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Fall Gina-Lisa: Auch Manuela Schwesig fordert schärfere Gesetze


Reform des Sexualstrafrechts
Schwesig schaltet sich in Fall Gina-Lisa Lohfink ein

spiegel-online, Annett Meiritz

Aktualisiert am 12.06.2016Lesedauer: 4 Min.
Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat sich in den Fall Gina-Lisa Lohfink eingeschaltet.Vergrößern des BildesFamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat sich in den Fall Gina-Lisa Lohfink eingeschaltet. (Quelle: dpa-bilder)
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Die mögliche Vergewaltigung von Gina-Lisa Lohfink befeuert die Debatte über das Sexualstrafrecht. SPD-Ministerin Schwesig und die Grünen fordern schärfere Gesetze - seit Monaten kommt die Reform nicht voran.

Als erste Bundesministerin schaltet sich Manuela Schwesig (SPD) in die Debatte über die mutmaßliche Vergewaltigung des Models Gina-Lisa Lohfink ein. "Wir brauchen die Verschärfung des Sexualstrafrechts, damit endlich in Deutschland die sexuelle Selbstbestimmung voraussetzungslos geschützt wird", sagte die Familienministerin SPIEGEL ONLINE. "'Nein heißt nein' muss gelten. Ein 'Hör auf' ist deutlich."

Die SPD-Politikerin bezieht sich damit auf ein Gerichtsverfahren gegen die frühere "Germany's Next Topmodel"-Kandidatin Lohfink. 2012 waren Videosequenzen aufgetaucht, die Lohfink bei sexuellen Handlungen mit zwei Männern zeigen.

Lohfink erstattete Anzeige: Sie sei gegen ihren Willen sediert und zum Geschlechtsverkehr gezwungen worden, sagt sie. In einem Verfahren gegen die beiden Männer erhärteten sich die Vergewaltigungsvorwürfe nicht.

Jetzt soll die 29-Jährige wegen mutmaßlicher Falschaussage 24.000 Euro zahlen, sie hat Einspruch eingelegt. Darüber verhandelt seit Juni das Berliner Amtsgericht. Im Zuge dieses neuen Prozesses sind Zweifel an der früheren Entscheidung der Staatsanwaltschaft laut geworden - auch weil das frühere Model mehrfach "Hör auf" in dem Video sagt.

"Es wird ihr nicht geglaubt"

Auch die Grünen sind alarmiert. "Unerträglich viele Frauen werden Opfer sexualisierter Gewalt. Wir müssen als Gesellschaft endlich mehr tun, um diese Gewalt zu ächten und zu verhindern", sagte Bundesvorstandsmitglied Gesine Agena SPIEGEL ONLINE.

"Der Fall von Gina-Lisa Lohfink führt uns dabei wieder vor Augen, dass dringend das Sexualstrafrecht reformiert werden muss. Ein 'Hör auf' ist ein Nein. Aber noch immer reicht ein Nein nicht aus, um eine Vergewaltigung strafbar zu machen", so Agena weiter.

Justizminister Heiko Maas (SPD) sei gefordert, den Grundsatz 'Nein heißt nein' im Strafrecht zu verankern. "Dass hier nicht Täter sondern Opfer verurteilt werden, sendet ein verheerendes Signal an alle Mädchen und Frauen."

Im Bundestag wird das Thema ebenfalls diskutiert. "Der Umgang mit Gina-Lisa Lohfink ist erschreckend. Ein Opfer wird zur Täterin gemacht, öffentlich bloßgestellt, es wird ihr nicht geglaubt. Das nimmt anderen Frauen den Mut, eine Vergewaltigung anzuzeigen", sagte die Vizefraktionschefin der Grünen, Katja Dörner, SPIEGEL ONLINE.

Ein neues Gesetz sei dringend notwendig, aber auch ein Umdenken in der Gesellschaft. "Diskussionen, ob ein Opfer aufgrund von Klamotten oder Lebensstil selbst verantwortlich für eine Vergewaltigung ist, müssen endlich der Vergangenheit angehören", so Dörner.

