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Isabel Varell: "Niemals wird eine Spritze in die Nähe meines Gesichts kommen"


Isabel Varell
"Ich könnte mit meinen Ex-Männern eine Geisterbahn aufmachen"

InterviewVon Maria Bode

Aktualisiert am 12.06.2020Lesedauer: 13 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Isabel Varell: Die Künstlerin bringt ihr neues Album "Eine Tasse Tee" heraus.Vergrößern des Bildes
Isabel Varell: Die Künstlerin bringt ihr neues Album "Eine Tasse Tee" heraus. (Quelle: Max Heydenreich)

Vom Lob auf die Politik in der Corona-Krise bis zur ablehnenden Kritik am Schönheitswahn. Musikerin, Schauspielerin und Moderatorin Isabel Varell zeigt im Interview mit t-online.de zu vielen Themen eine klare Meinung.

Viele Zuschauerinnen und Zuschauer kennen Isabel Varell von TV-Auftritten als gut gelaunte Frohnatur, die schlagfertig ist und immer ein Lachen im Gesicht hat. Nicht anders kommt sie auch in unserem Interview rüber. Doch auch um ernste Themen macht sie keinen Bogen.

"Eine Tasse Tee" heißt das neue Album von Isabel Varell, das am 12. Juni erscheint. Sich auf eine Tasse Tee zu treffen, ist zwar aktuell nicht ganz so einfach, aber am Telefon kann man sich zum Glück auch gut unterhalten. Über viel mehr als nur die Musik. Die 58-Jährige spricht im Interview mit t-online.de über ihren Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit, würdevolles Älterwerden, persönliche Lehren aus der Corona-Krise und eine Phase im Leben, die ihr sehr viel gegeben hat.

t-online.de: Frau Varell, beim Hören Ihres neuen Albums "Eine Tasse Tee" bekommt man ein sehr genießerisches Gefühl vermittelt. Inwiefern sind Sie denn ein Genussmensch?

Isabel Varell: Ich bin ein totaler Genussmensch. Ich liebe alles, was schön die Sinne anregt. Gutes Essen, guten Wein. Alles, was zum Leben dazu gehört. Ich genieße es, Momente mit meinen Freunden und tollen Menschen zu teilen.

Einmal speziell zum Lied "Aliens und Aliinnen". Da geht es darum, wie man unseren Planeten wohl von außerhalb sieht. Was da zu sehen ist, wie sehr die Welt eigentlich unter den Menschen leidet. Wie wichtig ist es Ihnen, ein nachhaltiges Leben zu führen, was tun Sie für den Umweltschutz?

Ich finde das wahnsinnig wichtig. Vieles zu wissen, ist natürlich die Basis, um überhaupt nachhaltig leben und handeln zu können. Ich bin aber nicht mit erhobenem Zeigefinger unterwegs und auch keine Heilige. Aber ich versuche, so gut es geht, mit Respekt durchs Leben zu gehen. Ich verzichte seit Jahrzehnten auf Fleisch, hatte zwischendurch aber einige Ausfälle. Wenn ich von knusprigen Hühnern geträumt habe, habe ich mir mal eins gegönnt. Aber das passiert schon seit vielen Jahren nicht mehr. Auch wenn mir das manchmal fehlt. Aber heute kommt das für mich nicht mehr in Frage. Das ist absolut von der Liste gestrichen.

Eine fleischfreie oder eine vegane Ernährungsweise trägt ja am meisten zu einem nachhaltigen Lebensstil bei.

Das Tierleid geht mir sehr an die Nieren. Es ist vielen Menschen nicht bewusst ist, wie oft sie Fleisch verzehren. Morgens, mittags, abends. Viele wissen gar nicht mehr zu schätzen, was auf ihren Tellern liegt. Aber ich habe die Hoffnung, dass sich das vielleicht durch die Corona-Krise etwas ändert. Dass mehr Menschen bewusst wird, wie es den Tieren geht, wie sie leiden und auch wie die Arbeiter in den großen Fleischfabriken ausgebeutet werden, unter welchen Bedingungen sie arbeiten müssen. Man muss einfach hoffen, dass die Menschen das nicht gleich wieder vergessen.
Ich will ja gar niemanden dazu überreden, ganz auf Fleisch zu verzichten. Man kann es auch einfach reduzieren. Dann darf es auch etwas mehr kosten. Teureres Fleisch hat sicher ein schöneres Leben gehabt. Aber ich würde da niemals Vorträge halten.

