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"Bergdoktor"-Star Andrea Gerhard: "Ich habe selten irgendwo reingepasst"


"Bergdoktor"-Star Andrea Gerhard
"Klar, es ist Diskriminierung"


Aktualisiert am 29.12.2023Lesedauer: 5 Min.
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Andrea Gerhard: Die Schauspielerin hat mit Vorurteilen zu kämpfen.Vergrößern des Bildes
Andrea Gerhard: Die Schauspielerin hat mit Vorurteilen zu kämpfen.

Sie ist buchstäblich eine Größe des deutschen Films: Andrea Gerhard. Warum das nicht nur Vorteile bringt und wie ihr der "Bergdoktor" half, erzählt sie im Interview.

Eigentlich hat sie sich immer für ihre Größe geschämt, heute geht sie selbstbewusst damit um – auch dank ihres Erfolgs im Schauspielgeschäft. Andrea Gerhard sticht aber nicht nur optisch durch ihre 1,85 Meter ins Auge, sie besticht auch durch ihre unverstellte, direkte Art. Im Interview mit t-online geht die Schauspielerin keiner Frage aus dem Weg, gibt Auskunft über Finanzielles oder gewährt Einblicke in ihr Seelenleben.

t-online: Der Job beim "Bergdoktor" war ein Karrieresprung für Sie oder wäre das untertrieben?

Andrea Gerhard: Für mich ist das ein schauspielerischer Jackpot. "Der Bergdoktor" ist eine der bekanntesten, erfolgreichsten Serien, die man in Deutschland hat.

Klingt so, als sei es auch finanziell sehr lukrativ.

Wir befinden uns im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Auch beim ZDF gibt es ganz klare Gagenstrukturen und Regeln. Gehälter werden alle drei Jahre um fünf Prozent erhöht. Da ist nicht viel zu holen, aber das ist normal und für mich völlig okay. Ich bin Schauspielerin geworden, weil ich eine Freiheit haben wollte, mich künstlerisch auszudrücken und nicht, um reich zu werden.

Machen Sie sich nach jeder Staffel Gedanken, ob Sie wiederkommen dürfen?

Klar! Man hat Verträge über eine Staffel und natürlich liegt es an beiden Partnern des Vertrags, zu überlegen, ob man sich das noch weiter vorstellen kann oder nicht. Für mich war immer klar, dass ich weitermachen möchte.

Also gibt es immer eine Ungewissheit.

Ja, für mich schon. Ich denke, das ist bei Hans Sigl etwas anderes. Aber in meinem Fall ist das so. Das gehört zum Geschäft dazu.

Birgt das mehr Risiken oder mehr Chancen?

Schwer zu sagen. Ich lebe für diesen Beruf und habe ihn gewählt, weil ich vielseitig bleiben möchte. Mit meiner Rolle im "Bergdoktor" haben sich Möglichkeiten reduziert, aber auch eröffnet – und das merke ich auch.

Sie bekommen mehr Angebote für Rollen in Film und Fernsehen?

Ja, ich habe schon gemerkt, dass ich vor allem sehr viel für Romantic-Comedy-Sachen angefragt werde. Die Aufmerksamkeit ist definitiv größer geworden und auch eine andere Sache spielt dabei eine Rolle.

Bitte?

Ich bin 1,85 Meter groß und das hört sich komisch an, aber das ist tatsächlich ein Riesenthema. Körpergröße war bei Film und Fernsehen schon immer ein großer Aspekt. Ich habe selten irgendwo reingepasst und die ganze Entwicklung von mehr Diversität auf den Bildschirmen hilft mir auch, weil dann auch mal die Frau größer sein darf als der Mann.

Sie wurden früher wegen Ihrer Körpergröße von Rollen ausgeschlossen?

Klar, ich arbeite seit zwanzig Jahren in dem Bereich und musste das oft erleben. Da bin ich teilweise zu Castings gegangen fürs Fernsehen und dann ist mein Spielpartner aufgestanden und der ging mir nur bis zum Kinn. Da wusste ich sofort, dass ich gleich wieder nach Hause fahren kann, weil das keiner sehen will oder keiner gewohnt war, zu sehen.


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Na klar, das ist eine Form von Diskriminierung.