Der politische Streit um "Nein heißt nein"

Der Fall ist politisch relevant, weil Bundesregierung und Bundestag gerade um eine Reform des deutschen Sexualstrafrechts ringen. Die Lage ist verworren - denn eigentlich sollte Deutschland schon längst ein verschärftes Gesetz bekommen.

  • Das Bundesjustizministerium von Maas hatte bereits 2015 eine Reform angekündigt , doch erst nach den letzten Silvester-Ereignissen rückte das Thema in den Fokus der Bundespolitik. In der Kölner Silvesternacht war es zu Hunderten sexuellen Übergriffen auf Frauen gekommen.
  • Bei der Reform geht es um Vergewaltigung, konkret um die Paragrafen 177 und 179 des Strafgesetzbuchs. Nach jetziger Rechtslage müssen sich Frauen körperlich wehren, sie müssen geschlagen, an Leib und Leben bedroht werden oder sich in einer schutzlosen Lage befinden, damit sie einen Mann der Vergewaltigung bezichtigen können. Maas' Gesetzentwurf bezieht zusätzlich Kriterien wie Drohung und Überrumpelung mit ein.
  • Ein Straftatbestand zum Grapschen ist bislang nicht vorgesehen. Ebenfalls nicht das Prinzip "Nein heißt nein". Der Grundsatz bedeutet, jede nichteinvernehmliche sexuelle Handlung unter Strafe zu stellen. Dann würde bereits eine verbale Ablehnung der sexuellen Handlung für die Verurteilung eines Vergewaltigers genügen.

Die Reform verzögert sich aber, die Vorschläge befinden sich noch immer im parlamentarischen Verfahren. In der Großen Koalition herrscht Uneinigkeit über das "Nein heißt nein"-Prinzip.

  • Zwar teilten die Fraktionschefs von Union und SPD im Mai mit, sie würden sich ab sofort für einen "Nein heißt nein"-Passus stark machen. Das Justizministerium zeigte sich offen für Nachbesserungen. Jetzt gehe alles ganz schnell, so das Signal. "Es bleibt dabei: Auch für eine praxistaugliche 'Nein heißt nein'-Lösung sind wir offen", bekräftigte Maas am Freitag gegenüber SPIEGEL ONLINE.
  • Genau mit dieser Praxistauglichkeit tut sich die Politik schwer. Vor allem in der Unionsfraktion soll es starke Vorbehalte geben. Vor Gericht sei das Nein eines mutmaßlichen Opfers schwer nachweisbar, es drohe eine Fülle von Falschanzeigen, so die Kritik. Innenministerium und Kanzleramt sollen ebenfalls Widerstände angemeldet haben, heißt es von Fachpolitikern.

Momentan gibt es also nicht mehr als eine mündliche Absichtserklärung, "Nein heißt nein" gesetzlich zu verankern. Daran ändert auch der Vorstoß führender Rechts- und Familienpolitiker von Union und SPD nichts. Diese hatten kürzlich erneut auf "Nein heißt nein" gedrängt.

Der Fall Lohfink könnte nun neuen Druck aufbauen. Das Berliner Amtsgericht schätzte die Videosequenzen mit Lohfink und den beiden Männern nicht als Vergewaltigung ein. Doch die Entscheidung von damals wird öffentlich angezweifelt (mehr dazu lesen Sie hier, hier und hier). Aktivisten haben auf Facebook Solidaritätsaktionen angekündigt.

Die Justiz ist in Deutschland unabhängig. Allerdings ist es nicht ungewöhnlich, dass öffentliche Debatten politische Prozesse beeinflussen. Bis zur Sommerpause sind noch zwei Sitzungswochen im Bundestag vorgesehen. Einige Parlamentarier halten es für denkbar, dass der prominente Fall den Druck erhöhen könnte, eine Einigung zu erzielen.

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