Was machen Sie sonst für mehr Nachhaltigkeit?

Ich achte auf die Herstellung der Milchprodukte. Mir tun auch da die Tiere leid. Für das bisschen Milch, das ich für einen Cappuccino verbrauche, kann ich auch etwas mehr ausgeben. Aber das kann sich eben nicht jeder leisten. Wenn da eine alleinerziehende Mutter oder ein alleinerziehender Vater ist, deren oder dessen Kinder literweise Milch trinken, da lässt sich vielleicht doch nicht so drauf achten, wie ich es eben versuche. Da habe ich aber vollstes Verständnis für.
Ich mache das auch nicht zu 100 Prozent. Wir haben ja eben von genießen gesprochen und ein richtiger Genuss sind für mich pikante, französische Käsesorten. Da muss ich gestehen, gibt es ein paar Sorten, da weiß ich auch nicht, ob das faire Milch ist, aus der dieser Käse besteht. Da hinterfrage ich das ehrlich gesagt auch nicht. Da kann ich in einer Diskussion mit einem Menschen, der absolut nachhaltig lebt, nur verlieren. Dazu stehe ich auch.
Ich versuche all das in kleinen Schritten zu machen. Ich nehme beispielsweise keine Pröbchen in Parfümerien mit, die man jedes Mal angeboten bekommt. Um diesen Müllwahnsinn zu bremsen, könnte die Industrie reagieren. Ich mache mir schon viele Gedanken über die Welt und muss mich da manchmal richtig stoppen, denn manchmal grabe ich mich da richtig rein. Zwischendurch greife ich aber auch zur rosaroten Brille. Man muss bei all diesen Problemen auch trotzdem das Leben in vollen Zügen genießen.

Wo zum Beispiel "sündigen" Sie diesbezüglich?

Ich muss zugeben, dass ich eine Nespresso-Kaffeemaschine habe. Ich trinke am Tag vielleicht zwei Tassen Kaffee. Ich hätte auch gerne so einen Vollautomaten, der die Bohnen selbst mahlt. Aber das lohnt sich nicht bei zwei Tassen. Jetzt bleibe ich dabei und folge George Clooney und seinen Kapseln. (lacht) Wie gesagt, ich bin keine Heilige.

Aber es ist ja ein Anfang, überhaupt etwas zu machen und über die fortgeschrittene Klimakrise nachzudenken, sich damit zu beschäftigen.

Auf jeden Fall. Ich finde das toll, was die Greta Thunberg macht und die "Fridays for Future"-Bewegung. Das ist großartig. Wenn einer in meiner Nähe sagt: "Die nervt aber langsam!", dann bekommt er auch Schimpfe.

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Um noch mal auf das Lied "Aliens und Aliinnen" zu sprechen zu kommen. Sie singen darin auch: "Niemand will hier älter werden. Das kann man operieren." Wie stehen Sie denn zu solchen Schönheitseingriffen?

Da bin ich absolut dagegen. Es ist einfach Wahnsinn, was da bei uns passiert. Während Millionen Menschen an Hunger sterben, wird bei uns aus Gründen der Eitelkeit Fett abgesaugt. Das ist einfach pervers. Ich muss aber dazusagen – das ist mir auch wichtig –, dass ich absolut verstehen kann, wenn es Frauen gibt, die unter einem zu großen Busen leiden oder die darunter leiden, gar keinen Busen zu haben. Diese Fälle, wo dann eben auch die Krankenkassen die Kosten übernehmen. Das ist ein Segen, dass es das gibt. Das finde ich ganz wunderbar. Ich habe wirklich Glück gehabt, dass ich mit meinem Körper zufrieden bin.

