschte aber selbst die für ihre kalkulierten Provokationen bekannte Truppe um Songschreiber Alf Ator.

"Absurd", nennt er die Rassismus-Vorwürfe im Interview mit t-online.de. Und: "Die Leute sind so um eine politisch korrekte Oberfläche bemüht, dass sie nicht mehr Freund und Feind auseinanderhalten können." Außerdem verriet der Musiker, warum es erstmals englischsprachige Knorkatorlieder gibt und was das absolute Tabu der Band ist.

t-online.de: Wie kommt man auf die Idee, aus "Struwwelpeter"-Geschichten Rockmusik zu machen?

Alf Ator: Es ist doch gar nicht so abwegig, Perlen der deutschen Literatur in Lieder zu verwandeln. Beim Struwwelpeter wundert es mich, dass das nicht schon längst mal gemacht wurde. Für uns eignet sich der "Struwwelpeter" natürlich, weil es sehr schräg ist. Und die dort beschriebenen Erziehungsmethoden sind aus heutiger Sicht sehr fragwürdig. Das ist genau unsere Sache. Die Idee dazu hatten wir schon vor über zehn Jahren. Wir meinten, ein ganzes Konzeptalbum darüber machen zu müssen. Das haben wir aber nie geschafft. Es ist nämlich sehr schwer, diese Reime in eine gute Liedform zu bringen. Die Verse haben völlig unterschiedlich lange Abläufe und das wechselt auch noch ständig. Dafür eine Strophenmelodie zu komponieren, ist ziemlich kompliziert. So sind es nun erst mal drei "Struwwelpeter"-Lieder geworden. Und vielleicht folgen die nächsten auf dem nächsten Album.

t-online.de: Gehört der "Struwwelpeter" bei den Familien der Knorkator-Musiker zur Pflichtlektüre?

Alf Ator: In meiner Kindheit gehörte das Buch einfach dazu. Und mein zwölfjähriger Sohn kennt die Geschichten natürlich auch.

t-online.de: Nun gab es Anfeindungen gegen euch wegen des Covers zu "We want Mohr" und einem Tourneeplakat. Die "Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland" hat euch Rassismus vorgeworfen. Auf beiden Motiven ist ein "Mohr" abgebildet. Sie beziehen sich auf die "Geschichte vom schwarzen Buben" aus dem "Struwwelpeter". Darin verspotten drei Jungen einen "kohlpechrabenschwarzen Mohren" und werden zur Strafe in ein Tintenfass gesteckt. Habt ihr damit gerechnet?

Alf Ator: Es ist immer dieselbe Debatte. Was ist korrekt und was nicht. Zwar pflegen wir das Image der bösen Buben, denen nichts heilig ist. Doch dass das Ganze nun in Richtung Rassismus geht – also eine politische Dimension bekommt – ist völlig absurd. Grundsätzlich geht es diesem Verein ja um eine gute Sache. Wir wollen in einer besseren Welt leben. Alle sollen sich lieb haben. Niemand soll diskriminiert werden. Aber diese Leute versuchen den Rassismus-Begriff sehr weit zu interpretieren. Du bist rassistisch, hört sich eben schlimmer an, als du nervst mich. Und am Ende ist jeder von dem Vorwurf betroffen, der seine Worte nicht auf die Goldwaage legt. Das Schlimme daran ist aber, dass der eigentlichen Bedeutung des Begriffs Rassismus damit die Schärfe genommen wird. Die Leute sind so um eine politisch korrekte Oberfläche bemüht, dass sie nicht mehr Freund und Feind auseinanderhalten können.

t-online.de: Konnten die Missverständnisse ausgeräumt werden?

Alf Ator: Mit den Leuten war nicht so richtig zu reden. Die wollten sich vielmehr präsentieren. Sich mit uns an einen Tisch zu setzen und die ganze Sache auszudiskutieren war nicht in deren Interesse. Dabei ist die Geschichte vom Mohren aus dem "Struwwelpeter" doch höchst antirassistisch. Darüber sollte man doch froh sein. Denn sie zeigt, dass Antirassismus schon vor 150 Jahren ein Thema war. Das zu erkennen, ist viel wichtiger als zu sagen, heute sagt man nicht "Mohr".

t-online.de: Ihr überrascht auf dem neuen Album mit englischsprachigen Songs. Nicht mehr genug Ideen für deutsche Texte?

Alf Ator: Das hat sich so ergeben. Es gab schon immer besonders schöne und schwärmerische Melodien bei denen wir gemerkt haben, da ist die deutsche Sprache nicht hilfreich. Deutsche Worte ziehen oft die Aufmerksamkeit so sehr auf sich, dass schönen Melodien nicht mehr zum Tragen kommen. Deutsch passt eben besser zu hässlichen Melodien.

t-online.de: Ihr wurdet nach eurem Auftritt beim deutschen ESC-Vorentscheid 2000 in den Medien als Chaotentruppe dargestellt. Hat sich daran etwas geändert?

Alf Ator: Als die Chaoten-Schlagzeilen nach dem Grand Prix durch waren, wurde gar nicht mehr über uns berichtet. Geändert hat sich das seit unserer zwischenzeitlichen Auflösung. Da gab es plötzlich Nachrufe von kulturellen Größen mit dem Tenor, wir würden eine große Lücke in die deutsche Musikszene reißen. Ich habe mich da nur gefragt, wo waren die, als wir unsere Platten veröffentlicht haben?

t-online.de: Haben euch die Medien, konkret RTL, mal für das Dschungelcamp angefragt?

Alf Ator: Nee. Das würden wir auch nicht machen. Ein Teil der Verdummungsindustrie zu sein, wäre für uns ein absolutes Tabu!

t-online.de: Was hältst du als Musiker von Castingshows wie DSDS oder "The Voice"?

Alf Ator: Ich verbiete meinen Kindern nur wenig. Aber wenn sie mit dem Wunsch kämen, in eine dieser Castingshows zu gehen, dann würde ich sie einsperren. Obwohl das Prinzip ja grundsätzlich nicht schlecht ist. Man bringt Leute, die gut singen können und Leute, die gute Songs schreiben können, zusammen. Da hätte man das Potenzial, Songs für die Ewigkeit zu produzieren. Unglücklicherweise ist genau das aber nicht gewollt. Denn das Fernsehen will jedes Jahr eine neue Show haben. Und dem stünde ein wirklicher Superstar natürlich im Wege.

t-online.de: Ihr seid 2013 als Vorband von Heino aufgetreten. Was hältst du von ihm und seinem Album mit Coverversionen von Rocksongs?

Alf Ator: Die Messe Berlin als Veranstalter hatte diese Idee und hat uns angefragt. Da mussten wir auch gar nicht lange überlegen, um Ja zu sagen. Sonst haben wir aber gar nichts mit Heino zu tun. Für mich ist er ein alter Volksmusikant, der im Gegensatz zu seinen Kollegen den Mut hatte, mit seiner Rockplatte mal etwas anderes zu machen. Ob das gut oder schlecht geworden ist, dazu will ich mich gar nicht äußern.

t-online.de: Vielleicht covert Heino ja demnächst einen Knorkator-Song?

Alf Ator: Das glaube ich nicht. Heino covert nur Gassenhauer. Von daher scheiden wir aus.

t-online.de: Vielen Dank für das Gespräch.

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