Andrea Gerhard


Seit wann ist das nicht mehr so?

Das ist ein schleichender Prozess, der schon seit einigen Jahren andauert. Ich nehme immer mehr wahr, dass da Veränderung drin ist und meine Hoffnung ist, dass ich deshalb mehr Angebote bekomme.

Würden Sie sagen, dass Sie diskriminiert wurden aufgrund Ihrer Körpergröße?

Na klar, es ist immer eine Form von Diskriminierung, wenn man auf Äußerlichkeiten, Herkunft oder Sexualität reduziert wird.

Erleben Sie das nicht nur im beruflichen Umfeld, sondern auch privat? Schließlich ist Ihr Freund zehn Zentimeter kleiner als Sie.

Wir sind jetzt sechs Jahre ein Paar und am Anfang unserer Beziehung war da schon so, dass uns Blicke extrem aufgefallen sind und wir teilweise das Gefühl hatten, wir seien im Zoo. Also entweder hat das aufgehört oder wir nehmen das nicht mehr wahr – das wissen wir nicht so genau.

Für wen von Ihnen beiden sind diese Blicke schlimmer?

Schlimm ist das für uns beide gar nicht, wir lieben uns ja.

Aber sich zu fühlen wie im Zoo – das kann doch nicht schön sein.

Nein, das nicht. Aber unsere Beziehung erfüllt uns mit Stolz. Wir sind stolz drauf, dass wir keinen Bock haben, dieser Norm zu entsprechen. Die Liebe ist dorthin gefallen, wo sie hingefallen ist. Mir ist egal, was die anderen denken. Wenn ich Lust habe, trage ich auch hohe Schuhe. Ich lasse mich da gar nicht einschränken. Er ist ja so oder so kleiner als ich.

War das schon immer so oder hielten Sie früher eher Ausschau nach Männern, die größer sind als Sie?

Letzteres. Ich habe schon lange gebraucht, bis ich es geschafft habe, meinen Schub, den ich als Teenager gemacht habe, zu verkraften. Ich war immer die Größte und wollte gar nicht so viel gesehen werden. Andererseits hatte es auch Vorteile: Ich kam in jeden Club rein. Aber zu Ihrer Ursprungsfrage: Ja, früher war mir das schon wichtig, dass mein Freund groß ist und dass ich kleiner bin. Irgendwann war das nicht mehr so wichtig und dann stand David da. Ich fand ihn eh toll und hatte versucht, ihn mit einer Freundin zu verkuppeln, aber als das nicht funktioniert hat, dachte ich mir, dass er zu mir gehören sollte.

Weiß er das?

Das weiß er.

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Wenn Sie früher nicht gesehen werden wollten und jetzt Schauspielerin sind, klingt das zunächst paradox. Wie kam es zu der Wendung?

Das frage ich mich auch manchmal. Ich musste mich wohl aus meiner Komfortzone bewegen, um die Person zu werden, die ich wirklich bin. Ich habe mir gedacht: "Fake it, until you make it". Also auf der Bühne stehen, die Leute starren mich an – und ich muss lernen, da hineinzuwachsen. Das war für mich so ein Überlebensding.

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Jetzt wird es tiefenpsychologisch.

Aber es ist so. Mir schreiben auch Fans, die supergroß sind oder die Teenager-Töchter haben, weil interessanterweise die Töchter viel mehr Probleme damit haben als die Söhne, wenn sie so riesig sind. Und dann ist die Frage, wie das bei mir war und wie ich das gemacht habe. Ich sage ihnen dann, dass das nicht einfach war, vor allem deshalb, weil ich ein typisches Dorfmädchen war. Ich reite seit meinem sechsten Lebensjahr und beim Reiten hat man eine gerade Haltung. Diese körperliche Haltung habe ich durchs Reiten auch innerlich entwickelt. Ich würde heute behaupten, ich wäre als Person nicht so groß geworden, wie ich es jetzt bin, wenn ich nicht geritten wäre. Ich glaube, ich hätte mich im Alltag sonst klein gemacht.

Und Ihre Lehre daraus ist?

Frauen müssen sich zeigen – so, wie sie sind. Jede und jeder sollte zu seiner Körpergröße stehen und das auch selbstbewusst nach außen tragen.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Andrea Gerhard
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