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Aber das Älterwerden ist halt kein Zuckerschlecken. Ich merke das mit 58 oder fast 59 auch. Aber mit solchen Eingriffen macht man sich das Leben doch nur schwerer. Wenn ich mir jetzt was wegbotoxe, kommt das irgendwann wieder. Und das legt vollkommen die Muskeln lahm. Ich kenne doch diese Fratzen. Wenn ich den Menschen ins Gesicht gucke und mich frage, was da jetzt anders ist. Man weiß immer nicht genau was, aber man sieht: Irgendwas hat sich da verändert. Das ist doch nicht erstrebenswert. Plötzlich wird der Mund schief. Für mich wäre das nichts: Niemals wird eine Spritze in die Nähe meines Gesichts kommen, niemals.

Zur Person
Isabel Varell ist so eine Persönlichkeit, die man als Allroundtalent bezeichnen kann. Sie ist Moderatorin, Theater- und TV-Schauspielerin und Sängerin, schreibt Bücher und ihre eigenen Songs. Ihre Musikerinnenkarriere begann in den Achtzigerjahren. Ende des Jahrzehnts heiratete sie Drafi Deutscher. Die Ehe hielt zwei Jahre. Heute ist Varell mit dem Regisseur Pit Weyrich verheiratet. Seit 2018 moderiert sie die ARD-Sendung "Live nach 9". Sie spielte unter anderem schon in den Serien "Rote Rosen" und "In aller Freundschaft" mit.

Jetzt kann man sagen: "Die hat ja Glück gehabt." Ja, stimmt. Ich weiß, dass es Menschen gibt, die früher und schneller altern, mit Falten und so. Aber ich würde den Menschen immer raten, dass das, was dich schön macht, immer nur von innen kommt. Es geht nicht anders. Gerade weil es eben ungerecht verteilt ist: Der eine hat eine Mähne, der andere nur drei Haare. Aber das kann man nicht wegoperieren. Man sollte einfach versuchen, sich mit sich selbst anzufreunden. Jeder Mensch hat etwas Liebenswertes und jeder Mensch hat etwas Schönes. Ich könnte mit meinen Ex-Männern eine Geisterbahn aufmachen. (lacht) Ich habe mich nie in die Optik verliebt. Ich habe mich verliebt in das, was sie gesagt haben, in den Humor, die Stimme.

Das ist eine wichtige Botschaft. Wie ist es Ihnen gelungen trotz des Erfolges so bodenständig zu bleiben?

Ich denke, dass ist eine Charakterfrage. Ich schätze das Leben einfach, bin unheimlich dankbar für das Leben, das ich mir aufgebaut habe, für das Selbstbewusstsein, dass ich mir erarbeitet habe, trotz meiner nicht einfachen Kindheit und Jugend. Ich bekomme so viel Anerkennung, ich habe so ein schönes Leben, das ist wirklich ein großes Glück. Menschen können brechen, das hätte mir auch passieren können, wenn ich nicht mit diesen Genen geboren wäre. Dann hätte ich auch auf der Straße landen können. Ich kann nur froh sein, dass es mir gut geht und ich stabil bin und auch Schicksalsschläge verkraften kann. Das ist leider nicht selbstverständlich.


Sie schreiben Ihre Lieder über sehr alltägliche Beobachtungen. Beispielsweise auch das Lied "Hätten Sie mal 20 Cent", das sich um Obdachlose, von denen man immer mal auf der Straße angesprochen wird, dreht. Wann fallen Ihnen solche Texte ein?

Das ist immer anders. Es gibt gewisse Themen, die möchte ich unbedingt aufgreifen. Dann setze ich mich auch hin und erarbeite das. Andere Themen fliegen einem zu, die trägt man dann lange mit sich rum und denkt sich, ach nee. So war das beispielsweise mit "Hätten Sie mal 20 Cent". Das war eine schwere Geburt, weil es auch viele Zweifel gab, ob das jemand hören will. Aber dann denke ich mir, das ist egal. Ich möchte das schreiben und irgendwer möchte es sicherlich hören. Dann ist es die Frage, wie findet man die richtigen Worte, dass es nicht peinlich wird. Es kann schon ein längerer Prozess sein. Ich schüttele mir die Texte nicht aus dem Ärmel. Aber mir ist es auch schon passiert, dass ein Text in einer Viertelstunde fertig war. Das ist aber kein Regelfall. Aber es ist auf jeden Fall wahnsinnig erfüllend, wenn ein Text fertig ist.

Das glaube ich zu gerne …

Schön ist auch, dass ich einfach so schreiben kann, ohne Musik. Die Komposition erfolgt dann auf meine Worte. Ich habe einen Rhythmus im Kopf und habe diese Freiheit dazu zu schreiben, wo auch immer ich bin. Wenn mich eine Idee anspringt, dann setze ich mich hin und schreibe. Man muss aber natürlich eine gewisse Metrik einhalten, damit man nachträglich darauf komponieren kann. Das hat auch etwas mit Mathematik zu tun. Und es ist eine Herausforderung, die richtigen Worte zu finden. Es muss sich reimen. Aber wenn ich mich entscheiden muss: Reim oder Inhalt. Dann entscheide ich mich meistens für den Inhalt. Dann reimt es sich halt mal nicht.

Sie sind nun nicht nur Musikerin. Sie sind obendrein Autorin, Moderatorin und Schauspielerin. Wie wichtig ist Ihnen jeder einzelne dieser Berufe?

Sehr wichtig. Es gab während meiner Karriere Managements, die mir nahegelegt haben, ich sollte darüber nachdenken, mich für eine Sache zu entscheiden. Rückblickend bin ich froh, dass ich mich davon nicht zu schnell habe verunsichern lassen. Ich habe mir niemals denken können, dass mein Weg verlaufen würde, wie er es schließlich tat. Ich wollte Sängerin werden, mehr war auch gar nicht in meiner Vorstellungskraft. Dann hat sich das über Jahrzehnte weiterentwickelt, und neue Aufgaben wurden mir angeboten, hier und da. Ich habe das einfach immer angenommen. Es war für mich reizvoll, einen neuen Spielplatz zu betreten. Dadurch ist mein Kalender immer voll.

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Was ja nicht schlecht ist …

Ja, dafür bin ich heute dankbar. Es gibt aber natürlich diese Theorie, wenn man sich zu sehr verzettelt, dass eine Sache dann nicht ganz groß werden kann. Ob ich heute Arenen füllen würde, wenn ich mich nur auf die Musik konzentriert hätte – ich weiß es nicht. Das ist auch gut so. So wie es ist, bin ich sehr glücklich. Ich mache meine Musik einfach weiter, auch wenn die heute gar nicht mehr so viel wert ist durch das Streamen und all diese Möglichkeiten, die ich als Verbraucherin aber auch nutze. Es ist schon eine bizarre Zeit, dass wir mit Herzblut die Musik machen, daran arbeiten und dann ist es sehr fraglich, was am Ende des Tages dabei rauskommt. Da kann man froh sein, wenn man mehrere Spielplätze hat. Besonders jetzt während der Corona-Krise. Da bin ich natürlich unglaublich dankbar, dass auch die Sendung "Live nach 9", die ich ja moderiere, weitergeht. Die Produktionen wurden runtergefahren während der Corona-Zeit – aber unsere Sendung ging weiter, weil sie aktuell berichtet.

Ein solches Glück haben ja nicht alle Künstler und Kreativschaffenden.

Nein, da gibt es auch in meinem Umfeld sehr berührende Geschichten, die mir sehr ans Herz gehen, wo Menschen völlig stillgelegt sind. Und ich habe ja auch selbst zwei Monate die Sendung nicht machen können, da ich nicht eingeplant war, weil ich auf Tournee gewesen wäre. Doch nach drei Tagen, drei Vorstellungen haben wir unsere Koffer wieder gepackt und sind nach Hause gefahren.

Könnten Sie sich auch vorstellen, die Zeit der Corona-Krise in einem Lied zu verarbeiten?

Ja, es gab ja einige spontane Musikstücke von Künstlern zu dem Thema. Silbermond haben zum Beispiel etwas Tolles gemacht, was eigentlich kaum zu toppen ist. Aber es ist grundsätzlich alles durchaus ein Thema für mich. Das würde ich nicht ausschließen. Denn auch wenn mein neues Album fertig ist, so hat das Streaming heutzutage ja doch etwas Gutes: Ich kann übermorgen ein neues Lied schreiben und es raushauen.

Wie gehen Sie ansonsten persönlich mit der Corona-Krise um? Können Sie schon sagen, dass Sie etwas mitgenommen haben aus dieser Zeit oder etwas mitnehmen werden?

Ja, auf jeden Fall. Nach zweitägiger Schockstarre habe ich die Zeit genutzt und begonnen, mein nächstes Buch zu schreiben. Bis es fertig ist, wird es noch Monate dauern, aber ich habe angefangen, und es ist schon einiges zusammengekommen. Das hat mich sehr gerettet in dieser Zeit, weil das sehr erfüllend ist und zugleich eine therapeutische Wirkung hat. Das Buch wird nämlich wieder sehr persönlich.

Können Sie zum neuen Buch schon mal einen Themenüberblick geben?

Leider nicht, das möchte ich vorab noch nicht preisgeben.

Okay, dann schwenken wir noch mal zur Corona-Krise und Ihren Gedanken in dieser Zeit zurück.

Ja, ich habe mir in dieser Zeit auch viele Gedanken über das gemacht, was mir besonders fehlt: Nähe und Umarmungen von Freunden. Aber plötzlich dachte ich auch, es ist ganz gut, denn man umarmt allgemein im Leben ja fast zu viel. Und wenn ich ehrlich mit mir selbst bin, steckt da auch oft der Wunsch dahinter, mit einem neuen Gegenüber sicher zu sein. Man signalisiert, dass man akzeptiert und anerkannt werden will. Vielleicht zieht man aus dieser Zeit, dass eine Umarmung eigentlich immer ganz ehrlich sein sollte und ohne Kalkül.

Ein wirklich interessanter Gedanke, der durchaus nachvollziehbar ist …

Ich habe das immer geliebt, was die Franzosen machen: Wildfremde Menschen, auch Männer, begrüßen sich mit dem typischen Kuss rechts, Kuss links in die Luft. Aber warum umarmt man Menschen, mit denen man eigentlich gar nicht befreundet ist? Was will man damit sagen? Sind das Ängste, die man reduzieren möchte, indem man signalisiert, hab mich lieb, ich tu dir nichts – oder so. Ich denke, dass das Umarmen jetzt bei jedem einzelnen überdacht werden wird. Wenn das irgendwann wieder möglich ist. Ich freue mich drauf, wenn es wieder möglich ist, weil mir das total fehlt, wenn Freunde vor mir stehen auf Abstand und ich sie nicht drücken darf. Das ist ganz schlimm.

Freunde wie Hape Kerkeling und Birgit Schrowange? Sind Sie mit den beiden immer noch so eng befreundet?

Ja, das ist unverändert. Das sind immer noch meine engsten Freunde. Mit Birgit treffe ich mich regelmäßig, mit Hape leider seltener, weil er sich größtenteils im Ausland aufhält, aber wir versuchen es. Wir planen auch wieder einen Urlaub zusammen. Aber sonst ist es halt wenig. Das ist sehr schade und er fehlt mir auch sehr. Wir telefonieren aber und halten uns per WhatsApp immer auf dem Laufenden.

In der Pressemitteilung zum Album werden Sie zitiert mit dem Satz "Ich habe eine Meinung und sage sie". Wie ist Ihre Meinung zu Promis, die sich aktuell in den Vordergrund tun, indem sie versuchen, irgendwelche Verschwörungstheorien zu verbreiten?

Ich finde, das ist eine Zeit, in der man eine Meinung haben sollte und eine Haltung demonstrieren muss. Ich finde, das ist einfach keine Zeit, so wie die Generation unserer Eltern und Großeltern zu leben, wo man bloß nicht anecken wollte. Ich persönlich glaube, dass es das Virus gibt. Ich halte nichts von den Verschwörungstheoretikern. Ich finde das sehr gefährlich. Ich finde auch, dass man den Virologen nicht vorwerfen darf, wenn sie ihre Meinungen ändern. Das ist ein neues Virus, das sie erforschen müssen. Ich finde, dass die Politik gut reagiert hat. Angela Merkel hat alles richtig und gut gemacht. Das ist meine Meinung.

Um noch mal einen Blick in die Vergangenheit zu werfen: In Ihrer Biografie "Mittlere Reife" von 2016 schreiben Sie von Ihrer rebellischen Art, Ihrer Angstlosigkeit und all den Erfahrungen, die Sie gemacht haben. Auch Drogen spielten in Ihrem Umfeld eine Rolle. Wie kam es, dass sie Kokain gegenüber von Anfang an total abgeneigt waren?

Als Jugendliche habe ich natürlich mal an einem Joint gezogen. Ich wollte schon dazugehören und habe mal gekifft. Aber Kokain war für mich immer eine so gefährliche Droge. Da hatte ich immer einen großen Warnschuss in mir drin, der von allein losging. Ich kann nicht erklären, warum. Aber ich habe in diesem Zeug eine große Gefahr gesehen. Ich habe in den Achtzigern miterlebt, dass auch Freunde Urlaubskokser waren, die sich gelegentlich mal eine Line reingezogen haben. Das Zeug wurde an jeder Ecke angeboten. Man hätte das ganz easy ausprobieren können. Mir glaubt das kein Mensch, aber ich habe wirklich in meinem ganzen Leben noch nie gekokst.

Abhängig vom Umfeld wird man ja sonst auch schnell mit reingezogen.

Ja, das ist auch so. Ich habe natürlich, als ich jung war, mal zu viel Alkohol getrunken. Das würde ich heute nicht mehr machen, weil ich mich danach schlecht fühle. Aber mehr als das ist es bei mir wirklich nie gewesen.

Sie haben früher ehrenamtlich im Hospiz gearbeitet. Fehlt Ihnen so eine Arbeit heutzutage?

Das fehlt mir, aber ich bekomme das in mein Leben seit Jahren nicht mehr eingehäkelt. Die letzten Jahre waren so intensiv. Damals ging das eben gut, weil ich an zwei Häusern fest engagiert war. Da musste ich nicht so viel umherreisen. Jetzt ist mein berufliches Leben so intensiv, dass dafür kein Raum wäre. Man übernimmt ja auch eine Verantwortung. Gerade in der Begleitung muss man zur Verfügung stehen können, wenn eine Bindung entsteht. Ich werde aber definitiv eines Tages wieder ehrenamtlich arbeiten, ob das wieder im Hospiz sein wird, weiß ich noch nicht. Wenn ich im Moment die Zeit hätte, würde ich mich eher um zugewanderte Menschen kümmern. Das wird eines Tages in meinem Leben einen großen Raum einnehmen, wenn der Job irgendwann weniger wird. Das ist mein Plan. Das gehört zum Leben dazu. Ich könnte nicht einfach nur am Strand liegen.

Man hilft damit anderen Menschen, aber man tut doch auch etwas für sich selbst.

Ja, ganz viel sogar. Das ist ein Geschenk. Meine Trauerbewältigung hat damals im Hospiz stattgefunden. So wie ich den Menschen dort Licht spenden konnte, haben sie das auch für mich getan. Es sind auch lustige Sachen passiert, es wird dort nicht nur gestorben. Es war eine spannende Zeit. Ich bin dafür sehr dankbar.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Isabel Varell
  • Pressematerial zum Album "Eine Tasse Tee"
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